Das Projekt Spielfeldschnitte

Pünktlich zur Fußball Europameisterschaft der Männer 2008 konnte man in Filialen einer großen deutschen Bäckereikette ein Kuchenstück erwerben, das sich als Alternative zu Bier in Plastikbechern verstand: ein Sahnetörtchen namens Spielfeldschnitte. Das Projekt Spielfeldschnitte nahm diese Beleidigung, diese Herausforderung und diesen Namen an. Seitdem verstehen wir uns als kreative und humorvolle Begleitung der deutschen Fußballnationalmannschaft und als längst fälligen Beitrag zu einer Frauenfußball-Kultur. Wir bieten nicht nur messerscharfe Analysen zu allen Länderspielen, wir sind die kulturwissenschaftliche Stimme in der Stille des Blätterwaldes, wir sind das Theater, das um den Frauenfußball aufzuführen ist, wir wollen die Welt verändern und schreiben darüber. „My (B)Log has something to tell you.“
(The Log Lady, Twin Peaks)

Mittwoch, 13. Februar 2013

Coaching Zone: Frankreich - Deutschland

    
Die ersten Partien des deutschen Nationalteams im Jahr 2013 klingen vielversprechend. Freundschaftsspiel gegen Frankreich, Algarve Cup, Freundschaftsspiel gegen die USA. Nach der unverhofft langen Turnierpause fühlt sich jedes Spiel an wie eine K.O. Runde.

Nun also die erste Etappe. Frankreich, ein Team, das man seit den letzten fünf Jahren weit mit oben auf dem Zettel haben muss. Parallel mit der Entwicklung der französischen Liga hat sich auch das Nationalteam gut aufgestellt, zentriert um Louisa Necib, die kreative Schaltstelle. Frankreich darf mit Recht zu den Topfavoritinnen bei der EM 2013 gezählt werden.

In Straßburg beginnt die Partie temporeich und in der 12. Minute kann Bianca Schmidt nach einer Kombination nach Lehrbuch die Führung erzielen. Die Antwort des gut organisierten französischen Teams lässt nicht lange auf sich warten: drei Minuten später zeigt Necib ihre Klasse mit einem Schuss von halbrechts über Almuth Schult - perfekte Technik! Erstmal durchatmen nach diesem Anfang und dem tollen Tempo auf Augenhöhe.



Aber das Spiel nimmt plötzlich eine Wende. In der 22. Minute kann Schult den Ball nicht richtig rausspielen, Ballgewinn der Französinnen an der Strafraumgrenze, unbedrängt. Natürlich bringt Necib den Ball sicher ins Netz. Ab dieser ersten Unsicherheit scheint das deutsche Team unsicher, unkonzentriert, hektisch. Das Mittelfeld wirkt desorientiert und das konsequente Pressing der Gegnerinnen trägt das seine zum Spielverlauf bei. Einzig wirklich positiv fällt noch Verena Faißt auf, Kim Kulig wirkt noch nicht völlig frei von ihrer Verletzungsgeschichte. Und wenn wir schon dabei sind, dann kann man (insbesondere für diesen Rest der ersten Halbzeit) die Platitüden kloppen: "individuelle Fehler", "Gestochere im Mittelfeld", "technische Mängel", "unnötige Fehlpässe".

Kulig wurde dann auch in der Halbzeit gegen Lena Goeßling (mittlerweile eine echte Alternative) ausgewechselt, trotzdem verändert sich die Dynamik des Spiels recht wenig. In der 52. Minute dann das Déjà vu: Saskia Bartusiak, Stellvertreterin für die schwache Innenverteidigung, spielt einen schwachen Ball, der zum Querschläger wird. Die französische Stürmerin Marie-Laure Delie kann die Führung zum 3-1 ausbauen. Diese Szene spricht von einem ganz konkreten Problem des deutschen Teams: Man kann schlecht aufbauen auf einer Abwehr, die sich immer wieder solche Unsicherheiten leistet und darüber dann den Spielaufbau verpasst.

Trotz all dieser Rückschläge entpuppt sich im restlichen Verlauf des Spiels ein neuer Lichtblick: Nadine Keßler vom VfL Wolfsburg spielt eine solide Partie und sorgt dann im Sinne zur-richtigen-Zeit-am-richtigen-Ort für den Ausgleich. In der 67. Minute verwandelt sie eine Kopfballabwehr nach einer Ecke volley und in der 81. Minute kann sie im zweiten Versuch die Torfrau Bouhaddi bezwingen.

So steht es zum Abpfiff 3-3, unberechtigterweise, denn Frankreich war über Strecken das bessere Team. Unberechtigt und vielleicht auch ungut - denn bei einer Niederlage würde Silvia Neid vielleicht mal an ihren Problemstellungen arbeiten MÜSSEN.
Unsicherheiten in der Abwehr. Zu viele Fehlpässe. Kein gutes Pressing aus dem Mittelfeld heraus. Zu langsames Umschalten nach Vorne. Zu langsames Nachrücken. Technische Defizite. Aber unterm Strich ist es gut, dass das deutsche Team so in das Jahr 2013 startet, denn es ist gut zu wissen, dass es noch viel zu tun gibt und dass es auf keinen Fall selbstverständlich ist, dass die Europameisterschaft verteidigt wird. Und wir hoffen Silvia Neid hat das genauso gesehen.

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