Das Projekt Spielfeldschnitte

Pünktlich zur Fußball Europameisterschaft der Männer 2008 konnte man in Filialen einer großen deutschen Bäckereikette ein Kuchenstück erwerben, das sich als Alternative zu Bier in Plastikbechern verstand: ein Sahnetörtchen namens Spielfeldschnitte. Das Projekt Spielfeldschnitte nahm diese Beleidigung, diese Herausforderung und diesen Namen an. Seitdem verstehen wir uns als kreative und humorvolle Begleitung der deutschen Fußballnationalmannschaft und als längst fälligen Beitrag zu einer Frauenfußball-Kultur. Wir bieten nicht nur messerscharfe Analysen zu allen Länderspielen, wir sind die kulturwissenschaftliche Stimme in der Stille des Blätterwaldes, wir sind das Theater, das um den Frauenfußball aufzuführen ist, wir wollen die Welt verändern und schreiben darüber. „My (B)Log has something to tell you.“
(The Log Lady, Twin Peaks)

Dienstag, 9. März 2010

denk.anstoß: Der (Tipp-)Kick meines Lebens

Während sich allerorts über die dramatischen Szenen hinsichtlich der Spielausfälle in der 1. Frauenfußballbundesliga die Finger wundgetippt werden, möchten wir dem Komplex "Schröder gegen Rest", oder "Keiner gegen den DFB", oder "Alle gegen den HSV", an dieser Stelle nichts weiter hinzufügen. Stattdessen nutzen wir die Vorkommnisse um auf eine interessante Entwicklung im Bereich Indoor-Sport hinzuweisen. Gegen frustrierende Spielausfälle hilft bekanntlich vor allem der Rückzug ins Warme.

In 85 Jahren Tipp-Kick-Kultur gibt es jetzt die Premiere für die erste weibliche Tipp-Kick-Figur. Das war auch den Kollegen der Taz und der Zeit eine Erwähnung wert. Die Zeit führte schon im letzten Jahr in der Ausgabe vom 22. Dezember ein Gespräch mit Firmeninhaber Mathias Mieg. Die Taz schreibt am 23.Februar über die neue Figur, die ab September 2010 erhältlich sein soll. Bei beiden Artikeln liegt der Fokus auf der äußerlichen Erscheinung der Figur. Die Fragen der Zeit-Redakteuren drängen Mieg förmlich dazu, die Größe der Oberweite und die Haarfarbe genau zu erklären und zu rechtfertigen. Irritieren tun vor allem die braunen Haare - man hatte wohl eher blond erwartet - und die kleinen Brüste, "vermutlich trägt sie einen Sport-BH, der etwas zu stramm sitzt und den Oberkörper daher ungünstig verflacht. Vielleicht hat sie aber auch einfach nicht soviel Holz vor der Hütte" (Taz).

Dass die Figur aber kein neues Objekt für den männlichen Blick sein soll, muss wohl der ein oder andere erst noch verstehen. Es ist auch völlig egal wie die Figur genau aussieht. Wichtig ist doch vor allem das arg verspätete Statement ("damit habe man zu lange gewartet, bereut Mieg") eine weibliche Figur einem weit verbreiteten Spiel mit einer langen Tradition zuzumuten. Dass die Figur schwerlich der durchschnittlichen Fußballerin gleichkommen kann, ist nur logisch, schließlich haben auch nicht alle Männer eine Frisur wie die männliche Figur. "Tipp-Kick darf nicht sexistisch sein", sagt Mathias Mieg. Und in der Diskussion um die Figur über Frauenfeindlichkeit zu spekulieren hat auch weniger mit der Figur zu tun - egal wie sie aussehen würde, allein dass es eine gibt, erzeugt schon den Fokus auf den Umgang mit den Geschlechterkategorien. Das finden wir ziemlich gut, solange die Diskutanten nicht wie automatisiert davon ausgehen, dass Frauen im Allgemeinen und Fußballerinnen im Speziellen große Baumvorräte mit sich herumtragen. Schwach ist auch vor allem so eine Aussage wie aus der Süddeutschen Zeitung: dort wird leichtfertig die Überfälligkeit der Figur damit begründet, dass die Zeit der Männervorherrschaft im Fußball schon längst vorbei sei (und Birgit Prinz übrigens mit "Kapitän" betitelt).

Das Schöne an der Figur: sie hat einen Dialog möglich gemacht. Der vielleicht dann hoffentlich über dem 126x86 cm Filzrasenstück auch weiter und über Äußerlichkeiten hinausgeht.
Es soll übrigens zwei Trikot-Designs geben: schlichtes schwarz-weiß und bunter Brasilien-look. Damit man schon vor der WM das Finale durchspielen kann!

4 Kommentare:

  1. Kleine Anekdote hinterher: Als ich heute in einem Schaufenster doch tatsächlich Birgit Prniz als Tipp-Kickerin zu sehen glaubte, konnte ich mich nicht zurückhalten, den Laden zu be- und in ein Verkaufsgespräch einzutreten. Stellte sich aber heraus: Diese Figur war gar nicht Birgit Prinz, sondern die Standardausführung Männner-Nationalspieler... Statt so viel über die flache Oberweite der Frauen zu sprechen, wäre mir ein Diskurs über die Brüster der Männer lieber!

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  2. erstmal: wieder klasse Artikel, besonders der Einstieg ist sehr gelungen ! allerdings kann ich mich beherrschen, was Maytes Euphorie hinsichtlich einem Gesprächsthema über Männerbrüste angeht, ein sanftes Ignorieren liegt mir da näher. Dafür interessiert mich mehr, welche Farben die Schuhe der Tipp-Kick Figuren haben: das ist (abgesehen von den Brüsten oder Frisuren) in heutigen Tagen ein verläßlicherer Hinweis darauf, welche Figur man vor sich hat- giftiges Gelb oder putziges Bonbon-Rosa deuten schon mal in Richtung bajuwarischer Spieler-Anleihen hin...

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  3. www.emilygrimes.com23. März 2010 um 12:59

    i got a kick out of the trip kick post - are these like bobble heads in the USA??

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  4. hi! how nice that you visited!
    bobble heads is a bit different, i don´t know if they play tipp kick in the USA?
    http://www.tipp-kick.de/?L=3

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