Das Projekt Spielfeldschnitte
Pünktlich zur Fußball Europameisterschaft der Männer 2008 konnte man in Filialen einer großen deutschen Bäckereikette ein Kuchenstück erwerben, das sich als Alternative zu Bier in Plastikbechern verstand: ein Sahnetörtchen namens Spielfeldschnitte. Das Projekt Spielfeldschnitte nahm diese Beleidigung, diese Herausforderung und diesen Namen an. Seitdem verstehen wir uns als kreative und humorvolle Begleitung der deutschen Fußballnationalmannschaft und als längst fälligen Beitrag zu einer Frauenfußball-Kultur. Wir bieten nicht nur messerscharfe Analysen zu allen Länderspielen, wir sind die kulturwissenschaftliche Stimme in der Stille des Blätterwaldes, wir sind das Theater, das um den Frauenfußball aufzuführen ist, wir wollen die Welt verändern und schreiben darüber. „My (B)Log has something to tell you.“
(The Log Lady, Twin Peaks)
Samstag, 29. Juni 2013
Coaching Zone: Deutschland - Japan
Der letzte Test vor der EM 2013 wurde gegen die Japanerinnen angesetzt. Eventuell erhoffen die Organisator*innen bei einem Sieg gegen die Weltmeisterinnen einen extremen Motivationsschub. Aber abseits des Ergebnisses sind die Japanerinnen immer gute Sparringspartnerinnen. Sie spielen in hohem Tempo und mit ihrem virtuosen und gefährlichen Kurzpassspiel. Eine gute Herausforderung vor einem großen Turnier und das auch noch vor einer tollen Kulisse von 46.000 in der Münchner Allianz Arena.
Es steht eine potentielle Startformation auf dem Platz: Angerer - Maier, Wensing, Bartusiak, Cramer - Kessler, Goeßling - Mittag, Marozsan, Lotzen - da Mbabi.
Am überraschendsten vielleicht noch die Innenverteidigung, Wensing statt Krahn neben Bartusiak. Vielleicht versucht Silvia Neid einen Kompromiss. Bartusiak und Krahn haben gemeinsam bislang nicht unbedingt geglänzt, eine "neue" Kombination mit Wensing und Henning ist aber auch riskant. Also eine erfahrene mit einer neuen Spielerin aufstellen und bei dieser Variante hat Bartusiak eigentlich immer den Vorsprung.
Das deutsche Team spielt eine gute erste Hälfte und kann die schnellen Pässe der Japanerinnen meist unterbinden. Es gibt viel Druck nach vorne, einige gefährliche Torszenen und in der 17. Minute zieht die (wieder mal) sehr starke Leonie Maier von rechts vor den Strafraum und macht mit einem wunderschönen Schuß das 1-0. Getrübt wird die erste Halbzeit von einer chaotischen Situation vor Angerers Strafraum, der Ball wird nicht richtig abgewehrt und der Torschuß rutscht Nadine Angerer dann auch noch durch die Handschuhe. Kein Grund eine Torhüterinnendiskussion anzufangen, aber doch höchst untypisch für die sonst so sichere und souveräne Angerer.
In der zweiten Hälfte wechselt Maier auf die linke Seite und für Cramer kommt Henning auf rechts. Die meisten offensiven Aktionen finden vor dem Tor der Japanerinnen statt, bald nach dem Anpfiff gibt es ein Foul im Strafraum und das Elfmetertor durch Okoyino da Mbabi. Das deutsche Team macht weiter Druck, doch den Japanerinnen reicht die eine gute Position zum erneuten Ausgleich: nach einem tollen Freistoß an den Pfosten kann Ogimi den Abpraller sicher im Netz unterbringen.
Trotzdem geht es immer wieder weiter auf das Tor der Japanerinnen. Marozsan und da Mbabi, die heute besser als sonst harmonieren, können einige gefährliche Chancen herausspielen. Zwanzig Minuten vor Schluß wechselt Neid noch einige Male: Lotzen (die ein gutes Spiel machte), Marozsan und Mittag raus, Leupolz, Laudehr und Bajramaj rein. Kurz danach bekommen die Japanerinnen immer mehr Platz nach vorne, können ihre Möglichkeiten aber nicht nutzen. 13 Minuten vor Schluß gibt es noch ein Länderspiel-Debüt von der Freiburgerin Sara Däbritz, die für Kessler kommt. Vier Minuten vor Schluß kann Okoyino da Mbabi die Führung erzielen, nachdem sie sich im Strafraum durch die japanische Abwehr gestochert hat und in der letzten Minute bekommt Laudehr noch einen Elfmeter, den sie knapp in der linken Ecke versenkt. 4-2 Endstand.
Ein gutes letztes Testspiel, es konnten nochmal einige Fehler gemacht werden, die in Schweden nicht passieren dürfen, es gibt viele jüngere Spielerinnen, die sich die Stammplätze erkämpft und verdient haben. Unter den Favoritinnen ist das deutsche Team wohl noch, wenn auch eher am Ende der Liste, definitiv hinter Frankreich und Schweden. Aber das ist vielleicht auch mal eine beruhigende Position - nicht als Titelverteidigerin immer schon tausend Erwartungen erfüllen zu müssen. Und auf dem Zettel sollte man sie trotzdem haben, das haben sie heute nochmal gezeigt.
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