Das Projekt Spielfeldschnitte
Pünktlich zur Fußball Europameisterschaft der Männer 2008 konnte man in Filialen einer großen deutschen Bäckereikette ein Kuchenstück erwerben, das sich als Alternative zu Bier in Plastikbechern verstand: ein Sahnetörtchen namens Spielfeldschnitte. Das Projekt Spielfeldschnitte nahm diese Beleidigung, diese Herausforderung und diesen Namen an. Seitdem verstehen wir uns als kreative und humorvolle Begleitung der deutschen Fußballnationalmannschaft und als längst fälligen Beitrag zu einer Frauenfußball-Kultur. Wir bieten nicht nur messerscharfe Analysen zu allen Länderspielen, wir sind die kulturwissenschaftliche Stimme in der Stille des Blätterwaldes, wir sind das Theater, das um den Frauenfußball aufzuführen ist, wir wollen die Welt verändern und schreiben darüber. „My (B)Log has something to tell you.“
(The Log Lady, Twin Peaks)
Montag, 20. Januar 2014
Platzverweis: Because there isn't a single girl or woman in this world that hasn't been intruded upon
(Jenny Schecter, The L-Word)
Von anzüglichen Textnachrichten bis zum Gutschein für eine "erotische Massage mit Happy End". Am 9. Januar 2014 schrieb Lisa-Marie Woods, norwegische Nationalspielerin, die Geschichte einer Teamkollegin auf. Es geht darin um die über Monate hinweg andauernde sexuelle Belästigung durch den Trainer. Am 17. Januar äußerte sich die Betroffene, Nationalspielerin Leni Larsen Kaurin, in einer Norwegischen Zeitung zu den Vorgängen. Über Monate habe der Trainer Øyvind Eide ihr klares "Nein" schlicht ignoriert und immer wieder anzügliche Avancen gemacht. Als ihm irgendwann doch dämmerte, dass es zu keinem intimen Kontakt kommen würde, grenzte er Kaurin systematisch aus und ließ sie auf der Ersatzbank versauern. Auch ihr Vertrag wurde "aus sportlichen Gründen" nicht verlängert. Nach dem Hergang der Ereignisse kann man Stabaeks Sportchef Richard Jansen, an den sich Kaurin wendete, für sein Verhalten (Schweigen) Mittäterschaft vorwerfen.
Gewalt im Sport ist ein Thema, dass noch viel zu wenig beachtet wird. Besonders stark betroffen sind Frauen, denn im Sport ist die Macht stark asymmetrisch verteilt: "Je höher die Hierarchiestufe, um so weniger Frauen sind in den Organen des Sports vertreten. Von daher ist auch die Wahrscheinlichkeit, dass Gewaltstrukturen gar nicht wahr- oder zumindest nicht ernstgenommen werden, natürlich sehr hoch. Da kann eine Sportlerin noch lange über eine Belästigung durch ihren Trainer klagen, wenn man sie im Verein auslacht und der Prüderie bezichtigt."
Montag, 15. Juli 2013
Platzverweis: Bügelfalten im ZDF
Liebes ZDF,
nachdem es bei euch mit der Hausarbeit nicht so rund lief, kündigte
Gesagt, getan, die Überstunden haben sich gelohnt und das Ei des Kolumbus, ach was, der Gordische Knoten wurde entwirrt. Die Lösung für alle Probleme: Ein Mann! Und als wäre das noch nicht genug: Ein Mann oben ohne! Die nackte Männlichkeit hat es mal wieder geschafft, den Zeitdruck in der Waschküche zu entzerren. Selbst ist nämlich der Mann und greift zum Bügeleisen, Daumen hoch, damit Erna das mit dem Abendessen doch noch pünktlich hinbekommt. (Denn, falls ihr es noch nicht wusstet: die fußballspielende Frau ist natürlich! heterosexuell.)
Mittwoch, 10. Juli 2013
Platzverweis: Weichspüler im ZDF
Liebes ZDF,
irgendwas läuft bei euch verkehrt. Ich weiß, ihr müsst die Frauenfußball-Spiele übertragen, denn das ist ein Rechte-Paket mit dem Männerteam oder so und vor dem Nationalteam könnt ihr euch nicht so drücken wie vor der Bundesliga. Aber müsst ihr dafür eure
Dann kann ja nur sowas rauskommen, wie der Spot zur Europameisterschaft 2013: Fußballspielerin in blütenweißem Outfit, dreckiger Ball, Waschmaschine, das Runde muss ins Runde und dann Beine überschlagen und auf die Wäsche warten. Dass man einer Fußballspielerin überhaupt zumutet, dass sie die Waschmaschine trifft ist schon ein starkes Stück für die Herrengedecke vom ZDF. Aber ganz ehrlich, wie soll die arme Frau denn dieses unhandliche Stück Leder am Ende aufhängen oder bügeln, geschweige denn falten? Dann muss sie auch noch bei diesem Waschgang dabei sitzen und kann das Abendessen gar nicht vorbereiten. Was soll sie ihrem Mann denn sagen, wenn der von der Arbeit wieder nach Hause kommt? Und noch schlimmer wirds, wenn er erfährt, dass es dieses Jahr kein Kaffeeservice für den Titel gibt, sondern 25.000 Euro, dabei ist das alte Service doch schon so abgenutzt, Erna, was sollen die Nachbarn denken?
Mittwoch, 29. August 2012
Platzverweis: "Männer waren schon immer so"
Zur Zeit drängt sich überall im Stadtbild die neue Werbekampagne der Sportschau auf: In einer Höhle sitzt die klischeeisierte Version eines Steinzeit-Manns auf dem Sessel vor einem Fernseher und auf halbem Weg steht eine Blondine im Fußball-BH. Dazu der Titel: "Männer waren schon immer so. Jedenfalls Samstags." Frappierend, dass ein solches Ausmaß an Sexismus (nicht nur in Richtung der Frauen, sondern genauso in Richtung der Männer) in den öffentlichen Raum getragen wird. Noch dazu von einer öffentlich-rechtlichen Sendeanstalt, die monatlich von den Bürger_innen Geld für einen "Bildungsauftrag" erhält. Eine erschreckende Interpretation dieses Bildungsauftrags - Frauen als halb-nackt, blondiert und ihre "Reize" anbiedernd, Männer als geifernde Couchpotatoes mit nichts als Titten und Fußball im Kopf. Ich dachte wir leben im 21. Jahrhundert?
Dazu möchten wir gerne die treffende Worte des Briefs von Vanessa Tuttlies an die Vorsitzende der ARD Monika Piel zitieren, veröffentlicht auf dem Blog Mädchenmannschaft:
Sehr geehrte Frau Intendantin Piel,
voller Entsetzen habe ich die aktuelle Werbung der Sportschau „Männer waren schon immer so“ für die kommende Bundesliga wahrgenommen. Danach stellt sich die Frage, weshalb mit „großem Trara“ der Frauenfußball vor allem während der Frauen-WM in Deutschland promotet und Mädchen als Spielerinnen beworben werden, wenn dann in einem Werbespot für die ARD-Sportschau Frauen (wieder einmal) in einer verobjektivierenden Art dargestellt werden, die man schlicht und einfach nur als sexistisch bezeichnen kann. Die öffentlich-rechtlichen Sender haben einen Bildungsauftrag, der oft genug an anderer Stelle ausfällt. Das ist eine Form der Ausladung an Mädchen und Frauen aus dem Fußball, die ihren „Zweck“ nicht verfehlen dürfte. Da hilft es auch nicht, dass das Männerbild ebenfalls von vorgestern ist – auch eine Form von Sexismus.
Noch einmal: Die öffentlich-rechtlichen Sender haben einen Grundversorgungs- und Bildungsauftrag, der Dank Quotendiktat bestenfalls noch in der Nacht realisiert wird. Was solche Frauen- und Männerbilder zur „demokratischen Ordnung ebenso wie für das kulturelle Leben“ beizutragen haben, wird das Geheimnis der MacherInnen der Werbung für die Bundesliga bleiben.
Es bleibt zu hoffen, dass es der ARD in Zukunft gelingen wird, Männer und Frauen im Fußball angemessen darzustellen. Es kann eigentlich nicht so schwer sein, mehr als nur sexistische Sehgewohnheiten zu bedienen. Und: Es handelt sich nicht um eine witzige Anekdote, dass viele Frauen gerne und begeistert Bundesligaspiele anschauen. Es ist die Realität, und die ARD sollte langsam aus der Steinzeit in die Gegenwart ankommen.
Mit freundlichen Grüßen,
Vanessa Tuttlies
Dienstag, 22. Mai 2012
Dunkelroter Platzverweis: In Hamburg sagt man Tschüß...
Nie mehr 1. Liga an der Hagenbeckstrasse? |
Lange brodelte es schon in der Gerüchteküche. Gestern gab der Vorstand des Hamburger Sportvereins dann bekannt, dass das Frauenteam weder weiter in der 1. Liga, noch in der 2. Liga spielen wird.
Finanzielle Gründe seien der Auslöser heißt es von offizieller Seite. Durch die Blume gesprochen bedeutet das: die Männer haben eine unterirdische Saison gespielt, sind knapp am Abstieg vorbeigeschlittert und haben im Millionengeschäft Bundesliga herbe Verluste verursacht. Und das Team, das seit Jahren solide den Bundesligabetrieb der Frauen bereichert muss dafür bluten.
Das klingt nach einer Sparpolitik, die lieber die Reichensteuer verhindert, als für soziale Gerechtigkeit zu sorgen. Deshalb ist es auch absurd, dass der Vorstand den Rückzug nicht als Anti-Frauenfußball verstanden haben will. Die waren dem blau-weißen Funktionärspatriarchat schon immer eher ein Dorn im Auge - viel Geld gab es nie und der hinterletzte Maulwurfsacker war gerade gut genug für´s Training.
Ausgerechnet jetzt die Mannschaft aus der Liga zurück zu ziehen macht so wenig Sinn wie ein Kühlschrank am Nordpol. In den letzten Jahren wurde endlich mal ein wenig in die Frauenabteilung investiert, neue Stellen geschaffen. All das wird einfach in die Tonne gekickt. Man kann es Kurzsichtigkeit nennen, aber auch einfach Dummheit. Angekündigt hatte sich die absolute Abwesenheit von Sinn und Verstand schon vor einem Jahr, als der Vorstand es für überhaupt nicht im mindesten für fragwürdig hielt, das 2. Team der HSV-Frauen vom Ligabetrieb zurück zu ziehen - unmittelbar nachdem diese äußerst erfolgreich die Meisterschaft in der 2. Liga gewannen. Auch hier das Argument: sparen. Das alles ruft böse Erinnerungen an die Vereinspolitik des FSV Frankfurt hervor, als das Traditionsteam von Prinz, Smisek und Co. vor sieben Jahren zugunsten des Männerteams die Treppe hinunter gestoßen wurde. Sollte man hier wie da über Diskriminierung sprechen?
Samstag, 25. Juni 2011
Platzverweis: Nico Rosberg über Frauenfußball und Paralympics
Wir wussten bis gestern gar nicht, wer Nico Rosberg ist. Jetzt wissen wir, dass Nico Rosberg ein Problem hat: entweder ist er in seinem Leben zu oft im Kreis gefahren, oder er hat in letzter Zeit zuviele Abgase eingeatmet. Folgendes äußerte er zu der Frage, ob er auch Spiele der Frauenfußball-WM schauen würde: "Man schaut doch auch Paralympics – Menschen, die nicht ganz so große Leistungen bringen können, aber unter sich ist es trotzdem spannend."
Nico Rosberg schaut auch gerne mal Sport an, in dem nicht ganz so große Leistungen erbracht werden, wie er sie tagtäglich leistet, also Sport treibende Behinderte oder Frauen.
Was wir übrigens nicht schauen: Formel Eins. Ist das überhaupt ein (Leistungs)Sport?
(Die einzige Leistung, die dort erbracht wird, ist mehr CO2 zu produzieren als eine Herde furzender Kühe. Und wieviel von den 1 Millionen PS sind eigentlich von Dir und nicht von Deinem Rollstuhl geleistet?)
Update: Wie in den Kommentaren schon angezeigt, unterlag Rosberg anscheinend einer unverschämten und gravierenden Medienvermurksung. Die anwesenden Journalisten auf der Pressekonferenz beölen sich gegenseitig mit sexistischen Äußerungen und bejubeln ihre grandiosen Schlagzeileneinfälle (warum gingen die dann überhaupt zu der Pressekonferenz, fragt man sich). Der Platzverweis gilt also vielmehr den geifernden Medienvertretern und vor allem dem Sport Informations Dienst, der sich nicht entblödete diese Schlagzeile sofort aufzunehmen.
Die Entwicklung der Falschmeldung hat Meedia aufgezeigt.
Mittwoch, 22. Juni 2011
Platzverweis: Mit oder ohne Hupen?!?
Zur WM 2011 gibt es mittlerweile einige Apps für das Iphone. Die meisten beschränken sich auf die reinen Infos: Spieltage, Ergebnisse, etc.
Die Entwickler(innen?) des App WM-Spickerin haben sich noch was ganz gewitztes überlegt. Nicht nur gibt es das App mit High Heel Fußballschuh, nicht nur im Handtaschen-Look, sondern sogar mit Jubel-BH. Seit Simone Laudehr damals ihr Trikot lüpfte und den Massenmedien endlich ein brauchbares Bild zum Frauenfußball lieferte, wartet anscheinend die (männliche) Rezipientenschaft auf ein vergleichbares Ereignis. Warum also nicht einfach selbst herstellen? Ohne BHs läuft es wohl zu schlecht, deshalb muss man beim Torjubel einfach nur sein Handy schütteln und da ist er! Hoffentlich fällt es dem ein oder anderen beim Ausführen ins Bier.
Montag, 2. Mai 2011
Platzverweis: Rudi Völlers verbales Foul
Bayer Leverkusens Sportchef Rudi Völler hat sich im Rahmen der 2:0 Niederlage gegen Köln nicht gerade beliebt gemacht: Weil er sauer über die Leistung des Schiedsrichters war (der Leverkusen anscheinend um den Sieg gebracht hat. Ja, Ja, wenn der Müller nicht schwimmen kann ist natürlich die Badehose schuld) beschuldigte er diesen in der falschen Liga zu arbeiten: "Pfeif doch Frauenfußball! So ein Mist, jeden Mückenstich pfeift der, das ist unfassbar."
Daraus lernen wir von Fußballkenner Rudi zwei Dinge: In den Regelheften für den Frauenfußball zählen Mücken als SpielteilnehmerInnen und ergo ihre Stiche als Fouls. Und wenn man Mist pfeift ist man anscheinend für den Referee-Job im Frauenfußball geschaffen.
Das mit dem Mücken, so müssen wir gestehen, wussten wir vorher noch nicht, danke Rudi. Aber das es immer noch zur gehobenen Kunst der Pressekonferenz im Männerprofisport dazu gehört, dass die eigene Position als Macho durch frauenfeindliche Äußerungen gestärkt und aufpoliert wird, ist uns leider allzu bekannt. Von Spieler bis Trainer bis Funktionär wird sich allzu häufig ein Sport daraus gemacht, die Leistungen auf dem Platz mit Aussprüchen von "wie Mädchen" oder "wie im Frauenfußball" abzuwerten.
Diese offenen Diskriminierungen werden noch dazu in der Öffentlichkeit kaum als solche rezipiert und selten angemahnt. In Rudi Völlers und allen anderen diskriminierenden Äußerungen über Frauenfußball schwingen die immer noch andauernden Abwertungsmechanismen, denen sich Fußball spielende Mädchen und Frauen tagtäglich ausgesetzt sehen; von "Mädchen dürfen nicht mitspielen" über schlechteste Trainingsbedingungen bis hin zu sexistischen Phrasen am Spielfeldrand (siehe auch dieses Interview mit Tanja Walther). Wir fordern eine öffentliche Entschuldigung und Rechtfertigung von Rudi Völler, denn Diskriminierungen ob im Privaten oder im Öffentlichen sind nicht akzeptabel und in der Öffentlichkeit noch dazu ein Vorbild dafür, dass machistischen und partiarchalen Strukturen im Sport schon zwischen Kindern nachgeahmt und festgesetzt werden! Solche Vorbilder kann wirklich niemand gebrauchen.
Donnerstag, 2. Dezember 2010
Platzverweis: Brigitte und der Trikot-Tausch
Die Medienpartnerin Brigitte wurde vor gut einer Woche großspurig angekündigt. Es gäbe "neue, ungewöhnliche und exklusive Perspektiven auf den Fußball." wurde geprahlt. "Mit der Berichterstattung, die durch ein Partnerlogo gekennzeichnet wird, beginnt die Redaktion bereits in Heft 26/2010, das am 30. November in den Handel kommt."
Wir sind nach dieser euphorischen Pressemitteilung natürlich gestern brav durch den Schnee zum Kiosk gestapft um uns unser erstes Brigitte Heft zu kaufen. Immerhin wurde hier zum ersten Mal eine exklusive Berichtserstattung zur WM 2011 von Seiten des DFB angekündigt. Medienpartnerin Brigitte - oder sollte es lieber gleich heißen: Mode-Partnerin Brigitte - enttäuschte unsere Erwartungen (die eh schon nicht sehr hoch angesetzt waren). "Der Trikot-Tausch" war der Artikel übertitelt, der die (in der Rubrik "Mode" untergebrachte) Berichtserstattung zu Frauen-Nationalmannschaft in Form von einer kümmerlichen Seite eröffnete. Es soll wohl gleich klar gemacht werden, dass der Fokus auf den Äußerlichkeiten liegt. Damit macht es Brigitte nicht besser, als die Bild Zeitung (bevorzugt Nagellack-Reportagen). Man verhelt es nicht: es geht vorrangig um den "Look". Eine kleine Geschichte des Frauenfußball-Trikots endet in der Vorfreude auf das offizielle WM Trikot: "Ein Trikot von Frauen für Frauen" (eine abgedroschene Phrase, es könnte sich quasi um einen VHS Kurs in Buxtehude handeln). Auch nicht besser: "Im Nacken die Worte »Blüh im Glanze«". Was daran so toll sein soll, verstehen wir nicht ganz, läuft man schneller, wenn man Zeilen der (historisch belasteten, patriarchal angehauchten) Nationalhymne im Nacken spürt? "Adlerschwingen auf dem Heimtrikot, die stilisierte wehende Flagge auf dem Auswärtstrikot, und die darauf verlaufenden elf Linien stehen symbolisch für die elf Spielerinnen." Wie das wohl aussieht? Wir können es uns nicht vorstellen, haben´s aber versucht:
Schön?
Donnerstag, 22. Juli 2010
Platzverweis: Back to the 80ies mit HFV, Bild und einem kühlen Holsten
Erstaunlich, dass man es so schwer schafft, den Wettbewerb zur Gleichberechtigung hin zu öffnen: selbst die Jury für die Vorauswahl der Kandidaten besteht ausschließlich aus männlichen Experten mit Sportbezug.
Freitag, 18. Dezember 2009
Platzverweis: nach dem Spiegel ist vor dem Platzverweis
Wenn nicht eine Verschlechterung, so dann doch eine schlechte Wahl ist dagegen die offizielle Pokalhymne für das Frauenfinale. Anstatt profilbildend ein neues Lied komponieren zu lassen, wohl aus Angst vor zu geringem Wiedererkennungswert und damit Marketingschwierigkeiten, nimmt man einfach, was einem so über den Weg läuft. In diesem Fall kamen wohl grad die Höhner bei der Stadionbesichtung vorbei und erklärten sich gerne bereit ihr "Viva Colonia" als Hymne zur Verfügung zu stellen. Absolut unverständlich, zumal das Lied thematisch höchstens mit dem Austragungsort zu tun hat, ansonsten leider fast ausschließlich mit Karneval, exzessivem Alkoholkonsum und gröhlendem Pöbel konnotiert ist. "Wir lieben das Leben, die Liebe und die Lust, wir glauben an den lieben Gott und ham noch immer Durst" wie der Refrain des Liedes vermittelt, klingt im Zuge der familienfreundlichen Marketingstrategie des DFB wie ein Schuss ins Bein. Bloßer Hohn?
Dass die Entscheidung für diesen Partykracher als Pokalhymne die schlechteste musikalische Erfindung seit "Frauenfußball, schalalalala!" ist, vermindert nicht das Entsetzen über den Playback-Auftritt der Höhner zusammen mit der Moderatorin Shary Reeves, sowie den neuen Text, den die ehemals beim SC 07 Bad Neuenahr kickende Reeves eigens dafür verfasste. Hier die ersten Strophe:
Sieh auf Gottes grüner Wiese, da spielt ausgerechnet "diese",
eine Frau Augen auf taktisch kluger Spielaufbau.
Filigranes schnelles Dribbling technisch weiblich ligareif,
kurvenreiche Siegertypen zweikampfstark im Trikotkleid.
Heute tanzt sie mit dem Ball, morgen tanzt sie auf ´nem Ball,
nach dem Spiel ist vor dem Spiegel, Multitasking verleiht Flügel.
Mit dem zweiten schießt man besser, mittendrin statt nur dabei
der Gegner heute ist der "schwerste", Fußballkunst in Köln am Rhein.
Abgesehen von den schlechten Reimen und der Schleichwerbung für ZDF und DSF ist der Text inhaltlich eine Zumutung für... jeden, jede und jedes! Hier auf die Attribute der Geschlechterklischees zurückzugreifen, trotzdem auf "Gendering" zu verzichten und das alles auch noch unter den schützenden Händen des Schöpfers von Adam und Eva zu tun... Es wäre keine Überraschung gewesen hätte Steffi Jones bei der Gelegenheit das Nationalmannschafts-Tütü vorgestellt, Doris Fitschen den Nationalmannschafts-Spiegel und Theo Zwanziger den DFB-Familien-Schnaps... Am heutigen Abend entschließen wir uns ob dieser Plattheiten für das wortlose Kopfschütteln anstelle eines tiefschürfenderen Kommentars. Man muss sich aber wirklich fragen, ob diese Geschichte einer neuen Gleichberechtigungsstrategie des DFB zu danken ist: Dass nämlich nicht mehr nur der Männerfußball in Zukunft als Sportart für Menschen mit höchstens 2 Gehirnzellen angesehen wird. Wir jedenfalls beschließen soeben mit einem tiefen Schluck von Theos bestem Tröpfchen, dass wir erst pünktlich zum Anpfiff den Fernseher einschalten werden.
Donnerstag, 27. August 2009
Platzverweis: Statt Nachberichte lieber den Finnen in die Sauna gucken
Das hier an Mann und Frau gebrachte Wissen hat rein gar nichts mit Fußball zu tun, eher mit hohem Alkoholkonsum und anderen Themen auf dem Niveau eines Jungesellenabschieds in der Regionalbahn. Warum, fragen wir uns, warum muss man nach einem Frauenfußballspiel dicken, bärtigen, schwitzenden Finnen auf den Schniedel gucken? Das hat nicht nur NICHTS mit Frauenfußball zu tun, sondern stärkt auch nationale Klischeenummern. Dabei gäbe es zu Finnland sicherlich viele interessante Reportagebeiträge zu schreiben und über die Alltagswelt des finnischen Ligabetriebs oder meinetwegen auch die örtlichen Tourismusstrategien zur EM zu berichten. Aber anscheinend wollten ein paar Programmdirektoren lieber etwas witzigeres zeigen. Falls den Herren in der Abteilung also zur WM 2011 in Deutschland nichts einfallen sollte, haben wir hier ein paar Vorschläge: Franz Beckenbauer könnte, jeweils von anderer Blondine flankiert, seine Weisheiten zum Männerfußball zum besten geben - oder: Dieter Bohlen lässt Frauenfeindliche Sprüche ab, inklusive Gastauftritte von Oliver Pocher.
Wir nehmen unsere Kritik jedenfalls zurück: Gebt Nia Künzer mehr Sendezeit! Und lasst dafür die Saunatür zu.
Freitag, 24. April 2009
Platzverweis: Der Slogan zur WM 2011
(Hier eine bewusste Leerstelle, als kläglicher Versuch den Schock beim Anblick des Slogans schriftlich zu fassen)
“20Elf von seiner schönsten Seite!”
Dieser Text auf dem Banner, den die Nationalmannschaft vor dem Spiel dem Publikum präsentierte, reihte sich nahtlos ein in die Chronologie der WM 2011 Fehlschläge. So gibt es statt der geplanten 6 Nationalen Förderer erst 2, die sich für die WM 2011 einsetzen wollen. Doch können Jones und Co. nichts dafür, wenn die Wirtschaft lieber woanders sponsored, beim WM Slogan aber kommt das OK-Team leider nicht um ihre inhaltliche Verantwortung herum.
Mal abgesehen von dem sperrigen Satzbau ist die Zusammensetzung “20Elf” eine gar unglückliche Konstruktion, wenn sich auch der kreative Kopf ob der Genialität der Verbindung von Zahl und Wort kräftig selbst auf die Schulter klopfen mag. Man denke zunächst unschuldig an 20 Mal elf Spielerinnen, also 20 Teams, so viele spielen aber gar nicht mit; dann denkt man evtl. (bei mir jedenfalls nicht auf den ersten Blick) an das Jahr 2011. Doch nun wird die direkte Assoziationskette langsam ungut befleckt: die Nähe zum Ton eines kommerziellen Slogan (wie etwa zu 7Eleven, auf Englisch: „The beautiful side of 20eleven“), oder auch (gewiss unfreiwillig) zum Frauenfußballpapi Theo 20er (Zwanzigers Elf? Zwanzigers 2011?). Eine holprige und ungünstige Eröffnung für einen Slogan.
Doch was danach kommt ist, auch ob der Untergründigkeit, ein viel Schmerzhafter Tritt gegens Schienbein. In unserer Satzanalyse wollen wir zunächst dem kleineren Übel Aufmerksamkeit zollen: “20Elf” ist zunächst im Hinblick auf den bestimmten Artikel weiblich oder sächlich konnotiert: DIE Elf, DAS Jahr 2011. Das folgende Personalpronomen SEINER geht natürlich korrekt mit dem sächlichen Fall zusammen, bleibt jedoch auch eng mit dem männlichen verbunden. “Melanie Behringer zeigt sich von seiner schönsten Seite”, das wollen wir nicht. (Oder doch? Vielleicht ist hier auch auf einmal ein Möglichkeitsraum in dem Queer Theory sich neu formieren kann, Subversion stattfindet, Gender Kategorien befragt werden! Wobei wir dieses Ziel dem OK nicht unterstellen würden.)
Dieser, unserer Meinung nach kleiner Fauxpas wird durch das folgende in den Schatten gestellt: “schönsten Seite”. Klar wird jetzt überall der Slogan zu “Die Deutsche Nationalmannschaft zeigt sich von Ihrer schönsten Seite” etc. verwurstelt. Und zack- wird alles wofür vorher vermeintlich gekämpft wurde (z.B. das Eindämmen der Klischees von der weiblichen Schönheit und der männlichen Kraft, die Männer spielen Fußball, die Frauen tanzen Ballett, die Frauen sind langsamer, sehen aber besser aus ...) durch einen einzigen Satz aus der Chefetage zunichte gemacht. Radikal gesagt: durch den Slogan wird die Eingrenzung und Herunterbrechung des weiblichen Sports auf Äußerlichkeiten naturalisiert. Dass Theo Zwanziger dazu auch noch die Emotionalität und den Charme des Frauenfußballs in den Vordergrund stellt lässt keine andere Lesart mehr offen. Die emotionale und charmante Frau, der wissende und starke Mann.
Es wäre eigentlich konsequent (wenn auch nicht wünschenswert, obwohl, schlimmer gehts eigentlich nicht) IHRER doch noch einzusetzen: “20Elf von Ihrer schönsten Seite”.
Und weil das alles so zum Weinen schön ist, hier auch noch ein paar Vorschläge von uns: “Theo`s Angels”, “Elf Super Weiber”, “Terminatorinnen 2011”.
Oder um einfach etwas schlichte Power in den Slogan zu bringen: “The Hulk”.
Dazu bieten wir Spätzle mit Sauerkraut und folgenden alternativen Logovorschlag:

Freitag, 10. April 2009
Platzverweis: kicker und Fatmire Bajramaj
Nives Celzijus (2)
dieselbe bei Bild.de... Sex im Anstoßkreis bei Flutlicht - na dann, Prost! Nicht vergessen das Magazin mit aufs Klo zu nehmen! Was wird hier eigentlich den männlichen Lesern unterstellt, ja geradezu aufgenötigt!?
Evangelina Anderson (3), Playmate.
ebenfalls Halbnackt: Marta Cecchetto (5).
Es geht am Weltfrauentag für den kicker also nicht um Sportliches, sondern um die Visage. Die Autoren erfreuen sich der Schönheit der sportlichen Beigaben und gehen dann in der Kneipe nebenan noch einen Trinken. Nur um dann doch nochmal gepflegt das Vorurteil zu unterstreichen, das Publikum bestehe hier ja eh aus Männern, die sich halt gern mal auf Seite 4 das Bild einer schönen Frau ansehen, sich im Kino “Männersache” ansehen und danach mit den Kumpels einen Trinken gehen. Und Männer.Tv steht später auch noch auf dem Programm. Wir sind eigentlich dafür, dieses Vorurteil doof zu finden, zu boykottieren und zu widerlegen. So geht das aber leider nicht. Und deshalb zücken wir hier auch die erste rote Karte.
Übrigens wurde Fatmire Bajramaj bereits Welt- und Europameisterin, sie sorgte mit ihrem Wechsel zu Turbine Potsdam zur Saison 2009/2010 für Schlagzeilen. Nur so als sportliche Ergänzung zum Informationsgehalt.
Für alle, die mehr wissen wollen, als wie Fatmire Bajramaj aussieht: www.LiraB.com.