Das Projekt Spielfeldschnitte

Pünktlich zur Fußball Europameisterschaft der Männer 2008 konnte man in Filialen einer großen deutschen Bäckereikette ein Kuchenstück erwerben, das sich als Alternative zu Bier in Plastikbechern verstand: ein Sahnetörtchen namens Spielfeldschnitte. Das Projekt Spielfeldschnitte nahm diese Beleidigung, diese Herausforderung und diesen Namen an. Seitdem verstehen wir uns als kreative und humorvolle Begleitung der deutschen Fußballnationalmannschaft und als längst fälligen Beitrag zu einer Frauenfußball-Kultur. Wir bieten nicht nur messerscharfe Analysen zu allen Länderspielen, wir sind die kulturwissenschaftliche Stimme in der Stille des Blätterwaldes, wir sind das Theater, das um den Frauenfußball aufzuführen ist, wir wollen die Welt verändern und schreiben darüber. „My (B)Log has something to tell you.“
(The Log Lady, Twin Peaks)

Montag, 16. Mai 2011

Im Abseits: Als Gratulation zur gewonnenen Meisterschaft wird die zweite Mannschaft des HSV aufgelöst.

In der letzten Woche folgten im Norden zwei Paukenschläge unmittelbar hintereinander: In einem packenden Endspiel gegen Leipzig gewann die zweite Mannschaft der HSV Frauen am Sonntag die Meisterschaft in der 2. Bundesliga – das hatte zuvor noch keine andere Zweitmannschaft eines Bundesligisten geschafft. Am Montag wurde dem Team dann verkündet: ihr seid abgemeldet. Im
Jahr der Frauenfußball-WM lässt sich der HSV aus Spargründen auf den Verlust eines wichtigen Teams für den Norddeutschen Bereich ein. Wir sprachen mit der Trainerin des HSV II Claudia von Lanken über die Ereignisse der letzten Woche, über Professionalisierung und die Anbindung an Männerproficlubs und ihre nächste Trainerstation in Leipzig. Claudia von Lanken ist ehemalige Nationalspielerin und war lange Zeit die Torhüterin für die HSV-Frauen. Nach ihrer aktiven Karriere
arbeitete sie als Trainerin und in der Geschäftsstelle des HSV. Zur nächsten Saison wechselt sie zum Aufsteiger 1. FC Lokomotive Leipzig.

Spielfeldschnitte: Liebe Claudia, Euer letztes Spiel letzte Woche gegen Leipzig wurde vielfach als „Familientreffen” bezeichnet: Du hattest Deinen Wechsel nach Leipzig verkündet, deren Team den Aufstieg in die erste Liga schon gesichert hatten. Jetzt ging es zwischen den punktgleichen Leipzig und HSV II noch um die Meisterschaft.

Claudia von Lanken: Diese Konstellation war unfassbar. Erstens letzter Spieltag. Zweitens ging es um alles - wir mussten gewinnen, unentschieden ging nicht. Neuer Trainer gegen alten Trainer. Es spielen Spielerinnen, die in das andere Team wechseln. Ich sitze da und denke: du kannst heute Meister werden - und auf der anderen Seite bist du auch schon aufgestiegen! Mehr ging gar nicht. Eine Woche vorher war ich in Leipzig mit dem Leipziger Trainer bei einem Radiointerview, bei
dem ich gefragt wurde, wie diese Situation für mich ist. Ich habe gesagt: Ich bin bis zum 30. 6. beim HSV und ich will Meister werden, mehr zählt nicht. Leipzig ist aufgestiegen, die haben ihren Soll erfüllt und ich werde jetzt Meister. Und danach werde ich Leipzigerin. Das hätte kein Drehbuchautor besser schreiben können. Wir gehen mit Rückstand in die Halbzeit, ich saß auf meinem Stuhl und wusste nicht, ob ich lachen oder weinen sollte. Und dann triffst du Entscheidungen, die zu 100
Prozent passen. Meine letzten 90 Minuten von 11 Jahren Trainerin in Hamburg. Ich habe mir davor ausgemalt, entweder du heulst vor Freude oder vor Enttäuschung. Es wurde keins von beidem, es ging nichts. Nach dem Spiel bin ich förmlich in mich zusammengefallen. Auch mit dem Wissen, dass diese Mannschaft danach nicht mehr existiert, was die Spielerinnen zu dem Zeitpunkt noch nicht wussten. Es war mein Ziel, dass wir uns zumindest mit einem Titel verabschieden. Eine Niederlage wäre der absolute Tiefpunkt gewesen.

Spielfelschnitte: Was ist dann am nächsten Tag passiert?

von Lanken: Die Mannschaft ist Sonntag Meister geworden und wurde Montag aufgelöst. Fest stand das schon am Mittwoch davor, da wusste ich schon davon. Es wurde die Frage gestellt: Erzählen wir es den Mädels vor dem wichtigen Spiel? Da bin ich eingeschritten. Aber ich wusste schon während das Spiel lief, dass wenn wir die Meisterschale hochhalten, dass es dann auch zu Ende ist.

Spielfeldschnitte: Wie hat die Mannschaft das aufgenommen?

von Lanken: Wir saßen mit zweiter und erster Mannschaft zusammen, weil es die Erste dadurch, dass weniger Geld da ist, auch betrifft. Du musst dir vorstellen: Wir sitzen in der Gäste-Umkleidekabine der Profis, damit genug Platz für alle war. Es kommen Achim Feifel, Christian Lenz (der Leiter Frauenfußball) und Bastian Reinhardt rein. Reinhardt hat einen kleinen Blumenstrauß in der Hand
und beglückwunscht uns zu der Saison und der Meisterschaft. Wir hatten die Meisterschale dabei und alle T-Shirts an, die Leipzig für uns gemacht hatte, auf denen das Spiel Leipzig-HSV beworben wurde. Wir wurden also gelobt, ich habe stellvertretend den Blumenstrauss bekommen. Und dann kommt: Ich hab nicht nur eine gute Nachricht, ich habe auch schlechte Nachrichten und muss euch leider überbringen, dass der Vorstand entschlossen hat euch abzumelden, bzw. die Bewerbung für die 2. Bundesliga zurückzuziehen. Nach der Information hättest du auch eine Stecknadel fallen lassen können, du hättest sie im Stadion beben hören.

Spielfeldschnitte: Hat keine damit gerechnet?

von Lanken: Es war schon vorher klar, dass wir bestimmte Gespräche über Vertragverlängerungen nicht führen konnten, jedenfalls "noch nicht". Aber was genau passieren würde, wusste keiner. Janina Haye hat dann viele Fragen gestellt, wie es zu dieser Entscheidung kam. Die Sache betraf schließlich auch Spielerinnen der Ersten, deren Vertrag ausläuft und die jetzt wussten: Ich kann den Vertrag eigentlich nicht unterschreiben, weil der HSV ihn nicht gegenzeichnen wird. Es wurde diskutiert und nach einer Lösung gesucht. Eine interne Teambesprechung wurde einberufen. Wir haben uns gefragt, was wir noch tun können, ob wir noch mal zum Vorstand gehen und zu den Chefs. Aber unterm Strich war klar: Wir sind tot. Wir sind heute mit der zweiten Mannschaft beerdigt worden, offiziell. Man kann das Gespräch suchen, aber das wird an der Situation nichts ändern. Die Frage war jetzt vor allem, wie geht es für die Spielerinnen weiter. Feifel hatte angekündigt, dass er 5, 6 Spielerinnen in den Kader der Ersten nimmt. Aber es gibt ja nicht nur fünf Spielerinnen, sondern 15, 16, und es wurde nie erwähnt was mit den anderen zehn passiert - Die ja eigentlich Meister geworden sind, normalerweise die Berechtigung hätten aufzusteigen und jetzt keine Mannschaft mehr haben. Die theoretisch, wenn sie nicht in die Erste gehen, nur in der Regionalliga spielen können oder sich einen anderen Verein suchen müssen. Da bist du eigentlich Aufsteiger und steigst aber gleichzeitig zwei Ligen ab.

Spielfeldschnitte: Wie ging es dann weiter?

von Lanken: Ganz gefallen lassen wollten wir uns das nicht. Unsere Kapitänin Henrike Meiforth hat auf Facebook eine Gruppe gegründet: “Ungeschlagen Meister - lebendig begraben!” Die hatte innerhalb von 48 Stunden über 1000 Mitglieder und es sind jetzt 1400. Dort sind die ganzen Berichte verlinkt und es gibt viele Kommentare. So haben wir uns Luft gemacht. Daraufhin hat mich dann auch der Sportredakeur der Bild angerufen und gesagt: Eigentlich haben wir nie Platz für Frauenfußball, aber die Story nehm ich! Die ganze Liga spricht über uns und sagt: Ihr seid verdient Meister und was jetzt passiert mit der Abmeldung ist total scheiße. Auch wenn es uns nicht mehr gibt, die Wertschätzung von außerhalb hätten wir sonst nie erreicht. Trotzdem hätte ich lieber weniger Presse und dass die Mannschaft weiter existiert. Für die Mädels ist das immer noch unbegreiflich. Mehr als ein Schlag ins Gesicht. Mit den Erfolgen! Wir sind nicht nur Meister, wir waren vor ein paar Jahren der beste Aufsteiger aller Zeiten, haben alles getoppt. Auch für die Außendarstellung waren wir wichtig: Der HSV war wieder was. Und jetzt bist du als Unterbau einfach nicht mehr da. So viele Jahre haben wir das aufgebaut, das ist so wie wenn man sein Baby killt. Keine Titelverteidigung. Die sämtlichen Kontakte in Schleswig-Holstein, die ganze Sichtungsarbeit in den Dörfern, der Ruf für den Nachwuchs - da gibt es viele Dinge, die jetzt einfach den Bach runtergehen.

Spielfeldschnitte: Hattest Du keine Möglichkeiten mehr, auf die Entscheidung einzuwirken?

von Lanken: Nein. Ich wusste auch nach dem Weggang von Katja Kraus, dass uns jemand fehlt, der absoluter Frauenfürsprecher ist. Ich habe dem NDR ein Interview gegeben, in dem die mich gefragt haben, ob ich glaube, dass man alles dafür getan hat, die Sache abzuwägen. Ich habe geantwortet: Ich hoffe dass man alles dafür getanhat und dass die Leute jetzt noch in den Spiegel gucken können. Ich gehe davon aus, dass klar geschaut wurde, ob es noch machbar ist diese Mannschaft zu halten. Wenn das nicht der Fall ist, dann muss man sich klar machen, dass es hier auch um Menschen geht und nicht nur um Geld. Um Spielerinnen, die ganz ganz lange dabei sind, die sieben, acht, neun Jahre ihre Knochen für den HSV hingehalten haben und nach dem Meistertitel abgemeldet werden.

Spielfeldschnitte: Wie wird es nächste Saison deiner Einschätzung nach mit dem Bundesligateam weitergehen?

von Lanken: Ich glaube es wird schwierig die Spannung zu halten und den Spass nicht zu verlieren. Man hat ja jetzt das Gefühl, dass man nicht richtig gewollt ist. Über Jahre waren wir erfolgreich, die Erste wird vierter, wir werden Meister, die Dritte wird auch vierter. Die Mädchenmannschaften sind erfolgreich. Jetzt wieder mit vollem Elan in die Spiele zu gehen, für den HSV zu spielen, das geht nicht mehr so leicht. Jetzt weiß man, dass es keine positive Rückmeldung gibt. Dann fehlt dir einfach die Grundeinstellung und die Motivation. Selbst wenn du die Klasse hältst und Ruhe reinbekommst, vielleicht wird im nächsten Jahr noch mal gekürzt. Wir sind immer abhängig davon was oben passiert. Wenn die Männer nicht International spielen, dann fehlt dir Geld. Hätten die Profis die Europaleague oder gar die Champions League erreicht, dann wäre es vielleicht gar nicht so weit gekommen. Dafür haben sie uns aber auch jahrelang gesponsert. Wenn die Angliederung an den Männerclub nicht wäre, dann wären bestimmte Dinge auch nicht machbar. Es hat alles seine Vor- und Nachteile.

Spielfeldschnitte: Man sollte sich also nicht als Frauenverein unabhängig machen?

von Lanken: Wir können uns hier in Hamburg gar nicht selber finanzieren. Stell dir mal vor, du müsstest hier eine halbe Millionen selber erwirtschaften - wie denn? Die Sponsoren sagen: Die HSV-Frauen unterstützen? Was haben wir denn davon? Was kannst du denen wirklich geben? Dass 300 Zuschauer ins Stadion kommen? Es gibt keine Fernsehübertragungen - also wofür? Außer es kommt jemand, der Frauenfußball einfach toll findet, weil wir das mit Herz machen, ohne die ganze Theatralik. Und weil es auch nicht überbezahlt ist. Wer rechtfertigt, dass jemand 5 Millionen bekommt? Das geht vielleicht, wenn ich im Formel 1 Auto sitze und es ganz an mir allein liegt, ob ich gewinne oder nicht. Ich habe aber noch nie einen einzelnen Spieler gesehen, der ein Spiel entscheidet, das geht nicht. Wenn die anderen zehn nicht mitspielen, kannst du es vergessen. Deswegen sagen auch viele Fans: Männerfußball finde ich völlig abgehoben, bei den Frauen ist es ehrlicher.

Spielfeldschnitte: Wobei Geld jetzt im Rahmen von Bajramajs Wechsel doch Thema wurde.

von Lanken: Bajramaj ist jemand, der sich Top vermarkten kann. Jetzt hat sie in Frankfurt beim Dietrich noch mehr Möglichkeiten. Sie passt in die High Society in Frankfurt. Man muss auch unterscheiden zwischen dem, was der Verein dir an Geld gibt als Spielerin und was du verdienst, weil man dich optimal als Person vermarktet. Die Marke Bajramaj ist jetzt auf einmal was wert. Die Marke Kim Kulig ist auch was wert. Wenn Kim mehr Fotoshootings machen würde, dann kannst du die auch noch besser vermarkten, aber die ist auch wieder ein anderer Typ. Sie will gar nicht so im Vordergrund stehen. Der geht es ganz klar um die sportliche Seite.

Spielfeldschnitte: Du gehtst zur nächsten Saison nach Leipzig. Was sind deine Pläne?

von Lanken: Das wichtigste ist natürlich der Klassenerhalt. Ich freue mich darauf mich nur mal mit den Spielerinnen auseinanderzusetzen, die zu verbessern. Die Möglichkeit zu haben, 6 bis 8 Mal die Woche zu trainieren, auch mal Vormittags und mit individuellen Einheiten. Und auch drumrum, über den Tellerrand hinaus Ratgeberin zu sein. Ich finde es macht keinen Sinn nur isoliert sich und die erste Mannschaft zu sehen, sondern es gehört ja auch eine zweite Mannschaft dazu, der Jugendbereich und das Umfeld, dass dafür sorgt, das es allen gut geht. Es gibt einen sehr guten Jugendbereich in Leipzig. Dann kannst du auch mal 15-jährige in den Frauenbreichen trainieren lassen, damit die mal den Unterschied zwischen Mädchen- und Frauenfußball kennen lernen. Damit sie wissen, ob sie das wollen, ob sie das können und ob sie sich wohl fühlen. Es ist nicht gut, wenn du als B-Mädchen weißt, ich muss nächstes Jahr in zu den Frauen und du kennst die gar nicht. Ich habe in Leipzig die Zeit herauszufinden, wie die Spielerinnen ticken. Es gibt viele Trainer, die aus dem Männerbereich kommen und gar nicht wissen, wie sie mit den Frauen umzugehen haben und wie sensibel dieses Thema teilweise ist. In Leipzig wird auch gerade ein neues Trainingszentrum für uns gebaut. Die Luftveränderung nach so langer Zeit in Hamburg war jetzt wichtig für mich.

Spielfeldschnitte: Nimmst du Spielerinnen aus der 2. Mannschaft des HSV mit?

von Lanken: Zwei aus der Ersten: Jobina Lahr und Angelina Lübcke. Wobei Lübcke das ganze Jahr schon mehr bei mir war. Beide haben schon mit Leipzig verhandelt, bevor sie wussten, dass ich die Trainerin werde. Ich wollte nicht, dass ich das Argument für den Wechsel bin. Das Konzept sollte sie überzeugen. Aus der Zweiten nehme ich Kathrin Patzke mit, die eigentlich beim HSV in der Bundesliga hätte spielen sollen.

Spielfeldschnitte: Wie wird sich die WM auf die Vereine auswirken?

von Lanken: Ich glaube es wird sich ganz unterscheidlich auf die Vereine auswirken. Vereine, die einem Proficlub angehören wie Leverkusen, Bochum, Wolfsburg, haben nachträglich Mannschaften eröffnet oder fusioniert. Die werden vielleicht nach der WM sagen: Wir haben das gemacht, weil der Druck vom DFB relativ hoch war. Und jetzt sparen wir die Gelder wieder ein. Wir haben da viel Geld reingesteckt, uns einen Namen gemacht, einige Städte sind dann auch, wie sie es wollten, WM- Städte geworden. Und danach? Dampfen wir es wieder ein? Es kommt darauf an, was der Verein für einen Nutzen haben will. Ob da langfristig gedacht wird oder einfach nur kurzfristig. Wir sind ja das beste Beispiel dafür, dass es schon vor der WM den Verein nicht interessiert. Man kann doch nicht vor der WM im eigenen Land einen Meister abmelden! Aber selbst wenn wir nicht Meister geworden wären, eine Nachwuchstruppe abzumelden, im Jahr der WM! Denen ist das völlig egal. Hier geht es nur um Geld. Das wird anderen Vereinen auch so gehen. Wenn es zum Beispiel Bochum finanziell schlecht geht, dann werden die die Frauenabteilung zumachen. Das kommt bei Potsdam und Frankfurt natürlich nicht in Frage.

Spielfeldschnitte: Wie schaffen es Potsdam und Frankfurt das Verlustgeschäft zu verhindern?

von Lanken: Weil sie den Profiverein nicht zur Konkurrenz haben. Sie haben eine eigene Fangruppe, regelmäßig zwischen 1000 und 1500 Zuschauern, die nur kommen weil sie wirklich die Mädels sehen wollen. Bei uns kommen eher Familien und Mädchenmannschaften aus dem Umkreis, die wir einladen. Die, die wirklich als HSV-Frauenfußball Fans regelmäßig kommen, kannst du vielleicht an einer Hand abzählen. Aber es hat immer alles Vor- und Nachteile. Bei einem Proficlub hast du den Vorteil, dass erstmal eine gewisse Gelddecke da ist, du bist einigermaßen abgesichert. In Duisburg musst du zum Sponsor gehen und betteln. Bei den HSV-Frauen gibt es eigentlich fast nur Sponsoren, die auch bei den Profis was machen.

Spielfeldschnitte: Geht die Anbindung an die Proficlubs der Professionalisierung entgegen?

von Lanken: Ich glaube es ist für die Nachhaltigkeit besser, wenn du eigenständig bist und nicht auf die Profis gucken musst. Dann brauchst du aber auch gutes und breitgefächertes Sponsoring. Bei den Proficlubs bist du immer abhängig. Wer weiß was in Wolfsburg passiert, wenn die Männer absteigen? Vielleicht sagen die dann doch plötzlich: Die Frauen sind uns scheißegal. Auch jemand wie Hoeneß kann sich ja plötzlich umentscheiden: Warum sollen wir erwirtschaften, was ihr dann ausgebt? Es wird ja im Gegensatz nichts produziert. Nur wenn du regelmäßig 1000 Zuschauer hast, bedeutet das was.

Spielfeldschnitte: Warum haben die HSV-Frauen nicht diese Zuschauer?

von Lanken: Es gibt in Hamburg zuviel Angebote, da ist Frauenfußball nur eine Randerscheinung. In Potsdam bist du froh, wenn du am Sonntag auf den Sportplatz kannst. Wer guckt sich in Hamburg an einem warmen Sonntag neben Hagenbeck ein vielleicht nur mittelmäßiges Spiel an und geht nicht lieber in den Tierpark? Es ist kein Wunder, dass die Top-Drei seit Jahren die eigenständigen Frauenfußballclubs sind: Potsdam, Frankfurt, Duisburg. Bei München, Wolfsburg und uns sieht man es ist genügend Geld da um im Mittelfeld mitzuspielen. Das spiegelt sich dann auch in den Zuschauerzahlen wieder.

Spielfeldschnitte: Wie hat sich die verkürzte Saison auf Euch ausgewirkt?

von Lanken: Für die Erste ist die verkürzte Saison doof, die müssen jetzt diesen „Kirmes-Cup“ oder „Ananas-Cup“ spielen. Für die Zweite war der Spielplan normal und es war sogar gut, weil wir am Ende noch auf die ein oder andere Spielerin aus der Ersten zugreifen konnten.

Spielfeldschnitte: Findest Du die lange Vorbereitungszeit der Nationalmannschaft übertrieben oder angemessen?

von Lanken: Es ist schwierig die Spannung so lange zu halten. Und die Gefahr ist groß, dass du dir aufgrund von mentaler und körperlicher Belastung was tust oder nicht mehr richtig Gas geben kannst, oder auch dein soziales Umfeld vernachlässigst. Wenn die am Ende Weltmeisterinnen werden, dann hast du alles richtig gemacht. Aber die meisten Spielerinnen kommen von großen Clubs und haben dort ja das ganze Jahr über anspruchsvolle Trainingseinheiten. Die erste Elf, wenn sich nicht noch welche was tun, steht ja auch meines Erachtens. Innenverteidigung Bartusiak und Hingst oder Krahn. Außenverteidigung Peter und Schmidt oder Bresonik. Auf jeden Fall Bajramaj und Kulig, Prinz, Garefrekes. Grings im Sturm, wenn Birgit eine Art Zehner spielt. Viel anders wird es nicht. Ich glaube übrigens auch, dass Birgit Prinz nach einem Titelgewinn mit dem Fußball aufhören wird. Was ich nicht verstehe, ist Uschi Holl im erweiterten Kader. Angerer ist klar die Nummer Eins, danach kommt erstmal lange Zeit nichts. Aber Holl war jetzt ein halbes Jahr verletzt und fährt als Nummer Zwei zum Lehrgang. Da gibt es einige, die besser sind und letzte Saison international gespielt haben: Sarholz oder Lisa Schmitz.

Spielfeldschnitte: Hast Du aus Deiner Zeit bei der Nationalmannschaft noch Kontakte?

von Lanken: Wir haben uns wieder getroffen beim Pokalfinale in Köln. Wir machen dann immer eine Art Retro-Spiel. Die ehemaligen Nationalspielerinnen, das „Retro-Team“, spielen gegen die deutsche Post-Nationalmannschaft der Frauen (Das Frauenteam der Deutschen Post, die spielen dann auch in gelben Trikots spielen). Beim letzten Spiel haben wir aber 3-2 verloren. Am Vortag gibt es ein großes Essen der Ehemaligen. Das ist sehr schön, dass sich das so erhält.


(Anm.: Teile des Interviews wurden auf Wunsch der Interviewten nachträglich verändert. 20.05.2011)

1 Kommentar:

  1. Ganz vielen Dank für dieses Interview! Es hat das ganze Desaster noch einmal deutlicher gemacht. Schön, dass sich wenigstens die Trainerin äußert - wenn es schon der HSV nicht wirklich tut!
    http://www.facebook.com/Ballkoeniginnen

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