Das Projekt Spielfeldschnitte
Pünktlich zur Fußball Europameisterschaft der Männer 2008 konnte man in Filialen einer großen deutschen Bäckereikette ein Kuchenstück erwerben, das sich als Alternative zu Bier in Plastikbechern verstand: ein Sahnetörtchen namens Spielfeldschnitte. Das Projekt Spielfeldschnitte nahm diese Beleidigung, diese Herausforderung und diesen Namen an. Seitdem verstehen wir uns als kreative und humorvolle Begleitung der deutschen Fußballnationalmannschaft und als längst fälligen Beitrag zu einer Frauenfußball-Kultur. Wir bieten nicht nur messerscharfe Analysen zu allen Länderspielen, wir sind die kulturwissenschaftliche Stimme in der Stille des Blätterwaldes, wir sind das Theater, das um den Frauenfußball aufzuführen ist, wir wollen die Welt verändern und schreiben darüber. „My (B)Log has something to tell you.“
(The Log Lady, Twin Peaks)
Sonntag, 7. Juli 2013
Samstag, 6. Juli 2013
My B/log has something to tell you about: Junge Autobiographien und unsere Meinung
Um es gleich vorweg zu sagen: autobiographische Werke oder Memoiren von U-40 Autor*innen sind uns erstmal grundsätzlich suspekt. Was kann ein Mensch schon alles mit zwanzig, fünfundzwanzig, dreißig erlebt haben, was die Welt lesen sollte? Und was kann ein Mensch bis zum fünfzigsten Jahr noch alles erleben und vor allem in ihrer/seiner Sicht reifen um der Erzählung (noch) mehr literarische Qualität zu verleihen? Über das eigene Leben schreiben vor allem Jugendliche (Tagebuch), Ü-80 Jährige (das Ende naht), Menschen mit extremen Schicksalsschlägen, Menschen, die die Welt / die Politik beeinflusst haben. Und wahrscheinlich würden gerne bis zu 80% aller über-sich-selbst-schreibenden auch veröffentlichen. Aber die wenigsten von ihnen verstehen das Handwerk eine gute Geschichte zu schreiben.
Samstag, 29. Juni 2013
Coaching Zone: Deutschland - Japan
Der letzte Test vor der EM 2013 wurde gegen die Japanerinnen angesetzt. Eventuell erhoffen die Organisator*innen bei einem Sieg gegen die Weltmeisterinnen einen extremen Motivationsschub. Aber abseits des Ergebnisses sind die Japanerinnen immer gute Sparringspartnerinnen. Sie spielen in hohem Tempo und mit ihrem virtuosen und gefährlichen Kurzpassspiel. Eine gute Herausforderung vor einem großen Turnier und das auch noch vor einer tollen Kulisse von 46.000 in der Münchner Allianz Arena.
Es steht eine potentielle Startformation auf dem Platz: Angerer - Maier, Wensing, Bartusiak, Cramer - Kessler, Goeßling - Mittag, Marozsan, Lotzen - da Mbabi.
Am überraschendsten vielleicht noch die Innenverteidigung, Wensing statt Krahn neben Bartusiak. Vielleicht versucht Silvia Neid einen Kompromiss. Bartusiak und Krahn haben gemeinsam bislang nicht unbedingt geglänzt, eine "neue" Kombination mit Wensing und Henning ist aber auch riskant. Also eine erfahrene mit einer neuen Spielerin aufstellen und bei dieser Variante hat Bartusiak eigentlich immer den Vorsprung.
Mittwoch, 19. Juni 2013
Deutschland - Kanada
Fragezeichen bei noch besserem Wetter in Paderborn: Wer fährt mit nach Schweden? Wird es noch mehr Verletzte geben? Und wen interessiert eigentlich die erste Runde des Männer-DFB-Pokal?
Die Hiobsbotschaften im Verletztenlager reißen nicht ab. Nachdem schon Faißt, Odebrecht, Popp, Bresonik und Kulig für die EM absagen mussten (alles Kandidatinnen für die Startelf), gesellt sich auch noch Babett Peter (Ermüdungsbruch) ins Lazarett dazu. Besonders in der Viererkette muss also umgestellt werden. Beim Test heute gegen Kanada also Cramer links in der Abwehrkette, Maier in derselbigen auf der rechten Seite. Außerdem neu: Lotzen im rechten Mittelfeld von Anfang an.
Nachdem Claus Lufen und Nia Künzer das Losmalheur für eine bekannte und uninteressante Spielrunde endlich ausgiebig aufgearbeitet haben, kann das heutige Startelfpuzzle beginnen. Bislang gesetzt sein sollten: Kessler und Goeßling auf der Doppel-Sechs, da Mbabi im Sturm. Eigentlich auch Marozsan. Alle anderen Positionen können mehr oder weniger als noch offen bezeichnet werden. Unsere Prognosen liegen zwar fast immer knapp daneben (hatten wir vor zwei Jahren nicht behaupet, dass Anja Mittag und Annike Krahn es nicht mehr ins Team zurück schaffen?), das wird uns aber auch dieses Jahr nicht aufhalten. Hier also unsere Beobachtungen während des Tests gegen Kanada.
Samstag, 15. Juni 2013
Coaching Zone: Deutschland - Schottland
Fragezeichen bei bestem Wetter in Essen: Wer fährt mit nach Schweden? Wer hat welche Verletzung? Und, tatsächlich, von denjenigen, die länger keinen Frauenfußball geschaut haben: wer ist denn das?
Das Projekt Spielfeldschnitte hat sich entschieden, die Verletzungssorgen des deutschen Teams (natürlich Sorgen und Schmerzen ausgenommen) ausschließlich positiv zu sehen – was brauchen wir bekannte Gesichter, um zu zittern, ob sie ihre alten Leistungsniveaus erreichen können, wenn doch nichts spannender ist, ein Team in der Findungsphase kontinuierlicher als sonst im Frauenfußball möglich im Fernsehen verfolgen zu können?
Die Stimmungen auf dem Platz können bis zum Ende der ersten Halbzeit freundlich gesprochen als vorsichtig, kritisch gesprochen als dröge bezeichnet werden. Der Spielaufbau der deutschen Damen wirkt (auch ihnen selbst) streckenweise undurchsichtig, was den Spielfluss stockend wirken ließ. Fallen am Ende der ersten Halbzeit nicht wie aus heiterem Himmel drei Tore, wäre man geneigt, der Spritzigkeit der Schottinnen Tribut zu zollen. So starten diese leider durchaus verunsichert in die zweite Hälfte und das Spiel verliert weiter an Geschwindigkeit.
Freitag, 24. Mai 2013
My B/log has something to tell you about... "i-punkt auf dem i"
"Das wäre der i-punkt auf dem i" sagte Lena Goeßling vor dem Spiel und das i blieb nicht i-punkt-los, die Wölfinnen haben gestern das Triple perfekt gemacht. Nach souveräner Meisterschaft und mittel-souveränem DFB-Pokal nun also auch noch der überraschend souveräne Gewinn der Champions League. Hätten die Spielerinnen aus Wolfsburg auch noch im Finale des DFB-Hallenpokal die Potsdamerinnen geschlagen, müssten wir uns die Zunge am Wort "Quadruple" verdrehen. Doch Potsdam gewann 2-1 und bewahrte vor ungewohnten Wortschöpfungen.
Was für ein Jahr für das Team aus Wolfsburg! Seit dem Ausflug in Liga Zwei vor sechs Jahren gehören sie zu den ernst zu nehmende Protagonistinnen in der Bundesliga - und gleich im ersten Meisterschaftsjahr die Traumkombination der Pokale.
Sonntag, 19. Mai 2013
My B/log has something to tell you about... Köln! Und nie wieder Berlin!
Das Team des VfL Wolfsburg hat in ihrer überragenden Saison 12/13 nach der Meisterschaft auch den DFB-Pokal gewonnen und macht sich bereit für das Champions League Finale in vier Tagen. Die erste Halbzeit in Köln war eher zäh, geprägt von vielen Zweikämpfen und dementsprechend vielen Unterbrechungen. Bernd Schmelzer, Phänomenologe, bezeichnete diese Phase als Phase der Köpfe: "Ganz selten ein Frauenfußballspiel gesehen, in dem es so viele Kopfzusammenstöße gab wie in diesen ersten 35 Minuten." Kurz vor Ende der ersten Halbzeit doch noch die Führung für die etwas überlegeneren Wolfsburgerinnen, klasse Weitergabe per Hacke von Conny Pohlers auf Martina Müller, die zum 1 zu 0 trifft.
In der zweite Halbzeit wird das Tempo erhöht, Müller trifft zum 2-0 in der 51. Minute, Conny Pohlers zum 3-0 in der 54. Minute. Fünf Minuten später verkürzt Potsdam durch Evans. Ein Elfmeter in der 61. Minute, den Ogimi für Potsdam sicher verwandelt, macht das Spiel in der Endphase richtig spannend. Bernd Schmelzer benimmt sich noch etwas daneben als Potsdams Torwärtin Naeher einen fast fatalen Stellungsfehler begeht: "Na klar, das ist das Pokalfinale, da kommt man ins Fernsehen, aber doch nicht so, Mädchen!" Wolfsburg gewinnt verdient und feiert den 11 Kilo schweren Klunker, während sich mal wieder gefragt wird, ob und wie und wo und warum.
Seit 2010 findet das DFB-Pokalfinale der Frauen nicht mehr als ignoriertes Vorprogramm der Männer in Berlin, sondern als eigenständiges Spiel in Köln statt. Dieses Jahr kommt vermehrt die Frage auf: Hat sich der Umzug damals gelohnt, oder sprechen die sinkenden Zuschauer_innenzahlen gegen das Stadion in Köln? Bei allem Pessimismus lohnt es sich kurz inne zu halten und sich an die Prä-Köln Ära zu erinnern. Hatte man überhaupt Karten ergattert ohne sich zu verschulden, musste man sich das DFB-Pokal Finale mit gefühlten fünfzig Gleichgesinnten im Berliner Olympiastadion ansehen. 99 Prozent der Kartenkäufer_innen war dieses Spiel so ziemlich egal, sie kamen pünktlich nach der Siegerehrung. Ein Umzug des Finales wäre immer ein Gewinn gewesen - ob in die Münchner Allianz Arena oder in das Wolfgang-Meyer-Stadion in Hamburg.
Freitag, 5. April 2013
Coaching Zone: Deutschland - USA
Das zur Zeit sehr gut aufgestellte Team der USA ist ein passender Gegenpart in der Vorbereitung auf die Europameisterschaft 2013. Das deutsche Team steht trotz Titelverteidigung eher am unteren Rand der Favoritinnen und die Herausforderungen in den Testspielen werden allen ihre Grenzen bewusst machen. Um dann hoffentlich während des Turniers damit gut umgehen zu können.
Die Aufstellung scheint ebenso Turnierreif: Angerer - Maier, Wensing, Bartusiak, Peter - Keßler, Kulig - Bresonik, Maroszan, Behringer - da Mbabi. Eine ernst zu nehmende Perspektive im Positionenroulette à la Neid? Leonie Maier hatte sich schon beim Algarve Cup hervorgetan, Almuth Schult hat ex negativo die Torhüterinnenposition entschieden und Celia da Mbabi ist und bleibt die Garantin für offensive Spritzigkeit. Bianca Schmidt scheint mittlerweile endgültig durch die Blume abgesägt.
Das Spiel beginnt auf hohem Niveau, man merkt schnell, dass sich zwei Topteams gegenüberstehen. Beim deutschen Team läuft viel über die rechte Seite, Maier drängt auf Tempo nach vorne und Bresonik schafft es fast immer, diese Vorstöße weiter zu tragen. Aber natürlich geht es in der Anfangsphase vor allem um die Räume im Mittelfeld. Beide Teams versuchen: Platz zu haben und wenig Platz zu lassen. Was am Ende heißt: wenig Platz für alle. Lange Pässe über die Außenseite und die folgende Flanke ist bislang das Mittel des Neidschen Teams - und bislang mangelt es nur an der Zielgenauigkeit. Über die Außenseiten und dann mit dem Zug nach Innen kurz vor dem Strafraum plus Abschluss ist bislang das Mittel des Sermannischen Teams - und bislang stand Nadine Angerer noch im Wege. Eine ausgeglichene und gut anzusehene Partie in der ersten Halbzeit. Wenn das deutsche Team es jetzt noch schafft im Mittelfeld die Überhand zu gewinnen und die Flanken genauer in den Strafraum zu bringen, dann dürfte es bald doch auch ein Tor geben.
Donnerstag, 14. März 2013
My B/log has something to tell you about... Wie klebrig sind Torlinie und rote Pappe?
Nach der Niederlage im Finale des Algarve Cups gegen die USA geht es um Klebstoff. Woher kam der Super Strong Sekundenkleber? Wer war es, der die schnelltrocknenden Tropfen an die rote Karte und in das Tor von Almuth Schult schmierte? Jedenfalls blieben die bunten Pappen in der Tasche und Schult auf der Torlinie - mehrmals zuviel und spielentscheidend. Die Kombination besiegelte die Niederlage des ansonsten stark auftretenden deutschen Teams. Hat Silvia Neid das Aufstellungs-Bingo gegen sich selbst schon gewonnen? Die Aufstellung vom Finale scheint ein vielversprechendes Fundament, auf dem man gut Aufbauen kann. Nur Nadine Angerer wird wohl in naher und ferner Zukunft ihres Stammplatzes sicher sein - es sei denn Ursula Holl verkündet überraschend ihr Comeback. Und hoffentlich muss während der EM kein Unmut über zaghaft auftretende Schiedsrichterinnen aufkommen. Wir empfehlen Alkohol und Terpentinersatz.
Montag, 11. März 2013
Coaching Zone: Deutschland - Norwegen (Algarve Cup)
Mit dem dritten Spiel des deutschen Teams steigt das Projekt Spielfeldschnitte in den Argarve Cup ein: Es ist so still im Stadion, dass der Kommentator sich seine Stichworte von Nadine Angerer geben lassen kann und für uns eine schöne Gelegenheit, den Frühjahrswettbewerb als das zu nehmen, was er sein soll: Kein Turnier für Glamour und Erregung, sondern eine Diskussionsplattform für Technik und Taktik.
All in all wirkte das Spielgeschehen in der ersten Halbzeit ein wenig wie klebriger Hefeteig und zumindest im Gegensatz zu den kurzen Einblendungen aus der Partie Japan gegen Dänemark geradezu langsam. Die Norwegerinnen konnten zwar wenige eigene kreative Momente entwickeln, waren aber konsequent im Zustellen der Räume und energisch im Pressing gegen die Ballführenden. Die deutschen Spielerinnen ließen sich viel zu häufig von dieser Spielweise einwickeln: Viele Ballverluste waren die Folge, weil diese nach Annahme nicht schnell genug weitergeleitet wurden oder werden konnte, weil viel zu häufig die Anspielstationen fehlen. Ein grundsätzliches Problem dieses Teams, auf das immer noch die Antwort des hohen, in Richtung Mittag oder Mbabi geschlagenen Balls folgte (der eigentlich nie etwas bringt). Vielleicht lässt sich hier ein Problem der zu statisch interpretierter Positionen ausmachen – zumindest wunderte man sich viel zu häufig über zu große Lücken zwischen den einzelnen Mannschaftsteilen bzw. dann wieder über Spielerinnenanhäufungen auf zu engem Raum, aus dem man sich nicht mehr befreien konnte. Viel zu selten interpretierten die Außenverteidigerinnen ihre Rolle offensiv – und kaum taten sie dies, kam es zu den Highlights des Spiels: so z.B. in der 35 Minute ein durch Leonie Maier laufstark eingeleiteter Angriff, der durch Mittag technisch brilliant weiter geführt und erst durch Marozsan vergeben wurde. Peter zeigte hier zu Beginn der ersten Halbzeit mehr, zog sich dann jedoch ebenfalls zurück. Zu selten aber war das Team allerdings bei ihren Vorstößen überhaupt nachgerückt. Ein Beispiel dafür die 63 Minute: Nach wunderschönem Pass von Mbabi in den freien Raum vor dem Tor bei hoch stehender Abwehrlinie setzte Peter nach, fand sich jedoch – einmal den Ball am Fuß – alleine vier norwegischen Abwehrspielerinnen gegenüber. Wir fragen uns, ob die unzähligen Brechstangenversuche durchs Mittelfeld vor allem in Durchgangs eins eine taktische Anweisung war, deren Sinn und Zweck uns unklar blieb, oder Ausdruck einer Hilflosigkeit aus mangelnder Eingespieltheit und Vertrauen innerhalb der Mannschaft. Irgendwie scheint das deutsche Team befangen in einer Unentschlossenheit, ob sie als Teamverband operieren oder auf Einzelspielerinnen wie Mbabi setzen wollen, die sehr umtriebig war, leider jedoch viel zu oft alleingelassen. Diesem Engagement war zu gönnen, dass sie das 1 : 0 verwandelte; ein Tor, dass dem Spielgeschehen insgesamt gut tat, wenngleich die deutsche Mannschaft gegen die nun aktiveren Norwegerinnen immer wieder unsicher wirkte (Angerer inklusive). Ein schöner Akzent war die Auswechslung von Verena Faißt, die sich selten durchsetzen konnte und kaum etwas zum Spielfluss beitragen konnte, gegen Melanie Behringer. Nach einer längeren Phase des Zitterns und Zauderns dann mehrere schöne Kombinationen nach vorne, aus denen auch das 2 : 0 durch Kessler kurz vor Schluss hervorging und die eine Idee davon gaben, auf welche Weise das deutsche Team Fußball in Zukunft interpretieren könnte und auch müsste.