Das Projekt Spielfeldschnitte

Pünktlich zur Fußball Europameisterschaft der Männer 2008 konnte man in Filialen einer großen deutschen Bäckereikette ein Kuchenstück erwerben, das sich als Alternative zu Bier in Plastikbechern verstand: ein Sahnetörtchen namens Spielfeldschnitte. Das Projekt Spielfeldschnitte nahm diese Beleidigung, diese Herausforderung und diesen Namen an. Seitdem verstehen wir uns als kreative und humorvolle Begleitung der deutschen Fußballnationalmannschaft und als längst fälligen Beitrag zu einer Frauenfußball-Kultur. Wir bieten nicht nur messerscharfe Analysen zu allen Länderspielen, wir sind die kulturwissenschaftliche Stimme in der Stille des Blätterwaldes, wir sind das Theater, das um den Frauenfußball aufzuführen ist, wir wollen die Welt verändern und schreiben darüber. „My (B)Log has something to tell you.“
(The Log Lady, Twin Peaks)

Samstag, 26. September 2009

My b/log has something to tell you about... 11 Freundinnen müsst ihr sein!


Es lebt sich schwer nach großen Erfolgen bei internationalen Turnieren. Der gemeine Fan, fast schon verwöhnt von regelmäßigen Live-Übertragungen und Beiträgen in den Printnachrichten, muß wieder große Anstrengungen aufwenden, um rund um den Lieblingssport Frauenfußball auf dem Laufenden zu bleiben. Erst nach mühsamen Internetrecherchen gibt es neues aus der Bundesliga und von den Idolen der EM. Von heilsamen Livebildern ganz zu schweigen.

Die Post-EM Depression konnte dieses Jahr aber noch gerade erfolgreich abgewendet werden: Es gibt ein neues Magazin für den Frauenfußball! Es kommt aus der 11 Freunde Redaktion und heißt passenderweise 11 Freundinnen. In der Oktoberausgabe des hervorragenden Magazins für Fußball-Kultur findet man es als Beilage, doch es soll auch unabhängig von dem (noch) seitenstärkeren 11 Freunde Hefts zu kaufen sein. Alle drei Monate gibt es jetzt also endlich gute Reportagen, interessante Interviews und ansprechendes Layout zu haben. Die erste Ausgabe des Magazins bietet ein sympathisches Interview mit Europameisterin Kim Kulig und gute Reportagen über die Position des Frauenteams des FC Bayern Münchens im Schatten der Männermannschaft sowie über den Verlauf und Ausgang der US-Profiliga WPS. Mit einer von Leichtigkeit und Unaufgeregtheit durchzogenen Sprache schaffen die MacherInnen ein Gefühl von humoristischer Ernsthaftigkeit. Dabei zeigt sich, dass man sich (auch) ohne lästige Zweideutigkeiten und absolut selbstbewusst (anders als man das vom DFB gewöhnt ist) mit dem Frauenfußball beschäftigen kann. “Eben ein eigenständiges Magazin für einen eigenständigen Sport.” Ein längst überfälliger Geschmack im Gewürzregal und daher umso gefeierter!

Und als ob das nicht schon genug des Guten wäre, gibt es im Zuge dieser tollen Premiere auch für uns etwas zu feiern: als einziges Blog wird im 11 Freundinnen Magazin das Projekt Spielfeldschnitte vorgestellt! Eine tolle Bestätigung und eine große Ehre! Wir sagen Danke und auf zu einer tollen Frauenfußballprintmagazin-Zukunft!

Online Auftritt des 11 Freundinnen Magazin

Dienstag, 15. September 2009

Die Ecke des Monats: Und wir waren alle dabei!

"Thousands, maybe millions."
(The Log Lady, Twin Peaks)

Freitag, 11. September 2009

Coaching Zone: EM Deutschland – England

Deutschland ist Europameisterin!

Das Projekt Spielfeldschnitte gratuliert den Frauen der deutschen Nationalmannschaft zu diesem furiosen siebten Sieg in Folge!

Wer wissen möchte, worum es im Fußball geht, der sollte sich die Performance „22. Juni 1974, 21 Uhr 03“ anschauen, wozu wir jüngst im Millerntor-Stadion in Hamburg die Gelegenheit hatten. Der italienische Tänzer Massimo Furlan spielt eines der ganz großen Spiele: Für 90 Minuten (plus Nationalhymne) schlüpft er in die Rolle von Jürgen Sparwasser, der mit seinem Treffer 1974 die Begegnung BRD gegen DDR zu Gunsten der DDR entschied. Jeden Schritt, jede Geste seiner Figur hat Furlan aus Videoaufzeichnungen rekonstruiert. Er rennt, gestikuliert, schießt. Und ist doch ganz allein auf dem Feld. Einen Ball gibt es auch nicht. Und die Zuschauer? Jeder hat ein kleines Radio bekommen und kann sich entscheiden zwischen den original Kommentaren von seinerzeit aus BRD und DDR. Man mag es nicht glauben, aber die Stimmung ist phantastisch. Jeder weiß, wann das Tor fallen wird, doch wird jeder Sprint auf das Tor von großem Jubel begleitet. Man lacht über die erhobenen Hände beim Foul an einem imaginären Gegner. Man freut sich, wenn man durch den Radiokommentar zu imaginieren im Stande ist, wo Beckenbauer gerade steht. Und wenn es doch langweilig wird, unterhält man sich eben mit den Banknachbarn.

Warum erzähle ich das alles?

Beim Fußball geht es nicht nur um das Spiel, Fußball ist eine Erzählung, ist großes Drama. Nicht von ungefähr findet es in den architektonischen Überbleibseln der antiken Tragödien statt. Die Gesten, die Tore... doch das ist nichts ohne die Erzählungen, die Kommentare, die Stimmung im Publikum, das gemeinschaftliche Erleben. Eine kathartische Reinigung.

Die tragische Heldin dieser EM war Birgit Prinz. Über keine wurde soviel gesprochen, diskutiert, gerätselt, gewütet. Die Frauenfußballcommunity glaubte sich ihrer Ikone beraubt oder fühlte sich berufen, sie selbst zu stürzen. Gestern schoss Birgit Prinz in der 20. Minute das 1:0 gegen England. Es war neben dem Anschlusstreffer von Simone Laudehr gegen Norwegen meiner Meinung nach das wichtigste Tor in diesem Turnier. Doch niemand hat so gut wie Birgit Prinz verstanden, dass es hier nicht um Tore geht. Im Interview direkt nach dem Spiel sagte sie, Tore wären für sie nicht der Gradmesser, ob sie gut oder schlecht gespielt habe.

Worum also geht es im Fußball? Es geht darum, dass wir als Zuschauende gemeinschaftlich an einer ganz einfachen wie unglaublich komplexen Geschichte teilhaben können, die für uns geschrieben wird und die wir selbst schreiben. Deswegen widmet sich diese Coaching Zone auch keiner eigentlichen Spielanalyse, sondern blickt vielmehr auf die Geschichte und die Geschichten der EM, um die es im gestrigen Spiel auch und eigentlich ging. Birgit Prinzist die kantige Heldin dieser Geschichte(n), die immer wieder betont, dass sie keine Projektionsfläche sein möchte. Sie würde nie ihre schwarz-rot-gold lackierten Fingernägel in die BILD halten (Bajramaj/Mittag) und gleicht auch sonst wenig den inzwischen herangewachsenen Vorzeigefrauen des deutschen Frauenfußballs. Das scheinen Gründe, weshalb zwischen Presse und ihr, Zuschauern und ihr eine Art Hassliebe existiert, die mal in die eine, mal in die andere Richtung ausschlägt. Doch das sind die wirklichen Helden.

Ob sie bei der WM noch einmal dabei sein wird? Eins ist jedenfalls klar: Eine wie sie wird es so schnell nicht mehr geben.

Es gibt nur eine Birgit Prinz. Das soll mein Schlusspunkt hinter dieser EM sein.

Dienstag, 8. September 2009

Coaching Zone: Deutschland - Norwegen

Mit einem 3:1 hat die deutsche Frauen-Nationalmannschaft gegen Norwegen gewonnen und wird im Finale England gegenübertreten. Gestern um 19:45 konnte man sich endlich froh erschöpft zurücklehnen und sagen:
das hat wirklich Spaß gemacht!

Sicher mag mancher einwenden, dass die Titelverteidigerinnen ihr Potential nicht ausschöpften, insbesondere die ersten 45 Minuten sahen nach allem anderen als gutem Fußball aus. Und doch war dieses Spiel so anders als die letzten. Es war nicht mehr so sehr ein Arbeitssieg als ein emotionaler Kampf (ein bißchen auch gegen sich selber).

Vielleicht verdankt sich der Spaß an diesem Spiel etwas, was man mit einer guten Dramaturgie beschreiben könnte. So ähnlich wie ein spannender Bogen von Qual, Elend und Antipathie zu Freude, Ekstase und Sympathie. Unglück, Glück und sogar ein glückliches Ende - das ist echte Katharsis!

Was an diesem Spiel soviel Freude machen konnte: es hatte einfach alles!

Eine Halbzeit lang konnte man sich leidenschaftliche ärgern über die vielen Fehlpässe, die unnötigen Ballverluste in der eigenen Hälfte. Man konnte den Sympathieschmerz fühlen, wenn Inka Grings den zu steil gepassten Bällen hinterher sah. Man konnte sich lautstark fragen, wo eigentlich die Doppel6 und Birgit Prinz, wo Behringer und Garefrekes steckten. Das Herz blieb stehen bei jeder Standardsituation der Gegnerinnen in Furcht vor eklatanten Abwehrfehlern. Und zum ersten Mal seit sehr lange wurde einem wieder bewusst, was es heißt, wenn das eigenen Team unter Druck steht.

Silvia Neid sorgte nach Halbzeitpause höchstpersönlich dafür, dass man sich von aller Aufregung nicht so schnell erholen konnte und überforderte, indem sie die vertraute Aufstellung änderte: Garefrekes wechselte auf die rechte Abwehrseite, Mbabi ging ins rechte Mittelfeld, Schmidt wurde ausgewechselt. Garefrekes in der Abwehr? Das hätte man sich nicht träumen lassen. Und doch fühlte es sich sofort erfrischend an, das Ungewohnte, vielleicht weil es sich gen Risiko bewegte und man Risiko von Silvia Neid eigentlich nicht gewöhnt ist.

Mit der Einwechslung von Laudehr und Bajramaj konnte das Gefühlskarussell in Hälfte Zwei gleich weitergehen. Doch jetzt war es leidenschaftliches Anfeuern bei jedem schönen Sprint der Neuen nach vorn. Aufgeregte Freude bei den gelingenden Zusammenspielen, die sich endlich mutiger gestalteten. Und wahre Glückseligkeit über die wunderbar herausgespielten Tore und Torchancen, bei denen auch die passiven Spielerinnen mit exzellentem Raumgefühl glänzten, wie etwa Kulig, die beim 1:1 von Laudehr geistesgegenwärtig den Kopf zurückzog, sowie Grings, die mit derselben Aktion den Raum für Birgit Prinz in der 73. Minute öffnete, die leider ihre guten Chancen heute wieder nicht nutzen konnte.

Man könnte vielleicht auch von einem Einstellungswandel der deutschen Elf sprechen. Von einem kalkulierenden Drang nach Perfektionismus, oft Befindlichkeitsfixiert, gab es gestern einen Wechsel zu aufreibendem Gruppenkampf im Sinne des "Alle für Alle". Metaphorös gesprochen: ein Wandel vom Kapitalismus zum Sozialismus? (Was für ein Zeichen, so kurz vor der Wahl!)

Am Ende müssen wir uns trotzdem zwei Sorgen machen: einmal um Nadine Angerer und desweiteren um Kirsi Heikkinen. Angerer hielt so schlecht wie lange nicht mehr, sah beim Gegentreffer und den anderen Standardsituationen nicht gut aus. Plötzlich konnte man sich auf die einzig wahre Konstante nicht mehr uneingeschränkt verlassen. Positiv an der defensiven Schwäche ist höchstens, dass dadurch mehr Erfolgsdruck auf der Offensive liegt. Die zweite Sorge ist die finnische Schiedsrichterin Kirsi Heikkinen. Vielleicht aus nordischem Freundschaftsgefühl zerpfiff sie stellenweise das Spiel, ließ klare Tätlichkeiten unbeachtet, bestrafte kleinere Nicklichkeiten umso härter und entschied mehrfach wenn der Ball ins Aus ging in die falsche Richtung. Und zwar sehr viel öfter gegen die Deutschen. Positiv an ihrer schlechten Leistung: Silvia Neid zeigte sportlichen Einsatz bis an den Rand der Coaching Zone, sprach die Schiedsrichterin bei Fouls an ihren Spielerinnen immer wieder lautstark an. Solche Emotionen stehen der Bundestrainerin gut, finden wir.

Und für das Finale wünschen wir uns ein deutliches Schack! im deutschen Spiel (Kombination von Zack und Schuß). Und das es wieder so einen Spaß macht.

Freitag, 4. September 2009

Coaching Zone: EM Deutschland – Italien

„Und dann dieser Grosso, aus der Traum, oh Gott – Italien hat uns raus gehauen.“ So rappten seinerzeit Blumentopf nach diesem denkwürdigen Abend, als Italien das Sommermärchen zerschoss. Ehrlich gesagt haben mich im Vorfeld der heutigen Begegnung die ganzen ItalienerInnen genervt, Trainer und Spielerinnen, die verkündeten, es käme einer Mondlandung gleich gegen Deutschland zu gewinnen (Lechzte man da im Hinterköpfchen schon nach einer Berlusconireifen Schlagzeile?) Genauso wie all diejenigen (Experten?), die einen weiteren 4:0 Erfolg der deutschen Frauen zu erwarten schienen. Bekanntlicherweise wächst man an seinen GegnerInnen. Und ich muss Silvia Neid zustimmen, die vor wie nach dem Spiel attestierte, dass die Italiener, die Frauen wie die Männer, eine Form des Fußballs praktizieren, der nicht einfach zu spielen ist. Neid nannte das in einem Interview „destruktiven Fußball“. Destruktiv das ständige Zerren am Trickot an (von Zupfen kann da wirklich nicht mehr die Rede sein), das Lamentieren, die Schauspieleinlagen, vor allem aber natürlich die Taktik, das eigene Offensivspiel ausschließlich auf einige wenige Konter zu konzentrieren. Bis auf wenige Ausnahmen läuft das Spiel also wie ein Rammbock ausschließlich in eine Richtung und die einzige, die in der 90. Minute davon noch nicht vollkommen eingeschläfert war, war unsere Welttorhüterin Nadine Angerer. Ich persönlich kann einer solchen Spielweise wenig abgewinnen. Fußball interessiert mich als raumgreifendes Mannschaftsspiel und ich finde, dass ein Christiano Ronaldo auf dieser Welt reicht. Aber man muss das Ganze gar nicht moralisch diskutieren. Sondern auf dem Platz zeigen, wie leicht eine solche Mannschaft zu bezwingen ist. Das haben die Deutschen in der ersten Halbzeit eindrücklich mit ihrem präzisen, offensiven Pressing bewiesen, erzielten verdient das frühe Tor, konnten leider aber – wie es Theo Zwanziger nicht alleine wünschte – das zweite Tor nicht vor der Halbzeitpause schießen. Dann aber fiel den DFB Frauen ein Meniskus aus (der von Ariane Hingst) und schon humpelten sie gemeinschaftlich über den Platz. Wie gut die Startformation inzwischen aufeinander eingespielt ist und dass man eben nicht so ohne weiteres Bäumchen-Wechsel-Dich mit den Positionen spielen kann, zeigte Halbzeit Nummer zwei. Nehmen wir an dieser Stelle Linda Bresonik in den Blick, die die ausgewechselte Bianca Schmidt (warum?) auf der rechten Außenverteidigerposition vertreten musste, um Platz für Simone Laudehr auf der Doppel 6 zu machen (warum?). (Die verletzungsbedingte Auswechslung wurde durch Sonja Fuß abgedeckt.) Auch schon vor dem Anschlusstreffer der Italienerinnen war deutlich zu merken, dass die sechs defensiven Spielerinnen wie wild durcheinander purzelten. Eine klare Vierkette war weit und breit nicht in Sicht, Simone Laudehr ging immer wieder auf den Außenbahnen verlustig, was riesige Löcher ins defensive Mittelfeld riss. Sodann machte sich Linda Bresonik auf, diese zu stopfen, verließ die rechte Außenverteidigerseite und musste lautstark von Silvia Neid zurückbeordert werden. (Ein Problem, dass man bei der arrivierten Mittelfeldspielerin auch schon folgenschwer beim Algarvecup beobachten konnte. Einigen wir uns doch einfach mal, dass Bresonik KEINE Abwehrspielerin ist und man ihr spielrelevantes Potential auf dieser Position verschenkt.) Diese Lücken waren für die mental schon besiegten Italienerinnen die Einladung zur Wiederauferstehung. So fiel der Anschlusstreffer und beinahe auch der Ausgleich in der Schlussminute. Und plötzlich ging es nicht mehr um destruktiven Fußball, sondern man stolperte permanent über die eigenen Füße. Dass in dieser Situation die ambitionierte und kreative Martina Müller wieder mal erst 10 Minuten vor Schluss eingewechselt wurde, fand ich schade. Doch ich möchte es an dieser Stelle weiterhin mit Blumentopf halten und den folgenden, simplen Tipp für das Spiel gegen Norwegen oder Schweden geben: „Ob Hacke, Kopf oder reingeschlenzt – wir wolln Tore, denn wir sind Fans!“

Sonntag, 30. August 2009

Coaching Zone: Deutschland - Island

Drei Biere und eine intensive Diskussion später setzt diese Coaching Zone an. Was war das? Deutschland gewann gegen Island mit 1:0. Unterm Strich war es eher ein Unentschieden: weder strauchelte die deutsche Elf, noch gab es eine furiose Leistung.

Eigentlich ist das Ergebnis sogar als Erfolg der Isländerinnen zu werten, die tapfer bis zur letzten Minute den Ansturm der amtierenden Welt- und Europameisterinnen aushielt und sich sogar ein paar Chancen erarbeitete. Der riesige Klassenunterschied (Deutschland ist 3. der Weltrangliste, Island 19.) war jedenfalls nicht zu spüren.

Doch trotz der unerwarteten Stärke der Isländerinnen (oder war es die Schwäche der Deutschen?) blieb die Elf von Silvia Neid durchgängig überlegen. Trotzdem lässt sich hierbei eher nicht von einer Teamleistung sprechen. Die B-Elf, von der Neid vehement die A-Klasse behauptet, glänzte wenn überhaupt, durch gute Einzelleistungen.

Kim Kulig fiel dabei nur als Getränkelieferantin auf. Sie blieb mit ihrer Doppel6 Partnerin Linda Bresonik draußen. Dafür spielten Simone Laudehr und Saskia Bartusiak, erstere ist die schnelle Genesung zu gönnen, letztere wurde sicher nicht ob ihrer guten Leistungen aus dem letzten Spiel aufgestellt. Dass Neid Spielerinnen körperlich und vor der gelben Farbe schonen wollte war klar und schürte nicht unbedingt die Hoffnungen auf ein Fußballfest. Und tatsächlich war die Einzige, bei der das Zusehen wirklich Spaß machte Martina Müller, die unglaublich viel arbeitete, zeitweise sogar die Aufgaben von der 4-fach gedeckten und vielfach unbeweglichen Birgit Prinz mit übernahm und die Bälle verteilte. Die meisten Schüsse aufs Tor kamen von ihr und Abschlusssuche ist ja gerade ein beliebter Auftrag im deutschen Team. Wirklich schade, dass sie den Ball nicht über die Linie bekam, sie hätte es verdient. Aber vielleicht spricht Martina Müllers Misserfolge auch für eine Gesamtform der Nationalmannschaft, in der eine gute bis sehr gute Leistung keine Früchte bringt.

An Effektivität ließ es Inka Grings dagegen nicht mangeln. Sie kam, traf und ging. Im Erziehlen des Siegtreffers verletzte sie sich leider am Oberschenkel. Für sie kam Mbabi, die nicht weiter auffiel. Ebenfalls eingewechselt wurde Kerstin Stegemann für die rechte Außenverteidigerin. Mehr lässt sich dazu auch nicht sagen. Außer vielleicht, dass die Rotation auf der rechten Außenseite in der Endrunde noch fatal werde könnte. Bianca Schmidt hätte heute Sicherheit gewinnen können, eine solide Viererkette braucht das.

Teil der B-Aufstellung war auch Lira Bajramaj, die entgegen der Meinung des ZDF-Kommentators weniger als Spielerin des Spiels glänzte, sondern eher durch ihre hektische Ballführung, Pässe ins Leere und weiterhin dadurch auffiel, dass sie ihre Position konsequent nicht hielt und magnetisch immer wieder in die Mitte abschweifte. Mal wieder ein Zeichen für die Unentbehrlichkeit einer cleveren Flankenläuferin wie Melanie Behringer.

Fazit: Es gibt hier eine simple Kausalkette. Uneingespieltheit führt zu höherer Konzentration einer Spielerin auf sich allein, führt zu dem Bemühen Nr. 1 den Ball zu kontrollieren, führt zu Gestochere. Silvia Neid erwischt ihre Experimentierfreudigkeit in letzter Zeit immer eher im schlechten Moment. Im lockeren Punktesammeln sind da Fehlgriffe noch drin. In der K.O. Runde kann einen so etwas eiskalt treffen.

P.S. Vorschlag für die Berichterstattung in der Bild: “Neids schönste B-Elf: Am Vorabend glätteten sich Bajramaj und Co. noch die Haare. Heute gab es Glatteisen für Island.”

Donnerstag, 27. August 2009

Coaching Zone: Frankreich - Deutschland

Das zweite Vorrundenspiel der EM 2009 sieht für Deutschland auf dem Zettel super aus: 5:1 gewonnen, Viertelfinale erreicht. Und man kann tatsächlich sagen, dass die deutschen Frauen diesmal ihre Chancen besser verwertet haben: 3 der 5 Tore fielen schon in der ersten Hälfte.

Anders als im letzten Spiel zeigten sich aber diesmal auch deutliche Schwächen - man könnte sagen, die harte Schale des Topfavoriten beginnt an der ein oder anderen Stelle zu bröckeln.
Das Gegentor fiel nach einem solchen Schwachpunkt: Linda Bresonik verliert den Ball in der eigenen Hälfte, Ariane Hingst muss der Ballführenden entgegengehen und reißt so ein tiefes Loch in die Viererkette. Die Franzosen nutzen den Raum. Einfach gesagt: sobald die Deutschen nur leicht den Raum öffnen kann auch eine Nadine Angerer nicht mehr immer halten.

Diese Erkenntnis führt zu mehreren Überlegungen. Zunächst: Hat Ariane Hingst ihren Zenit überschritten? Die Innenverteidigerin wirkte weit weniger sicher und konzentriert als noch gegen Norwegen. Sind die Positionen auf der Doppel6 mit Bresonik und Kulig insgesamt zu offensiv ausgerichtet? Eigentlich sollen diese Positionen auch die Viererkette entlasten, bei Bresonik und Kulig zwischen offensiver und defensiver Ausrichtung zu unterscheiden ist jedoch schwierig. Wird durch diese offensive Ausrichtung die Möglichkeit für die Außenverteidigerinnen Vorstöße nach vorne zu wagen reduziert? Bianca Schmidt, die sie wieder für die Stammelf empfehlen konnte (bzw. eigentlich ist sie ja schon voll drin), lässt in Ansätzen immer wieder durchscheinen, welch Sprintqualitäten sie auf der Außenbahn ausleben könnte, Torgefährlichkeit nicht ausgeschlossen. Wird sie darin von den Platzfordernden Außenpositionen und der omnipräsenten Doppel6 eingeschränkt? Und wo war Birgit Prinz in der zweiten Hälfte? Außer bei der Vorbereitung des 5:1 hatte sie sehr wenige Szenen. Von der einstigen Torjägerin ist sie mittlerweile zur Ballverteilerin geworden. Ein Rückschritt?

Silvia Neid probierte auf der Doppel6 heute etwas unerwartetes: Saskia Bartusiak kam für Kim Kulig. Doch man kann sich fragen, ob sie tatsächliche Alternative oder eine eher taktische Auswechslung war (Kulig war gelb gefährdet). Wie an Kuligs Stelle holte sie sich sofort die gelbe Karte ab und fiel danach eher durch ihre Fehlpässe auf.

Doch halt, ein paar Schritte zurück. Es war ein gutes Spiel, abwechslungsreich und unterhaltsam. Spielschwächen führen ja manchmal auch zu interessanten und fruchtbaren Gedankenspielen. Ein solches Spiel wie heute schürt das Interesse an dem Weg der Frauenfußball-Nationalmannschaft mehr als ein ungefährdeter und unaufgeregter Arbeitssieg.

Trotzdem hoffen wir auf etwas mehr Leichtigkeit, etwas mehr Spielfreude, etwas mehr Mut in der taktischen Starre im Spiel gegen Island und allem, was danach kommt.

P.S. Was ich noch (zum letzten Spiel) zitieren wollte:
“Neids schönste Joker! Am Vorabend hatten sich die Mädels auf dem Hotelzimmer noch gegenseitig die Fingernägel lackiert. Gestern gab es Lack für Norwegen...”
(Bild, 25.08.09)

Platzverweis: Statt Nachberichte lieber den Finnen in die Sauna gucken

Wenn das Team der Deutschen Frauenfußball-Nationalmannschaft heute Abend um 19 Uhr auf das Team aus Frankreich trifft, hofft die breite Zuschauerzahl nicht nur auf viele Tore diesmal schon vor der Halbzeitpause, sondern wird auch wieder in den zweifelhaften Genuss des landesbezogenen Thementrailers kommen. Die ARD dachte sich zum Gastgeberland Finnland ein besonders gewitzten Spot aus: Altmännerweisheiten aus der Finnensauna.

Das hier an Mann und Frau gebrachte Wissen hat rein gar nichts mit Fußball zu tun, eher mit hohem Alkoholkonsum und anderen Themen auf dem Niveau eines Jungesellenabschieds in der Regionalbahn. Warum, fragen wir uns, warum muss man nach einem Frauenfußballspiel dicken, bärtigen, schwitzenden Finnen auf den Schniedel gucken? Das hat nicht nur NICHTS mit Frauenfußball zu tun, sondern stärkt auch nationale Klischeenummern. Dabei gäbe es zu Finnland sicherlich viele interessante Reportagebeiträge zu schreiben und über die Alltagswelt des finnischen Ligabetriebs oder meinetwegen auch die örtlichen Tourismusstrategien zur EM zu berichten. Aber anscheinend wollten ein paar Programmdirektoren lieber etwas witzigeres zeigen. Falls den Herren in der Abteilung also zur WM 2011 in Deutschland nichts einfallen sollte, haben wir hier ein paar Vorschläge: Franz Beckenbauer könnte, jeweils von anderer Blondine flankiert, seine Weisheiten zum Männerfußball zum besten geben - oder: Dieter Bohlen lässt Frauenfeindliche Sprüche ab, inklusive Gastauftritte von Oliver Pocher.

Wir nehmen unsere Kritik jedenfalls zurück: Gebt Nia Künzer mehr Sendezeit! Und lasst dafür die Saunatür zu.

Dienstag, 25. August 2009

Coaching Zone: EM Deutschland - Norwegen

Ein erstes Vorrundenspiel muss vielleicht nicht im Detail analysiert werden. Bei der Hochzeit im Doppelkopf würde man vom Findungsstich sprechen. Wichtiger ist die Atmosphäre des Spiels, die Dynamik der Mannschaft oder - noch mal im Doppelkopf-Vokabular: der Flirt. Mit der Mitspielerin wie mit der Gegnerin. Und die deutschen Damen? Es gibt Frauenfußballspiele, die begeistern. Ich sage es gleich vorweg: dieses gehörte für mich nicht dazu. Selbst wenn in den letzten Minuten die Tore plötzlich purzelten (und verdienterweise nicht von den arrivierten Stürmerinnen geschossen wurden) bleiben mir im Kopf doch die unzähligen Gelegenheiten hängen, da man entweder so lange um den gegnerischen Strafraum herumspielte, bis der Ball im Aus landete oder trotz Distanzen von nur ein paar Metern und gähnender Absenz von norwegischen Abwehrspielerinnen das Tor nicht getroffen wurde. Den deutschen Damen fehlt ein Knipser. (Oder sollte es an dieser Stelle Knipserin heißen?) Ich komme nicht umhin, an dieser Stelle mal wieder an Conny Pohlers zu denken, die eine entsprechende Spritzig- und Kaltblütigkeit immer wieder unter Beweis stellen konnte. Und doch: die deutsche Mannschaft präsentiert sich als Kollektiv, das trotz unzähliger Rückschläge nicht aufhörte, gegen das norwegische Tor anzuarbeiten und die Treffer schließlich mit frischen Kräften in den letzten Minuten regelrecht erzwang. Sie präsentierten sich als Mannschaft, die zwar noch mit Abstimmungsproblemen arbeitet, aber keinen Zweifel aufkommen lässt daran, dass sie sich als Gruppe bereits gefunden hat. Was mir jetzt noch fehlt, ist das Augenzwinkern, das zu jedem Flirt dazugehört.

Sonntag, 23. August 2009

Schnittinis Spielplan zur EM 2009



3 Wochen lang konnte das Schnittini gesammelt und beklebt werden. Pünktlich zum Start der EM 2009 hört der Spaß jedoch nicht auf! Wenn Morgen die Elf auf Norwegen trifft darf das Ergebnis in den exklusiven Schnittini Spielplan eingetragen werden. Es gibt zu Fußballturnieren schließlich nichts schöneres als die totale Übersicht: sowohl über Aufstellung, als auch über den Turnierverlauf. Silvia Neid ist diesmal auch dabei. Hoffen wir, dass sie den Pokal küssen wird.

Und so geht`s: Auf das Bild klicken, Rechtsklick, Bild sichern unter..., dann Bild drucken, aufhängen, fertig.