Das Projekt Spielfeldschnitte

Pünktlich zur Fußball Europameisterschaft der Männer 2008 konnte man in Filialen einer großen deutschen Bäckereikette ein Kuchenstück erwerben, das sich als Alternative zu Bier in Plastikbechern verstand: ein Sahnetörtchen namens Spielfeldschnitte. Das Projekt Spielfeldschnitte nahm diese Beleidigung, diese Herausforderung und diesen Namen an. Seitdem verstehen wir uns als kreative und humorvolle Begleitung der deutschen Fußballnationalmannschaft und als längst fälligen Beitrag zu einer Frauenfußball-Kultur. Wir bieten nicht nur messerscharfe Analysen zu allen Länderspielen, wir sind die kulturwissenschaftliche Stimme in der Stille des Blätterwaldes, wir sind das Theater, das um den Frauenfußball aufzuführen ist, wir wollen die Welt verändern und schreiben darüber. „My (B)Log has something to tell you.“
(The Log Lady, Twin Peaks)

Montag, 8. Februar 2010

Die Ecke des Monats



"There are clues everywhere--all around us. But the puzzle maker is clever. The clues, although surrounding us, are somehow mistaken for something else. And the something else--the *wrong* interpretation of the clues--we call our world. Our world is a magical smoke screen." (The Log Lady)

Montag, 1. Februar 2010

my b/log has something to tell you about... Wo ist die schönste Seite geblieben?

Als ich mich gestern mal wieder so im Internet tummelte, da traute ich meinen Augen nicht, als ich da plötzlich die Nationalmannschaft von ihrer schönsten Seite glänzen sah...

Auf diese Weisen könnten zweierlei Geschichten beginnen.
Im April vergangen Jahres konnte die Enthüllung dieses offiziellen Mottos für die Frauenfußball-WM 2011 als Höhepunkt einer ganzen Reihe von Fehlschlägen gewertet werden. Der Versuch, dem Frauenfußball in Deutschland ein eigenes Gesicht zu verpassen, endete in einem genderpolitisch fragwürdigen Dauergrinsen.

Wie umgehen mit einem solchen Branding, fragte wir uns? Umgehen schließlich wird man es nicht können. Wenn überhaupt, so wird es nur in einer radikalen Zuwendung durchzustreichen sein. Indem wir akzeptieren, dass dem Frauenfußball nun etwas zugehört, was von tausenden Fans nächstes Jahr mit dem WM verknüpft werden wird und das nur auf dieser Basis kritisiert werden kann.

Und nun grüßt das Murmeltier plötzlich erneut: Als ich mich gestern mal wieder so im Internet tummelte, da traute ich meinen Augen nicht, als ich plötzlich die Nationalmannschaft von seiner schönste Seite glänzen sah...

Doch nicht das verkniffene Lächeln von Philipp Lahm und der Adoniskörper von Mario Gomez sind die schönste Seite der deutschen Fußballmänner, sondern eine neue Internetpräsenz. Man kommt aus dem Kopfschütteln gar nicht heraus. Was ist denn hier passiert? War "die schönste Seite" nicht der absolute Griff ins Klo? Hatte wir nicht auf der Folie einer viel seriöseren Medienarbeit der Fußballherren Kritik am OK-Team um Steffi Jones geübt? Warum überhaupt sind die Medienexperten der Frauen nie auf die Idee gekommen unter dem Motto "schönste Seite" mal eine vernünftige Internetpräsenz einzurichten? Und dann das Paradox: Wollten wir die schönste Seite doch seit April loswerden fragen wir uns nun: gehört sie nicht "uns"? Zugegeben: "Seine" schönste Seite passt hier wie die Faust aufs Auge. Denn warum sollten nicht auch die Fußballmänner mal auf ihre Attraktivität hin betrachtet werden (mal ehrlich: über das Begehrensverhältnis der männlichen Zuschauer zu ihren Idolen auf dem Rasen wäre noch das ein oder andere aufzuarbeiten)? Wenn im Hintergrund dieser Aussage eine seriöse Internetpräsenz als Informationsplattform für Südafrika steht, nimmt man die schönste Seite als Augenzwinkern wahr. Bei den Frauen hingegen schien hinter der Miss Fußball – Wahl nicht mehr viel zu bleiben. Doch um diese Fragen scheint es plötzlich gar nicht mehr zu gehen. Viel virulenter wird plötzlich die Frage: wem gehört "die schönste Seite"? Trotz der Ablehnung: gehört dieses Motto nicht zur WM 2011? Dürfen uns "die Männer" die schönste Seite einfach wegnehmen? Dabei wollen wir das Motto doch eigentlich loswerden. Kann man hier – um drei Ecken gedacht – von einer perfiden Strategie des OK-Teams ausgehen, die uns die schönste Seite aufdrücken möchten, indem sie uns befürchten lassen, dass wir sie verlieren?

Diesen gordischen Knoten muss man zerschlagen: Die Fußballmänner können die schöne Seite gerne haben, aber wir möchten dafür etwas Besseres! Und was Besseres wäre eindeutig, dass wir uns die "Frauen" vor Fußball WM in Zukunft sparen müssen. Wir werden einfach nur noch von Fußball-WM sprechen und jeder wird wissen, was gemeint ist.

Samstag, 23. Januar 2010

My b/log has something to tell you about... Der Hallenpokal 2010: Skizze eines informationslosen Tages.

Wo geht´s hier bitte nach Magdeburg?

Ca. 9:30 Uhr: Begrüßung der teilnehmenden Teams. Wahrscheinlich stehen jetzt die Besten Deutschlands schön aufgereiht auf dem Spielfeld. Annike Krahn neben Lira Bajramaj, Simone Laudehr hat rivalisierenden Augenkontakt mit Sandra Smisek. Die Spannung in der Halle ist zum zerschneiden. Leider bekommt man davon nichts mit, stattdessen die Aufreihung von Kitzbühel der Gruggers und Büchels und Streitbergers und Weibrechts und wie die ganzen Wintersportler heißen. Statt hitzigem Hallenfußball nur unterkühlte Stürze von Schneehängen...

10:00 Uhr: das Turnier beginnt. Überflieger Potsdam fegt wahrscheinlich gerade Essen-Schönebeck aus der Halle. Es geht gerade so weiter mit den Topspielen: Duisburg gegen Bayern, Frankfurt gegen Wolfsburg. Leider bekommt man davon immer noch nichts mit. Die ARD ist unwiederbringlich in Italien festgefroren, Eurosport will den Live-Wetterwechsel-Rekord brechen (von Tennis in Australien zu Ski Alpin in Kitzbühel und zurück), die DSF-Redaktion macht Pause und zeigt nur (Männer-)Fußball-Wiederholungen und die Dritten spulen ihre Lokalen Tier/Koch/Wissens-Sendungen ab.

12:30 Uhr: nach zweieinhalbstunden öder Schneeabfahrten ein neuer Versuch Informationen zu bekommen. Da ich gerade kein Internet habe, bleibt: der Videotext. Die ARD bietet auf Seite 294 nur eine läppische Vorschau auf den nächsten Spieltag am 13. Februar. Auf dem ZDF läuft die Kochsendung “Die Küchenschlacht”. Im Videotext-Dschungel stoße ich schließlich auf Seite 460 auf die Rubrik “Ausland/Frauen”. Auch hier nur der nächste Spieltag, aber diesmal am 14. Februar. Im NDR läuft eine Dokumentation zum Thema Weltreisen. Auch hier nur der nächste Spieltag (14.Februar). Es ist mittlerweile 12:39, der WDR zeigt eine unsägliche Ausgabe von Quarks&Co., auf Videotext Seite 601 prahlt man mit “Übersicht - alle Ticker”. Von Frauenfußball natürlich keine Spur, schließlich auf Seite 255 der nächste Spieltag (13. Februar). Der MDR zeigt Lindenstrasse und kündigt auf Seite 249 auch nur den nächsten Spieltag an (13. Februar), dafür gibt es auf der Sport-Übersicht-Seite die saisonalen Kategorien “Wintersport” und “Brieftauben”. Es ist 12:50 und ich habe genug vom Videotext. Unbegreiflich wie mein Opa es jeden Tag hinbekommt sich durch diesen verpixelten Informationspool zu navigieren, als wäre es ein High-Speed-DSL Anschluss.

In der Januar Ausgabe des 11 Freunde Magazins unternimmt ein Engländer in Deutschland einen Selbstversuch: ein Wochenende lang alles gucken, was mit Fußball zu tun hat. “Clockwork Bundesliga” nennt er das, am Ende qualvolle, Experiment. Fast rund um die Uhr kann er wählen zwischen Live-Übertragungen oder Wiederholungen ganzer Spiele von Regionalliga bis Bundesliga, zusätzlich die Sportschau und die sämtlichen endlosen Expertenrunden. Ein Wochenende des Grauens also. Ein Frauenfußball-Fan aber kann wahrlich nur von einem solchen Ausmaß an Information träumen. Wo die einen im Überfluss schwimmen, herrscht bei den anderen Ebbe. Jedes Fitzelchen Live-Bilder aus der Bundesliga ist ein absolute Höhepunkt einer Frauenfußball-Woche. Die Nationalmannschaft hat dahin gehen wirklich eine Sonderstellung. Dass die Bundesliga die TV-Sender nicht sonderlich interessiert ist zu Teilen auch Verdienst der DFB-Politik. Theo Zwanziger kündigte jüngst das “Frauen-Power Jahr” ab dem 13. Juli 2010 an, nach Ende der Männer-WM in Südafrika. Dass es schon heute und sowieso jedes Wochenende hochkarätigen “Frauen-Power”-Fußball in der Bundesliga gibt, fällt einfach unter den Tisch. Dabei könnte gerade 2010 in punkto Bundesliga-Werbung viel getan werden, da der Schatten des Nationalteams nicht so lang ist. Zwar sollen ab Februar Spiele im Pay-TV übertragen werden (sportdigital) und auch DFB-TV will sein Angebot ausbauen. Was daraus wird bleibt jedoch abzuwarten... Das tröstet jedenfalls nicht über das Versäumnis des Hallenpokals hinweg.

15:00 Uhr: ich halte es nicht mehr aus. Auf ins W-Lan Cafe. Informationen sind spärlich. Doch eine Instanz lässt mich mal wieder nicht im Stich: Der Potsdamer Liveticker ist zuverlässig wie immer. Alle Ergebnisse, alle Tore, bei den Turbine Spielen sogar kleine Spielberichte. Auch der FC Bayern informiert über Twitter. Mal ehrlich, liebe Regionalsender und Sportinformations-Seiten: so schwer kann es doch wirklich nicht sein! Die offizielle Zuschauerzahl: 4341. Klingt nach guter Stimmung! Überraschend tatsächlich der USV Jena, der schon wieder den HSV im Viertelfinale deklassiert... Im Finale gewinnt Potsdam gegen Bayern und wird zum dritten mal Hallenpokalsieger.

Die einzigen Livebilder gibt es bei “Sport im Osten” im MDR. Doch der Ankündigungstext macht schon so wenig Spaß, dass ich nicht einschalte. Statt dessen kommt am Ende dieses informationslosen Tages die Log-Lady zu Wort:
“Hello again. Can you see through a wall? Can you see through human
skin? X-rays see through solid, or so-called solid objects. There
are things in life that exist, and yet our eyes cannot see them.
Have you ever seen something startling that others cannot see? Why
are some things kept from our vision? Is life a puzzle?”

Samstag, 9. Januar 2010

denk.anstoß: Frauenfußball - der lange Weg zur Anerkennung


Das Buch "Frauenfußball - der lange Weg zur Anerkennung" von Rainer Hennies und Daniel Meuren liegt seit Oktober auf meinem Schreibtisch. Es liegt so da. Ab und zu habe ich es mal zur Hand genommen und darin rumgeblättert. Wirklich länger drin gelesen habe ich nicht. Die Texte regen nicht zum lange lesen an. Es sind eher Texte zum mal-drin-rumblättern. Dann lege ich es wieder zurück. Zum Inhalt braucht man nicht viel zu sagen, darüber ist woanders schon geschrieben worden. Doch obwohl ich in dem Buch bisher nicht mehr gemacht habe, als zu blättern, liegt es immer noch auf meinem Schreibtisch. Es liegt so da. Und ab und zu sehe ich es. Sehe das Cover. Irgendwas an diesem Cover lässt mich nicht los. Ich weiß auch was. Das Bild und das Wort "Anerkennung".

Das Buchcover ist rot. Mittig nimmt aber den meisten Raum eine Sportfotografie ein. Darauf sind zwei Spielerinnen in Aktion zu sehen. Die eine hat den Ball gerade geschossen, die andere sich in die Schussbahn geworfen. Über dem Bild stehen die Autoren und groß FRAUENFUSSBALL. Unter dem Bild steht der Untertitel: Der lange Weg zur ANERKENNUNG.
Wenn ich das Cover so betrachte, denke ich, dass es wie ein barockes Emblem aufgebaut ist. Emblem; der Begriff umschließt drei Komponenten: Zuallererst benötigt ein Emblem die Pictura (Icon, Imago, Symbolon), also ein Bild, zum Beispiel von Pflanzen oder Tieren aber auch Szenen des menschlichen Lebens oder mythologische Figuren. Als nächstes braucht das Emblem eine sogenannte Inscriptio, ein Motto. Und drittens eine Subscriptio, eine Deutung der Pictura. Letztendlich besteht das Emblem aus einem Bildteil, dem ikonischen Zeichenelement und einem Schriftteil, dem sprachlichen Zeichenelement.

Das jedenfalls ist die Definition eines Emblems, wie es im Barock vielfach zur Anwendung kam. Die Emblematik war zu der Zeit übrigens ein weit verbreitetes Verfahren um der Vergänglichkeits- und Ich-Problematik entgegenzuwirken, indem man die vergänglichen Prozesse durch die emblematische Bedeutungskonstitution in die Ewigkeit zu retten suchte. Nach Albert Schöne erfüllte das Emblem verherrlichende, moralisierende und didaktische Aufgaben durch alle Gesellschaftsschichten hindurch.

Was ist nun aber das Buchcover von Hennies und Meuren für eine Art Emblem? Ist es überhaupt ein Emblem? Vom Aufbau her erfüllt es die Regeln der Emblematik, es besteht aus Bild, Überschrift (man könnte auch Motto sagen), sowie Untertitel. Zunächst zum Bild: Die Spielerin auf dem Bild, die den Schuß abgibt, ist die deutsche Nationalspielerin Kim Kulig. Da die Bildschärfe auf sie eingestellt ist, bildet sie den zentralen Körper des Covers. Ihre Präsenz schiebt sich nicht nur im Foto in den Vordergrund, auch das Schriftbild von Titel und Untertitel werden durch sie unscheinbarer. Kim Kulig als Symbol für den Frauenfußball. Kaum ein anderes Bild hat seit 2009 für den Frauenfußball solche Symbolkraft. Kim Kulig ist wohl die erste Protagonistin des Frauenfußballs, die in den Medien ein Image bekam, über die jeder sprach, die auf allen Covern vorkam. Die Nachfolgerin von Renate Lingor (Lingor? Wer war eigentlich nochmal Lingor?) im Mittelfeld der deutschen Nationalmannschaft wurde durch ihren fulminanten Einstieg in die Nationalmannschaft 2009 als Hoffnung des deutschen Frauenfußballs gefeiert. Man könnte fast sagen, Kim Kulig ist eine Ikone des Frauenfußballs, eine echte Medienfigur. Hier, auf dem Deckel des ersten Frauenfußballkompendiums: Ein Ikon, eine Ikone. Neben der modernen Bedeutung der Bezeichnung "Ikone" kann man die ursprüngliche Bedeutung nicht beiseite lassen: Ikonen nennt man auch die Heiligenbilder in Kirchen, die eine Verbindung zwischen dem Betrachter und Gott herstellen sollten. Christusikonen, Marienikonen - hier nun die Kul(ig)ikone? Kim Kulig also als zentrales Zeichen im Bild. Die Überschrift (Inscriptio) des Bildes: FRAUENFUSSBALL. Damit ist allen klar, worum es geht. Großgeschrieben wie ein Schrei. Kulig quasi als Galionsfigur der "MS FRAUENFUSSBALL". Der Untertitel: "Der lange Weg zur ANERKENNUNG". Wohl keine Subscriptio im Sinne der Definition. Jedenfalls würde man nicht behaupten Kulig hätte auf dem Bild einen langen Weg hinter sich und würde nun durch den Abschuss ihrer letzten Gegnerin ihr Ziel "Anerkennung" erreichen. Trotzdem schafft der Untertitel ganz im Sinne des Emblems gewisse Sinnzusammenhänge. Zum Beispiel durch seine Schreibweise sofort die Verbindung von Frauenfußball und Anerkennung (beides groß geschrieben). Anerkennung ist dabei ein schön gewähltes Wort, denn, wie Goethe schon wusste: "Toleranz sollte eigentlich nur eine vorübergehende Gesinnung sein: sie muss zur Anerkennung führen. Dulden heißt beleidigen." Und bloß geduldet wurde der Frauenfußball schließlich lang genug. Doch gleichzeitig impliziert der Satz und diese Verbindung, dass die Anerkennung für den Frauenfußball jetzt endlich vollendet ist (Kim Kulig sei Dank!). Heikle Behauptung auf dem Cover des bislang einzigen Universalwerks über den Frauenfußballs. Ist der Kampf um Anerkennung somit beendet? Die Autoren müssten es besser wissen. Selbst wenn die MS Frauenfußball in die Häfen Deutschlands einläuft heißt das lange nicht, dass für Kulig und Co. ein Anleger frei ist.

Und damit sind wir auch schon bei der Auslegung des so schön hergeleiteten Emblems: Meuren und Hennies nehmen sich ganz schön viel vor (siehe Inscriptio), sehen dann aber die Spielfeldränder vor lauter Kuligs nicht und retten sich schnell in den sicheren Hafen des Anerkennens. Ähnliches passiert dann im Buch selbst: mit Schallgeschwindigkeit düsen beide entlang der Frauenfußball-Küste ohne länger als nötig irgendwo anzulegen und stets bedacht den Stürmen und Meeresunruhen aus dem Weg zu gehen. Über alldem steht Vorzeigestar Kim Kulig, die sich eines Tages bedanken wird bei all denen, die daran beteiligt waren sie in den höchsten Olymp des Frauenfußballs zu katapultieren - so wie dieses Coverfoto. Ihr Gesichtsausdruck spricht dahingehend Bände.

Montag, 4. Januar 2010

Ecke des Monats: Zitat aus dem Kicker


"Sometimes ideas, like men, jump up and say `hello´." (The Log Lady, Twin Peaks)

Donnerstag, 31. Dezember 2009

Logo-Vorschlag #4

Der Wettbewerb für ein alternatives Logo zur WM 2011 ist morgen beendet.
Am 28. April haben wir unser erstes alternatives Logo veröffentlicht, in der Hoffnung einer offensiven Auseinandersetzung mit dem offiziellen Motto "20Elf von seiner schönsten Seite", das uns ein Dorn im Auge ist. Im Anfang stand die Idee, unsere Vorschläge durch die Kommentare unserer LeserInnen stetig weiter zu entwickeln. Wir haben drei Logos entwickelt und uns mit unserer fleißigsten Kommentatorin djane darüber verständigt. Keines der Logos konnte unseren Ansprüchen genügen: irgendwas war immer zu sehr, zu beliebig, zu dekorativ, zu verkopft, zu klischeesiert und insgesamt leider auch zu wenig. Der Dialog, den wir uns gewünscht hatten, ist eingetreten. Aber die Krise, die wir ersehnt hatten, durch eine Vielzahl entrüsteter, einsatzbereiter Stimmen, ist ausgeblieben. Im Anfang dachten wir, unsere Kreativität würde sich durch einen solchen Konflikt entzünden. Nun haben wir kurz vor zwölf noch ein kleines Flämmchen entfacht – am Scheitern einer Idee.
Der Contest um das inoffizielle Logo der WM empfielt, selbiges möge ohne Schrift auskommen. Wir kamen von diesem Aspekt eines Logos aber nicht ab: wir möchten verzichten auf geschlechtlich konnotierte Figuren, Fußbälle oder Pokale. Viel mehr reizt uns, Schrift selbst als mediale Form, bildlich-visuell zu begreifen, als Schrift-Bild. Walter Benjamin beschreibt Handschrift als ausdrucksvolle Spur der Körpergeste. Aber nicht als ein konkretes, ontologisch ausdeutbares Körperzeichen, sondern vielmehr als etwas schlussendlich Unübersetzbares. Die Spur der Körpergeste in der Handschrift ist kein decodierbarer Text, „sondern das Bild, das wir schreibend in unsere Handschrift wickeln“. Die Handschrift unterläuft den Repräsentationscharakter von Schrift – obgleich sie ihren symbolischen Gehalt nicht verlieren, liefert sie immer schon ein mehr wie ein weniger mit. Gestische Texte sind solche, die den inszenatorischen Charakter ihrer Sinnangebote offenlegen. So kleiden wir unseren kritischen Alternativvorschlag in ein schriftbildliches Kostüm mehrer Schichten. Dies also unsere letzte Geste 2009. Morgen ist 2010 und damit fast schon 2011!

Montag, 28. Dezember 2009

My b/log has something to tell you about... music!

Liebe Freundinnen und Freunde des gepflegten Musikgeschmacks, wie oft schmerzten euch schon die empfindsamen Hörorgane im Fußballstadion? Fühlt man sich doch nicht selten wie auf einer jener Gays&Friends Partys, auf denen Gloria Gaynors „I will survive“ nur kurzweilig von Rosenstolz, Melissa Etheridge und Village People unterbrochen wird... Nicht besser verhält es sich mit der Musikproduktion zum Thema Fußball – und der Frauenfußball siecht in den seichtesten Gewässern dieser Landschaft vor sich hin (siehe hier, sowie hier).

Pünktlich zu spät zu Weihnachten möchte das Projekt Spielfeldschnitte auf die tonalen Missstände reagieren und präsentiert das erste Frauenfußballbegleitalbum. Im Stile eines Soundtracks versammelt es eine Auswahl würdiger zu gröle
nder, zu singender und zu flötender Songs. So gerne wir dieses Schmuckstück auch „Ein Kick und die Pille ist drin“ genannt hätten (im Stile der Frauenfußballbegleitmusikhistorie) so möchten wir die Gelegenheit doch lieber nutzen, um pünktlich zu spät auf die Ehrung der deutschen Fußballfrauen als „Team des Jahres 2009“ zu reagieren. Der eigentliche Preis firmiert natürlich eigentlich unter anderem Titel. Auf den Spuren von Gratulant Horst Köhler wandelnd („Da geht es nicht ums große Geld!“) möchten wir dem besten Team der Welt nicht mit einem Kaffee Service, sondern mit unserem „Musik Service“ gratulieren, zum Kaffee mit Freundinnen und Schnitte sozusagen. Doch wie es sich eben dort verhält, wo es nicht ums große Geld geht, ist diese CD leider mehr Schein als Sein. Für alle, die zukünftig Daheim oder im Stadion mitsingen können möchten heißt es, diese Playlist eigenständig zu befüllen. Zum ausdrucken gibt es immerhin das exklusive Spielfeldschnitten CD-Cover. Einfach die Bilder runterladen, ausdrucken, ausschneiden, fertig. Und dann auf ins Stadion!



















Hip Hip Hurra
// Die Ärzte //
Von der offiziellen Pokalhymne 2010 kann man sich nichts kaufen, schon gar keine gute Stimmung. Dabei ist alles an dem Finale 2010 gut: Endlich nicht mehr leere Ränge im Regen, 99 % der zahlenden Fans kommen nicht erst zum Abpfiff, der Jubel der Spielerinnen beim Tor ist diesmal leiser als der der mitgereisten UnterstützerInnen. Jetzt also endlich ein eigenständiges Finale. Hier unsere hedonistische Pokalhymne!

Hot Summer
// Monrose //
Vorschlag für einen WM Hit aus der Popkonserve. Wir sagen: wennschon, dennschon! Monrose ist so ziemlich das schlimmste, was dem deutschen Pop seit den No Angels passiert ist. Schlimmer kann es fast nicht mehr werden. Doch bringt es die Sache auf den Punkt. Lustvolle Subversion durch Affirmation!

Big Girl (you are beautiful)
// Mika //
Unsere Antwort auf die schönste Seite von 20Elf.

They don’t really care about us
// Michael Jackson //
Schon Michael Jackson hat das Problem erkannt: „Am I invisible because you ignore me?“ Großartiger Song, um den Missständen im Frauenfußball königlich entgegenzutreten.

Du schreibst Geschichte
// Madsen //
Für Birgit Prinz im speziellen. Für viele fußballspielende Frauen im weiteren. „Doch du lebst länger als ein Leben lang // du bist das womit alles begann. // Denn du schreibst Geschichte, // mit jedem Schritt, // mit jedem Wort setzt du Sie fort. // Du schreibst Geschichte, // an jedem Tag, // denn jetzt und hier bist du ein Teil von ihr.“

Wir werden siegen
// Peter Licht //
Wunderschön unaufgeregte Zukunftsvision. Unsere Alternative für die stets unangenehm anmutenden „Sieg“-Rufe, die so oft durch die deutschen Stadien hallen. „Dann werden wir eben siegen... Sie... sie... sie... siegen“

Limit
// Deichkind //
Dass unsere Nationalspielerinnen turbomäßig ungeschlagen sind, wissen wir spätestens seit der WM 2007. Dazu ein Lied mit Sprunggarantie und der Boden vibriert. Training fürs Stadion. „P-O-W zum E zum R nach vorne bis zum Gehtnichtmehr.“

Money, Money, Money
// Abba //
Was gut war, kann nur noch besser werden. Und was lange währt, wird endlich gut. Für Gehälter, die eine Professionalisierung des Frauenfußballs auch über die Nationalmannschaft hinaus erlauben. Für Nachwuchsförderung und Eigenständigkeit. Für bessere Medienarbeit und Ernsthaftigkeit. Und mehr Humor.

Boys wanna be her
// Peaches //
DAS Vorbild-Lied. Zu singen für jede Spielerin, die man gut findet.

Gatekeeper // Feist // Torhüter und Torhüterinnen haben für die großen Turniere der deutschen FußballerInnen irgendeine besondere Bedeutung. Für Nadze. Für Nadzefans. Und für die besondere Gattung der TorhüterInnen.

Fuck you
// Lily Allen //
Für alle lesbischen Fußballerinnen, die sich noch nicht geoutet haben. Für die erste Fußballerin, die sich outen wird. Gegen Homophobie in allen Stadien.

Special Track: Girls, Girls, Girls // Sailor //
Mit Augenzwinkern...



Freitag, 18. Dezember 2009

Platzverweis: nach dem Spiegel ist vor dem Platzverweis

2010 wird das DFB-Pokal Finale der Frauen zum erstenmal losgelöst vom Männerfinale zwar nicht an unterschiedlichen Tagen, wenigstens jedoch an unterschiedlichen Orten stattfinden. Im neuen Spielort Köln werden dann das Stadion füllende Fans erwartet, die ausschließlich für die beiden Frauenfußball-Teams und Frauenfußball im Allgemeinen anreisen. Zuvor mussten die Finalistinnen in Berlin vor einsamen Rängen als Vorspeise des Männerfinales am Abend auflaufen. Auch wenn man sich sicherlich erstmal an die "Köln, Köln, wir fahren nach Köln" Rhythmik gewöhnen muss, ist die Ortsverlegung höchstwahrscheinlich eine große Verbesserung.

Wenn nicht eine Verschlechterung, so dann doch eine schlechte Wahl ist dagegen die offizielle Pokalhymne für das Frauenfinale. Anstatt profilbildend ein neues Lied komponieren zu lassen, wohl aus Angst vor zu geringem Wiedererkennungswert und damit Marketingschwierigkeiten, nimmt man einfach, was einem so über den Weg läuft. In diesem Fall kamen wohl grad die Höhner bei der Stadionbesichtung vorbei und erklärten sich gerne bereit ihr "Viva Colonia" als Hymne zur Verfügung zu stellen. Absolut unverständlich, zumal das Lied thematisch höchstens mit dem Austragungsort zu tun hat, ansonsten leider fast ausschließlich mit Karneval, exzessivem Alkoholkonsum und gröhlendem Pöbel konnotiert ist. "Wir lieben das Leben, die Liebe und die Lust, wir glauben an den lieben Gott und ham noch immer Durst" wie der Refrain des Liedes vermittelt, klingt im Zuge der familienfreundlichen Marketingstrategie des DFB wie ein Schuss ins Bein. Bloßer Hohn?

Dass die Entscheidung für diesen Partykracher als Pokalhymne die schlechteste musikalische Erfindung seit "Frauenfußball, schalalalala!" ist, vermindert nicht das Entsetzen über den Playback-Auftritt der Höhner zusammen mit der Moderatorin Shary Reeves, sowie den neuen Text, den die ehemals beim SC 07 Bad Neuenahr kickende Reeves eigens dafür verfasste. Hier die ersten Strophe:
Sieh auf Gottes grüner Wiese, da spielt ausgerechnet "diese",
eine Frau Augen auf taktisch kluger Spielaufbau.
Filigranes schnelles Dribbling technisch weiblich ligareif,
kurvenreiche Siegertypen zweikampfstark im Trikotkleid.
Heute tanzt sie mit dem Ball, morgen tanzt sie auf ´nem Ball,
nach dem Spiel ist vor dem Spiegel, Multitasking verleiht Flügel.
Mit dem zweiten schießt man besser, mittendrin statt nur dabei
der Gegner heute ist der "schwerste", Fußballkunst in Köln am Rhein.

Abgesehen von den schlechten Reimen und der Schleichwerbung für ZDF und DSF ist der Text inhaltlich eine Zumutung für... jeden, jede und jedes! Hier auf die Attribute der Geschlechterklischees zurückzugreifen, trotzdem auf "Gendering" zu verzichten und das alles auch noch unter den schützenden Händen des Schöpfers von Adam und Eva zu tun... Es wäre keine Überraschung gewesen hätte Steffi Jones bei der Gelegenheit das Nationalmannschafts-Tütü vorgestellt, Doris Fitschen den Nationalmannschafts-Spiegel und Theo Zwanziger den DFB-Familien-Schnaps... Am heutigen Abend entschließen wir uns ob dieser Plattheiten für das wortlose Kopfschütteln anstelle eines tiefschürfenderen Kommentars. Man muss sich aber wirklich fragen, ob diese Geschichte einer neuen Gleichberechtigungsstrategie des DFB zu danken ist: Dass nämlich nicht mehr nur der Männerfußball in Zukunft als Sportart für Menschen mit höchstens 2 Gehirnzellen angesehen wird. Wir jedenfalls beschließen soeben mit einem tiefen Schluck von Theos bestem Tröpfchen, dass wir erst pünktlich zum Anpfiff den Fernseher einschalten werden.

Mittwoch, 16. Dezember 2009

My b/log has something to tell you about... Zwei sind besser als Eins!

Endlich ist es soweit: morgen sind die vier Monate rum und die neue Ausgabe der 11 Freundinnen erscheint! Wieder ist das Magazin gespickt von Lesefreuden. Den Titel ziert Simone Laudehr, im Heft gibt es ein tolles Interview mit ihr. Zentral steht aber auch der Versuch die Kraft hinter der rasante Entwicklung des Frauenfußballs nach der WM 2011 nicht verpuffen zu lassen: so werden 11 Thesen von unterschiedlichen Protagonist/innen des Frauenfußballs formuliert, wie man die Entwicklung mit und Abseits der WM-Euphorie produktiv vorantreiben muss. Dazu gibt es spannendes aus dem In- und Ausland, z.B. Berichte über die Entwicklung des Frauenfußballs in Chile und Schweden, mal wieder tolles Layout und Fotos, z.B. das tolle Bild der doppelten Annike, und das Gefühl von einer reichhaltigen Frauenfußball-Kultur-Welt. Fantastisch, wenn auch nicht vorrangig, ist übrigens auch die kluge Anzeigenauswahl, durch die sich der Frauenfußball-Fan absolut als solcher wahr und ernst genommen fühlt. Die zweite Ausgabe beweist: das Konzept und das Format stimmen, am liebsten möchte man jetzt auch schon für die Eigenständigkeit am Kiosk plädieren. Und mehr möchte man generell auch, trotz der zusätzlichen 16 Seiten ist die Ausgabe doch immer viel zu schnell gelesen.
11 Freundinnen #2: ab dem 17.12.09 am Kiosk.

Sonntag, 6. Dezember 2009

My b/log has something to tell you about... Asiatischer Fußballverband von Hannelore Ratzeburg gekauft?

Wenn die Nationalmannschaft ruht, muss sich das Projekt Spielfeldschnitte nach anderen Themen umschauen. Ach wäre doch jedes Wochenende Länderspiel! Dann würde das ständige Disponieren dem DFB auch nicht soviel Sorge bereiten. Die Bundesliga könnte zum Beispiel einfach in der Sommerpause stattfinden. Doch da ja niemand mal uns nach unserer Meinung fragt, gibt es an dieser Stelle leider keinen ausführlichen Bericht über Silvia Neids neusten Tricks um Conny Pohlers nicht zu nominieren, sondern ein kürzerer Ausflug in die Welt der Fußball-Skandale.

Es gibt nämlich einen neuen, und dieser neue Skandal erschüttert die Frauenfußball-Welt stärker als jeder von außen kommende Chauvinismus im beckenbauerschen Schottenrock- denn er kommt von Innen! Auslöser ist ausgerechnet Deutschlands WM-Hoffnung und re-inkarnation von einer Mischung aus Rosa Luxemburg und Elly Beinhorn des Frauenfußball: Kim Kulig! Anstatt sich brav auf ihre Rolle als Weltretterin und Star der WM 2011 vorzubereiten lässt Kim Kulig die ewige Diskussion um ihren potentiellen Wechsel nach Frankfurt erneut aufflammen. Besser gesagt: irgendwer, der irgendwo, irgendwie Kim Kuligs Internetpräsenz betreut, hat sich wohl in der Programmierung vertan. Anstatt die geplante Bilderstrecke von Kuligs gemeinnützigem Aufbautraining zur Förderung unterrepräsentierter Sportgroßveranstaltungen anzuzeigen, hat der Webmaster versehentlich direkt auf den Webauftritt des 1. FFC Frankfurt verwiesen. Transfer über die Glasfaserleitung? War es ein Versehen oder Absicht? Vielleicht war der Webmaster seiner Zeit auch einfach schon voraus. Oder er so unterbezahlt, dass er gleich die Januar-News eingepflegen musste um dem Aktualitätszwang gerecht zu bleiben.

Warum es auch immer geschah, Frauenfußballdeutschland ist in Aufwallung. Gleichzeitig überschlagen sich die Ereignisse. Nach strenggeheimen Informationen wird zur Zeit überprüft, ob Hannelore Ratzeburg den Asiatischen Fußball Verband zur Nichtdurchführung der Wahl zu Sportlerin des Jahres in Asien bestach, um evtl. Lira Bajramaj noch Chancen auf den Titel zu sichern. Gespräche mit Hu Jintao über eine mögliche Einasiatierung des Kosovos laufen bereits, wie ein anonymer Fußball-Funktionär aus Süd-Schwaben durchsickern ließ. Dass die Spielerinnen des HSV nach ihrem Sieg über Bayern München am letzten Spieltag Werder Bremen und St. Pauli beschimpften, sich dabei sternenförmig im Mittelkreis wälzten und Voodoo-Gesänge anstimmten, deutet mit großer Wahrscheinlichkeit auf Bestechung und Manipulation hin. Die nächsten Wettskandale stehen in Aussicht.

Wir bieten bei der Gelegenheit jedem, der uns zu dem unter der Kuligschen Oberfläche brodelnden Wettskandal im Frauenfußball Informationen zukommen lässt, eine exklusive "Kim Kulig rettet die Welt"-Autogrammkarte, signiert vom kompletten SIDI Sportmanagement Vorstand. Das, meine Damen und Herren, ist endgültiger investigativer Journalismus!