Das Projekt Spielfeldschnitte

Pünktlich zur Fußball Europameisterschaft der Männer 2008 konnte man in Filialen einer großen deutschen Bäckereikette ein Kuchenstück erwerben, das sich als Alternative zu Bier in Plastikbechern verstand: ein Sahnetörtchen namens Spielfeldschnitte. Das Projekt Spielfeldschnitte nahm diese Beleidigung, diese Herausforderung und diesen Namen an. Seitdem verstehen wir uns als kreative und humorvolle Begleitung der deutschen Fußballnationalmannschaft und als längst fälligen Beitrag zu einer Frauenfußball-Kultur. Wir bieten nicht nur messerscharfe Analysen zu allen Länderspielen, wir sind die kulturwissenschaftliche Stimme in der Stille des Blätterwaldes, wir sind das Theater, das um den Frauenfußball aufzuführen ist, wir wollen die Welt verändern und schreiben darüber. „My (B)Log has something to tell you.“
(The Log Lady, Twin Peaks)

Mittwoch, 17. Juli 2013

Coaching Zone: EM Norwegen - Deutschland


Beginnen wir mit einer Frage, die am Ende des Abends steht: ist dies das B-Team der deutschen Nationalmannschaft oder das Zukunftsteam der deutschen Mannschaft?

Oder beides?

Konstatieren wir: gerät das Team in Bredouille und sind wirkliche Wechsel jenseits konditioneller Fragen gefragt, stellt man fest, dass die Bank doch recht dünn besetzt ist. Da taucht dann Anja Mittag irgendwie im Mittelfeld auf und plötzlich spielt irgendwo eine Melanie Behringer, von der die Berichterstattung schon vergessen hatte, dass sie existiert. Richtige Alternativen für den Sturm scheint es auch nicht zu geben. Und trotz alles Wollens und trotz aller Fitness sieht man dann plötzlich 19-Jährige, die von Norwegerinnen nahezu nach Belieben vom Ball weggeschupst werden können.
Doch kompensieren Beobachtungen dieser Art (plötzlich spricht man nicht mehr von der frechen neuen Spielweise, sondern von den sechs Spielerinnen, die nicht dabei sind) nur die Frage, was genau heute eigentlich passiert ist.

Claus Lufen: Noch nichts, ist ja nur Vorrunde.

Silvia Neid weiß es auch nicht. Sie findet die erste Halbzeit unterirdisch und denkt, „wir sind Gruppenzweiter.“

Versuchen wir es doch mal:
Was wirklich unterirdisch ist, ist die Passgenauigkeit und auch die Einsatzfreudigkeit, den Ball nicht nur heranzuwarten, sondern aktiv auf ihn zuzugehen. Stehfußball sozusagen im höheren Tempo, aber sicherlich kein gemeinsames Verschieben, elf Spielerinnen entweder vor oder hinter dem Ball und immer mindestens zwei Anspielstationen. Woran liegt es, dass eine gegnerische Gegenwehr, die nicht isländisch vorgetragen ist, zum Zusammenbruch jedweden Spielflusses zu führen scheint? Dass man sich konditionell aufreibt an Bällen, die gleich verlorenen gegeben werden könnten, weil sie unerreichbar sind? Wo ich mich manchmal frage, ob die Spielerinnen inzwischen Tricks haben, Einsatz vorzutäuschen, gleichwohl ihnen nichts einfällt und sie deswegen sinnlose Flanken oder hohe Bälle nach vorne schlagen, die niemand erreichen kann.
Das Projekt Spielfeldschnitte ist sich uneins in der Bewertung des heutigen Spiels. Naja, wir sind uns einig, dass wir es grottig fanden. Aber in der Frage, was das bedeutet, nicht. Entweder, sie fliegen einfach sofort in der ersten K.O.-Runde raus (Italien?) oder alle denken mal eine Runde über die Taktik nach. Und da muss man sich nicht den Neuen zuwenden. Nadze hat sich heute ebenso wenig mit Ruhm bekleckert wie Krahn, Bartusiak, Da Mbabi oder gar Mittag....

Ach, wie schön ist es, dass im Frauenfußball „die Spitze zusammen rückt“. Aber es wäre doch schön, wenn Silvia Neid nicht nur in puncto Gelassenheit, sondern auch in taktischen Fragen weiterhin vorne mit dabei wäre...

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