Das Projekt Spielfeldschnitte

Pünktlich zur Fußball Europameisterschaft der Männer 2008 konnte man in Filialen einer großen deutschen Bäckereikette ein Kuchenstück erwerben, das sich als Alternative zu Bier in Plastikbechern verstand: ein Sahnetörtchen namens Spielfeldschnitte. Das Projekt Spielfeldschnitte nahm diese Beleidigung, diese Herausforderung und diesen Namen an. Seitdem verstehen wir uns als kreative und humorvolle Begleitung der deutschen Fußballnationalmannschaft und als längst fälligen Beitrag zu einer Frauenfußball-Kultur. Wir bieten nicht nur messerscharfe Analysen zu allen Länderspielen, wir sind die kulturwissenschaftliche Stimme in der Stille des Blätterwaldes, wir sind das Theater, das um den Frauenfußball aufzuführen ist, wir wollen die Welt verändern und schreiben darüber. „My (B)Log has something to tell you.“
(The Log Lady, Twin Peaks)

Samstag, 15. Mai 2010

My b/log has something to tell you about... FCR Duisburg gegen Jana Burmeister

Zugegebenermaßen: es gab bei diesem Spiel viele Ecken und Kanten, an denen man sich stoßen konnte. Silke Rottenberg beerbt Nia Künzer als Expertin und bringt auch nicht mehr zustande als: „Das Runde muss ins Eckige“. Ein fast nur halb besetztes Stadion mit 26.282 bei 50.997 Plätzen. Von vielen Seiten her viele Euphemismen: es wird von spektakulärer Kulisse und tollem Rahmen gesprochen. Der Pokal wird feierlich von drei vollbusigen Diven in rotem, schwarzem und goldenem perlenbestickten Abendkleid auf das Spielfeld getragen. Und mal wieder verteilt das Ticketsystem sämtliche ZuschauerInnen auf die Gegengerade, um den Kameras eine saftige Tribüne zu suggerieren und die Personalkosten an anderen Abschnitten einzusparen. Und schließlich war das Spiel über weite Strecken ziemlich langweilig, Gewinner Duisburg überlegen und schwach im Abschluss, Jena abwartend auf Konter, die nicht kamen.

Andererseits sollte man sich auch mal kurz zusammenreißen, denn vieles war auch ganz schön super! Die 26.282 ZuschauerInnen stehen nicht nur für einen neuen Rekord auf nationaler Vereinsebene, sie bilden auch einen nicht zu vergleichenden Rahmen als die vereinzelten tausend, die sich sonst zu früh ins Olympiastadion verirrt hatten. Das Spiel blieb ähnlich langweilig auch in der zweiten Hälfte, gewann aber ob des knappen Vorsprungs an Spannung und erhielt eine zusätzliche Nuance durch die erstaunlichen Leistungen der Jenaer Torfrau Jana Burmeister und den vielen Lattentreffern, die den 1:0 Endstand sicherten. Reeves und Co. blieben wenigstens für die FernsehzuschauerInnen im Hintergrund. Und es gab am Ende sogar glückliche Verliererinnen: die Jenaerinnen feierten ihren Erfolg im Mini-Pogo-Kreis am Rande des Spielfeldes.

Trotzdem bleiben kleine Fragen: woran liegt es wohl, dass ein solches Spiel es nicht schafft, das Stadion voll zu bekommen? Vielleicht an den beteiligten Teams? Vielleicht an der Anstosszeit? Wurde zu wenig Werbung gemacht? Der übertragende Fernsehsender (hier ZDF), auf dessen Wunsch die (zu) frühe Anstoßzeit beibehalten wurde, zeigt gegenüber den Vorjahren keine Besserung in der Programmierung: wieder keine richtigen Vorberichte, stattdessen werden im Kochstudio kurz vor Anpfiff teure Morcheln und Himbeer-Curry Desserts zubereitet. Immerhin gibt es einen erfrischenden Ausblick: am 20. Mai wird das Uefa-Cup Finale Potsdam-Lyon zur besten Fernsehzeit am Abend übertragen.

1 Kommentar:

  1. Also da war deutlich mehr Stimmung, als ich Pessimist erwartet hatte. Die Oberränge frei zu lassen war sicherlich auch keine schlechte Entscheidung. Familienfestatmosphäre. Bei späterem Anstoss wäre ein Drittel der Fans längst im Bett gewesen. Das Wetter hat natürlich auch sein Übriges getan. Ich habe den Spielerinnen jedenfalls das Spektakel gegönnt, das sich doch angenehm von Berlin (was ich nur aus dem Fernsehn kenne) abhob. Und auch von Herrenprofifußball. Das war in diesem Falle aber nichts schlimmes. Fangesänge gab es zuhauf, die Laola rollte bisweilen etwas penetrant häufig.

    Die Expertinnen habe ich als Livebesucher nicht mitbekommen. Und dann das Spiel. Meine Fresse. Ständig ans Gebälk.

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