Das Projekt Spielfeldschnitte

Pünktlich zur Fußball Europameisterschaft der Männer 2008 konnte man in Filialen einer großen deutschen Bäckereikette ein Kuchenstück erwerben, das sich als Alternative zu Bier in Plastikbechern verstand: ein Sahnetörtchen namens Spielfeldschnitte. Das Projekt Spielfeldschnitte nahm diese Beleidigung, diese Herausforderung und diesen Namen an. Seitdem verstehen wir uns als kreative und humorvolle Begleitung der deutschen Fußballnationalmannschaft und als längst fälligen Beitrag zu einer Frauenfußball-Kultur. Wir bieten nicht nur messerscharfe Analysen zu allen Länderspielen, wir sind die kulturwissenschaftliche Stimme in der Stille des Blätterwaldes, wir sind das Theater, das um den Frauenfußball aufzuführen ist, wir wollen die Welt verändern und schreiben darüber. „My (B)Log has something to tell you.“
(The Log Lady, Twin Peaks)

Dienstag, 28. April 2009

Logo-Vorschlag #1

Als die schönste Seite hinter der 20Elf erschien, dachten wir noch, der Kampf gegen die Klischees wäre endgültig verloren, das OK-Team hätte manifestiert, wogegen vorher so kraftvoll gesteuert wurde. Der Slogan zur WM 2011 steht und mit ihm die Aufforderung nach einem adäquaten Umgang mit ihm. Manche meinen, der offizielle WM Slogan gerate eh in den Hintergrund. Wir meinen, dass es gerade jetzt eine offensive Auseinandersetzung mit ihm braucht! Es gibt in dem Slogan durchaus Komponente, die zu Identifikationssymbolen taugen könnten. Ganz im Sinne der Subversion durch Affirmation wollen wir versuchen durch das ausprobieren unterschiedlicher Akzente den Slogan fruchtbar zu machen. Dabei soll der Slogan stetig dekonstrukiert, transformiert und neu gelesen werden um in seinen Leerstellen und Lücken Potentiale aufzudecken.
Die 20Elf hat es uns heute angetan. Sie wird aktiv. Und spielt den Ball scharf durch das, was lieber ungelesen bleibt:

Montag, 27. April 2009

My B/log has something to tell you about... In eigener Sache

Das Projekt Spielfeldschnitte trägt das ›Projekt‹ nicht von ungefähr in seinem Titel. Wir verstehen unter einem Projekt kein abgeschlossenes Produkt, dass wir auf dieser Seite präsentieren, sondern vielmehr diese Seite als Forum eines Prozesses, der sich fortwährend selbst reflektieren muss, um nicht zu einer monolithischen Pseudo-Wahrheit zu werden. Dieses Projekt lebt auch von den Kommentaren und Sichtweisen derer, die auf diese Seite zugreifen. Bisher haben wir sehr positiven Zuspruch bekommen, über den wir zunächst überrascht waren, über den wir uns dann sehr gefreut haben und der uns vor allem auch ermutigt hat. Inzwischen haben wir jedoch auch einige kritische Kommentare erhalten, die unsere ironische Ader problematisieren. Auch wenn wir unsere kritische Grundhaltung als kulturwissenschaftliche Grundeinstellung weiterhin verteidigen werden, erlauben uns diese Kommentare einen Blick auf ein gewisses Grundproblem des Frauenfußballs: Neben den Darstellungen des Frauenfußballs, die wenig Facettenreich sind und die wir kritisieren, tut sich eine riesige Leere auf. Die Wirkungsmacht des Bildes im Falle des Fußballs möchte wohl niemand bestreiten. Neben dem kultischen, rauschhaften Stadionerlebnis (und auch das ist im Frauenfußball eben noch kaum gegeben) konstituiert sich die Wirkungsmacht von Fußball durch Bilder. Vilém Flusser sagt, »Darstellen heißt entweder, ein Abbild von dem machen, was ist, oder ein Vorbild für das, was sein soll«. Im Falle des Frauenfußballs ist ›ein Abbild sein‹ recht schwer, denn – wie in allen Sportarten – sind die Männer eben doch den kleinen Tick schneller, viel wichtiger aber: der Männerfußball in Deutschland erreicht vielleicht am ehesten noch die ritualisierten Gemeinschaftszusammenkünfte in griechischen Theatern. Sollen die Fußballspielenden Frauen immer wieder vergeblich an dieser Eingangstür klopfen? Oder soll ihr Fußball etwas ›ganz anderes‹ sein? Wie also Vorbild werden, wie also Vorbilder produzieren für den deutschen Fußball? Das ist auch eine Frage, mit der sich das Projekt Spielfeldschnitte beschäftigen möchte. Auf www.womensoccer.de sind wir vor einiger Zeit auf einen Wettbewerb für ein alternatives WM-Logo gestoßen [http://www.wmlogo.de/] und hieran möchten wir für uns diese Frage entzünden: Was könnte eine Alternative sein zu ›20Elf von seiner schönsten Seite‹? Diese Frage, wir denken über sie schon seit Tagen nach, ist eben keine einfache. Doch weil wir ein Projekt sind, weil wir (Denk-)Prozesse vorstellen wollen, haben wir uns nun entschieden, bis Ende 2009 (dann muss der Vorschlag eingereicht werden) all unsere Zwischenstände hier als Versuche zu zeigen, sie für alle Kommentare und Hinweise zugänglich zu machen, um ein gemeinsames Nachdenken darüber anzuregen, warum es nicht einfach ist, Frauenfußball zu bebildern und wie es vielleicht möglich sein könnte.
(unser erster Versuch muss noch eingescannt werden, aber morgen ist er da...)
Rosa und Mayte

Freitag, 24. April 2009

Platzverweis: Der Slogan zur WM 2011

Wie groß wurde die Bekanntgabe des Slogans für die WM 2011 angekündigt! Beim Topspiel Deutschland gegen Brasilien im fast ausverkauften Stadion sollte es so weit sein! Wie groß war wohl die Aufregung von Steffi Jones, Doris Fitschen oder erst Theo Zwanziger?

(Hier eine bewusste Leerstelle, als kläglicher Versuch den Schock beim Anblick des Slogans schriftlich zu fassen)

“20Elf von seiner schönsten Seite!”
Dieser Text auf dem Banner, den die Nationalmannschaft vor dem Spiel dem Publikum präsentierte, reihte sich nahtlos ein in die Chronologie der WM 2011 Fehlschläge. So gibt es statt der geplanten 6 Nationalen Förderer erst 2, die sich für die WM 2011 einsetzen wollen. Doch können Jones und Co. nichts dafür, wenn die Wirtschaft lieber woanders sponsored, beim WM Slogan aber kommt das OK-Team leider nicht um ihre inhaltliche Verantwortung herum.

Mal abgesehen von dem sperrigen Satzbau ist die Zusammensetzung “20Elf” eine gar unglückliche Konstruktion, wenn sich auch der kreative Kopf ob der Genialität der Verbindung von Zahl und Wort kräftig selbst auf die Schulter klopfen mag. Man denke zunächst unschuldig an 20 Mal elf Spielerinnen, also 20 Teams, so viele spielen aber gar nicht mit; dann denkt man evtl. (bei mir jedenfalls nicht auf den ersten Blick) an das Jahr 2011. Doch nun wird die direkte Assoziationskette langsam ungut befleckt: die Nähe zum Ton eines kommerziellen Slogan (wie etwa zu 7Eleven, auf Englisch: „The beautiful side of 20eleven“), oder auch (gewiss unfreiwillig) zum Frauenfußballpapi Theo 20er (Zwanzigers Elf? Zwanzigers 2011?). Eine holprige und ungünstige Eröffnung für einen Slogan.

Doch was danach kommt ist, auch ob der Untergründigkeit, ein viel Schmerzhafter Tritt gegens Schienbein. In unserer Satzanalyse wollen wir zunächst dem kleineren Übel Aufmerksamkeit zollen: “20Elf” ist zunächst im Hinblick auf den bestimmten Artikel weiblich oder sächlich konnotiert: DIE Elf, DAS Jahr 2011. Das folgende Personalpronomen SEINER geht natürlich korrekt mit dem sächlichen Fall zusammen, bleibt jedoch auch eng mit dem männlichen verbunden. “Melanie Behringer zeigt sich von seiner schönsten Seite”, das wollen wir nicht. (Oder doch? Vielleicht ist hier auch auf einmal ein Möglichkeitsraum in dem Queer Theory sich neu formieren kann, Subversion stattfindet, Gender Kategorien befragt werden! Wobei wir dieses Ziel dem OK nicht unterstellen würden.)

Dieser, unserer Meinung nach kleiner Fauxpas wird durch das folgende in den Schatten gestellt: “schönsten Seite”. Klar wird jetzt überall der Slogan zu “Die Deutsche Nationalmannschaft zeigt sich von Ihrer schönsten Seite” etc. verwurstelt. Und zack- wird alles wofür vorher vermeintlich gekämpft wurde (z.B. das Eindämmen der Klischees von der weiblichen Schönheit und der männlichen Kraft, die Männer spielen Fußball, die Frauen tanzen Ballett, die Frauen sind langsamer, sehen aber besser aus ...) durch einen einzigen Satz aus der Chefetage zunichte gemacht. Radikal gesagt: durch den Slogan wird die Eingrenzung und Herunterbrechung des weiblichen Sports auf Äußerlichkeiten naturalisiert. Dass Theo Zwanziger dazu auch noch die Emotionalität und den Charme des Frauenfußballs in den Vordergrund stellt lässt keine andere Lesart mehr offen. Die emotionale und charmante Frau, der wissende und starke Mann.
Es wäre eigentlich konsequent (wenn auch nicht wünschenswert, obwohl, schlimmer gehts eigentlich nicht) IHRER doch noch einzusetzen: “20Elf von Ihrer schönsten Seite”.

Und weil das alles so zum Weinen schön ist, hier auch noch ein paar Vorschläge von uns: “Theo`s Angels”, “Elf Super Weiber”, “Terminatorinnen 2011”.
Oder um einfach etwas schlichte Power in den Slogan zu bringen: “The Hulk”.
Dazu bieten wir Spätzle mit Sauerkraut und folgenden alternativen Logovorschlag:

Donnerstag, 23. April 2009

Coaching Zone: Deutschland - Brasilien

Es war ein richtig großer Tag für den deutschen Frauenfußball. Noch niemals zuvor in seiner Geschichte haben die Frauen mehr als ein halbes Stadion füllen können (und auch das hätte schon niemand vermutet), gestern nun war es so weit: die Frankfurter Commerzbankarena war mit 44.xxx fast ausverkauft. Es ist also kein Wunder, dass Birgit Prinz für einen kurzen Moment Tränen der absoluten Enttäuschung weinte, als sie nach 39 Minuten wegen eines Verdachts auf Rippenbruch den Platz frühzeitig verlassen musste. Die große Frau des deutschen Frauenfußballs musste am Tag des deutschen Frauenfußballs vom Platz.
Abgesehen von den Emotionen neben dem Platz war es ein spannendes Spiel (auch wenn man beim anschließenden Werder – HSV nochmal den schönen Vergleich hatte, wie das so ist mit der Fernsehregie bei den Frauen – nämlich nicht so wirklich... gab es tatsächlich nur vier Kameras, oder war der Bildregisseur dauernd Kaffee trinken?). Mich persönlich freut fast am meisten, dass einige meiner Prognosen eingetreten sind: Bianca Schmidt auf der rechten und Babett Peter auf der linken Außenverteidigerposition waren die richtige Wahl gegen die heranstürmenden Brasilianerinnen, für die es in der zweiten Halbzeit kein Durchkommen gab, und auch die Doppel6 (immer noch steht hier ein Artikel aus) war mit Bresonik und Kulig bestens (und wie ich finde: zukunftsweisend) besetzt. Anja Mittag dürfte persönlich am meisten gefreut haben, dass auch sie von Anfang an spielen durfte und so das einzige deutsche Tor in der 24 Minute schießen konnte (nach scharfer Hereingabe von Bresonik, wie hier erwähnt werden muss) – ein Befreiungsschlag für die 24jährige, über deren Haupt beim Algarve Cup noch eine düstere Wolke hing. Auch wenn gerade die erste Hälfte immer wieder durch Passunsicherheit oder fehlende Zuordnung bestimmt waren (die in der 35. Minute auch das Gegentor verschuldete), habe ich selten ein Spiel der Nationalmannschaft gesehen, das derart engagiert gewesen wäre. In der zweiten Halbzeit gab es kaum jemand, der den Ball nicht einmal neben das Tor schießen durfte (Krahn, Kulig, Bresonik, Behriger, Müller gleich mehrfach...) und, besonders erfreulich: fast gänzlich wurde auf jenes ›beliebte‹ Passspiel in den Rücken der laufenden Mitspielerin verzichtet, welches des öfteren das deutsche Spiel verunziert. Über Brasilien ist nicht viel zu sagen. Sie waren auch da, Samba getanzt wurde nicht – eigentlich schaden, denn was das Dribbling und die Ballbeherrschung angeht, ist das Spiel der Brasilianerinnen oft eine Augenweide. Es blieb bei einem diplomatischen 1:1, somit sah wenigstens Franz Beckenbauer alle Tore, bevor er Mitte der zweiten Halbzeit zum Hubschrauber hastete. Eigentlich eine Farce, dass gerade er, der sich das Spiel wahrscheinlich Halbherzig und nicht einmal bis zum Schluss ansah, so viel Interviewzeit in der Halbzeit bekam, dass sogar der Anstoß zur zweiten Hälfte nicht gezeigt wurde. Inhaltlich vergreist sprach das Franzl dann auch eher schlecht als recht vom Frauenfußball, zweifelte etwa an Blatters Ausspruch „Die Zukunft des Fußballs ist weiblich“. An dieser Stelle wäre Theo Zwanzigers altväterliche Meinung zehnmal mehr erwünscht gewesen!
Mehr bleibt eigentlich nicht zu sagen, wechselte man doch nach Spielende recht schnell von Sven Voss und Steffi Jones zu Johannes B. Kerner und Oliver Kahn zum Pokalhalbfinale nach Hamburg. Kein Nachbericht also zum Nachbericht. Der Wunsch nach der besseren Sendezeit für Frauenfußball Live wächst umso mehr.
Zum Schluss möchten wir diese erste Coaching Zone noch jemandem widmen: nämlich dem neuen Vokuhila-Schnitt von Ulrike Ballweg.

Dienstag, 21. April 2009

Die Ecke des Monats: Morgen geht's um die Wurst


(.. und wir sind live dabei!)
(scharf geschossen von Mayte)

Donnerstag, 16. April 2009

denk.anstoß: Das FF-Magazin. Repräsentanz des Frauenfußballs oder Monopol am Kiosk?

Die Medienwelt um das Thema Frauenfußball ist spärlich besetzt. Aber findet man im Internet noch Foren, die sich perspektivisch voneinander absetzen, herrscht auf dem Printmarkt eine einzige Zeitschrift: das FrauenFußball-Magazin lässt sich nur mutterseelenallein und in den wenigsten Bahnhofskiosken finden. Zwar gab es mal das Bundesliga-Magazin für den Frauenfußball, aber eine aktuelle Ausgabe desselben sucht man vergebens, und blättert man in älteren ist außer Statistiken kein Inhalt zu finden. Das FF-Magazin dagegen will mit aktuellen Reportagen aus der Welt des deutschen und internationalen Frauenfußball seit 2007 anspruchsvoll berichten. Dabei scheint das Magazin aber mehr und mehr zur Repräsentanz der einseitigen Berichtserstattung im Frauenfußball zu werden.

Viele kleine Beobachtungen kommen zusammen, um diese Vermutung aufzustellen: als Analysefolie dient die Ausgabe Nummer Vier im April 2009. Für 4 Euro hält man vom Volumen her nicht viel in der Hand und demnach sind die inhaltlichen Erwartungen groß. Bevor aber gleich eine Kritik angesetzt wird, hier eine Vorgeschichte:

Der Frauenfußball in Deutschland hat es schwer. Wenig Zuschauer, wenig Geld, wenig Qualität. So das traurige Lied. Melancholie. Es herrscht die ansteckende Frauenfußball-Depression. Was kann uns da nur retten? Nichts - schreien die einen - der Frauenfußball wird ewig da bleiben, wo er jetzt dümpelt, ohne Absturzgefahr, da die Höhen eh nie erreicht wurden. Einsatz, Konzepte, das Erkennen des Potentials - schreien die anderen - der Frauenfußball steht vor einer grandiosen Zukunft, wenn nur mal jemand mit Verstand anpacken würde. Und während sich die zwei Parteien immer weiter auf immer metaphysischeren Ebenen anschreien, ebnet sich eine dritte Partei ganz still und leise den Weg durch die Mitte, weder Pro noch Contra aber auf jeden Fall dabei: die Ehrenamtlichen. Ja, der Frauenfußball lebt von dem Engagement der Ehrenamtlichen, die sich meist aus den Höhen des handfesten maskulinen Sports erbarmen auch Programm für die weiblichen Mitglieder der VfLs, FCs und SpVggs zu veranstalten. Was dabei außer angeleitete Leibesübungen zusätzlich herauskommt? Zum Beispiel ehrenamtlich gestaltete Webauftritte von und für Spielerinnen. Und bei deren Anblick mag sich mancher Ästhet die Hände vor die Augen schlagen. (Hier eine kleine Auswahl: http://www.sandra-smisek.de/; http://www.tina-und-pia-wunderlich.de/; http://www.kerstin-garefrekes.de.vu/)
Warum ich das alles erwähne? Die (Online)Medienlandschaft des Frauenfußballs scheint von Ehrenamtlichkeit imprägniert (Kein Wunder, sollten doch die Akteure nicht schlechter bezahlt sein, als die sie kommentierenden). Doch beim Durchblättern des ambitionierten FF-Magazins, und hier wären wir wieder beim Thema, kann man sich einem Flair nicht entziehen, welches dem Komplex Ehrenamt ähnlich innewohnt: Amateurhaftigkeit und Eindimensionalität. Da dies für manche wie ein harscher Vorwurf klingen mag, möchte ich die Zuschreibung versuchen sachlich zu erklären:

Amateurhaftigkeit kann sich unterschiedlich ausdrücken. Das Gefühl einer solchen mag durch das Layout, die Syntax oder den Inhalt evoziert werden. Leider stolpert man in Ausgabe 4 auf allen drei Ebenen über Anzeichen auf Amateurhaftigkeit.
Am augenscheinlichsten wird dies auf Ebene des Layouts gleich auf dem Titelbild, denn wer dort abgebildet ist, ist nicht etwa die gezähmte Rebellin Inka Grings, wie in großen Buchstaben als erste Ankündigung zu lesen, sondern die, nicht namentlich auf dem Cover erwähnte Linda Bresonik. Dass ein Name in der Schlagzeile eigentlich sofort mit einem daneben stehenden Bild vom Rezipienten verlinkt wird, müsste eigentlich jedem im Kontext von Medien beschäftigtem klar sein. Nur kurz angedeutet werden soll die unschöne Werbung des eigenen Verlags auf Seite 4, die mit unterschiedlichen Auflösungen in der Grafik aufwartet. Dass für das Layout ein Freiberufler eingesetzt wurde, ist lobenswert und lässt nur vermuten, dass der Verlag über die Auflösung mancher Seiten dann doch wieder sparen wollte.
Da es interessant ist, überhaupt mal etwas über den Frauenfußball zu lesen, kann man wahrlich kein Ranking über die kreative Auseinandersetzung mit der Form des Printjournalismus aufstellen. Doch wünschte man sich etwas mehr Konzentration für Syntax und Ausdruck. Es ist gerade in einem Frauenfußball-Magazin kein einfacher Fauxpas das Indefinitpronomen “man” mit doppeltem “n” zu schreiben. Und einleitende Sätze, wie “Frauen machen längst alles selbst, auch Fußball spielen oder Trecker fahren”, dient weder zur Unterstützung eines arbeitspolitischen Diskurses, sondern reiht sich selbst in die bedeutungskonstituierenden Klischees ein.
Ein Magazin inhaltlich anzugreifen, gleicht fast dem Ansetzen der Säge an einem Stamm, unmittelbar über der Wurzel. Deswegen möchte ich hier zuallererst erwähnen, was mir wirklich gefallen hat: Der Artikel auf Seite 18 über Ex-Nationalspielerin Sissy Raith über den Einstieg in den Männerfußball als Trainerin in der Bezirkoberliga kann wahrlich als interessanter Einblick und Perspektivisch außerhalb des Mainstreams gewertet werden, vom Titel mal abgesehen (”Auf geht´s Buam!”). Leider sind die anderen Artikel weder zum guten, noch zum schlechten erwähnenswert. Außer zweien, über die sich empört werden muss: insgesamt drei Seiten werden an Themen verschwendet, die mit dem Frauenfußball nur entfernt was zu tun haben: ein eher Sportmedizinischer Artikel über Allergien, sowie eine dreiste Werbung des Verlags, der ein Buch über Futsal herausbrachte: Autoren des Buches sowie des Artikels, Mittelpunkt der Fotos, sowie des Covers: Männer. Hätte man dies nicht irgendwie anderswo unterbringen können...?

Die Eindimensionalität zeigt sich in mehrfacher Hinsicht besonders im Umfeld des Heftes. Zum einen kehren ständig die selben Autoren wieder, die genauso auf den einschlägigen Internetpräsenzen wortführend sind. Zum anderen besteht eine Hälfte der Autoren aus dem direkten Umfeld des Verlages, wie etwa Kathrin Albrecht aus der Redaktion desselbigen. Beide Aspekte sind gerade für ein Magazin des sogenannten “Randsportes” nicht unbedingt etwas besonderes, sowie akzeptabel, wenn auch schade für die Vielfalt der Ansichten. Dennoch: haarsträubend hat sich dem Magazin wohl eine Lobby eingeschlichen, die sich vielleicht grob mit DFB-nah, oder äußerst DFB-nah, oder DFB, bezeichnen ließe. Vorweg, noch unauffällig in ihrer Funktion, Chefredakteurin Martina Voss, Trainerin beim FCR Duisburg, Ansprecherin der Probleme im Frauenfußball in ganzen drei Absätzen mit den abschließenden Worten “Mal sehen”. Genausoviel Raum bekommt auch die Werbung für das Uefa-Cup Spiel des FCR Duisburg - Zufall? Zu der zusätzlichen Ankündigung des Spiels auf dem Cover, sowie der Doppelseite Vorbericht der Kommentar von Voss, es sei ihr an Rummel schon fast zu viel. Vielleicht hätte man doch mehr Platz der Problematik der Liga einräumen sollen. Doch Martina Voss beiseite, stark wird die Geschichte ja erst, wenn die untergründige DFB-Politik selbst sichtbar wird: Bei der Vorstellung Steffi Jones´ und dem, ach so wenig kommentierten, Geldsegen für die Bundesligisten. Und das wäre unbedingt zu verschmerzen, würden nicht zwei (!) Doppelseiten der Entwicklung des TSG Hoffenheims gewidmet, deren Frauenabteilung zufällig unter der Leitung von Theo Zwanzigers Sohn Ralf Zwanziger steht und die zufällig auch einer der Spielorte zur WM 2011 sind...

Unterm Strich viel verschwendeter Raum, darüber hinaus Sprachspiele über dem Aushaltbarem (70% davon wurden dem Leser dieses denk.anstoß erspart) und nur ein einziger Satz hierfür: “Ihr (Julia Zumdick, U17-Nationalmannschaft) Vorbild ist Kerstin Stegemann.” Dabei ist es Phänomenologisch als kleine Sensation anzusehen, dass junge Spielerinnen ihre Vorbilder im Frauenfußball finden. Aber das ist einen eigenen Artikel wert...

Den letzten Satz soll Chefredakteurin Martina Voss mit diesem Sprachschnitzer bekommen, über den wir uns köstlich amüsiert haben: “Fakt ist: Inka Grings ist ein TYP und leider haben wir im Frauenfußball zu wenig davon.”

Freitag, 10. April 2009

Platzverweis: kicker und Fatmire Bajramaj

Das Sportmagazin kicker hat sich mit seiner Rubrik “anstoß.” in der Ausgabe vom 9. März 2009 ein präzises Eigentor geschossen. Pünktlich zum Weltfrauentag finden die Männer der Redaktion endlich einen Grund um den Frauenfußball auch im Farbprint zu erwähnen. Natürlich nur zu einem Fünftel. Die restlichen 4/5 gehören den anderen “Schönheiten des Fußballs”, den Spielerfrauen, Beruf: (Nackt-)Model, Sängerin, Supertalent, jede mehrere Millionen Euro reich. Bajramaj bildet das Schlusslicht in der Gehaltskette.
Nives Celzijus (2)
dieselbe bei Bild.de... Sex im Anstoßkreis bei Flutlicht - na dann, Prost! Nicht vergessen das Magazin mit aufs Klo zu nehmen! Was wird hier eigentlich den männlichen Lesern unterstellt, ja geradezu aufgenötigt!?
Evangelina Anderson (3), Playmate.
ebenfalls Halbnackt: Marta Cecchetto (5).
Es geht am Weltfrauentag für den kicker also nicht um Sportliches, sondern um die Visage. Die Autoren erfreuen sich der Schönheit der sportlichen Beigaben und gehen dann in der Kneipe nebenan noch einen Trinken. Nur um dann doch nochmal gepflegt das Vorurteil zu unterstreichen, das Publikum bestehe hier ja eh aus Männern, die sich halt gern mal auf Seite 4 das Bild einer schönen Frau ansehen, sich im Kino “Männersache” ansehen und danach mit den Kumpels einen Trinken gehen. Und Männer.Tv steht später auch noch auf dem Programm. Wir sind eigentlich dafür, dieses Vorurteil doof zu finden, zu boykottieren und zu widerlegen. So geht das aber leider nicht. Und deshalb zücken wir hier auch die erste rote Karte.
Übrigens wurde Fatmire Bajramaj bereits Welt- und Europameisterin, sie sorgte mit ihrem Wechsel zu Turbine Potsdam zur Saison 2009/2010 für Schlagzeilen. Nur so als sportliche Ergänzung zum Informationsgehalt.
Für alle, die mehr wissen wollen, als wie Fatmire Bajramaj aussieht: www.LiraB.com.

Sonntag, 5. April 2009

My B/log has something to tell you about... 11 für 2011. Die WM. Oder die EM. Oder wenigstens das nächste Spiel

Was mich schon immer fasziniert hat: Da gibt es doch inzwischen die verrückteste Technik – im ZDF Studio zoomen die Moderatoren im 3D Modus durch die gegnerische Abwehr und postieren sogar Mario Gomez so, dass er den Ball trifft. Aber wenn es um das Wesentliche geht, dann setzen sich alle hin, es reicht ein Blatt Papier und ein Stift und man schreibt 11 Namen auf und das war’s. Wir haben uns entschieden, einen Blog nicht nur über den Frauenfußball im Allgemeinen, sondern vor allem über die deutsche Nationalmannschaft im Speziellen zu gestalten. Und gestern, auf einer längeren Zugfahrt, habe ich mich gefragt, wer denn eigentlich unsere Spielfeldschnitten sind und sein werden. Ich nahm ein Blatt, einen Stift, schrieb 11 Namen und das war’s...

Im Tor: Nadze, wer sonst! Kaum eine Frage scheint sich auf lange Sicht so leicht beantworten zu lassen. Tatsächlich weiß ich nicht mal, ob es eine nennenswerte Alternative zu Angerer überhaupt gibt, so fest hat sich das Bild in meinem Kopf festgebrannt, wie sie den Elfmeter von Marta 2007 im Finale um die Weltmeisterschaft gehalten hat. Dieses Bild ist so stark, das trägt sie noch ein paar Jahre!

Die deutsche Abwehr: Auch die ›eigentliche‹ Innenverteidigung ist legendär, handelt es sich doch um die persönlichen Maskottchen von Theo Zwanziger, Ariane Hingst und Annike Krahn. Leider sind beide gerade verletzt, was dazu geführt hat, dass die Bundestrainerin sich beim Algarve Cup das Motto ›Jugend forscht‹ aufs Trikot geschrieben hatte – oder schreiben lies. Zumindest in der Innenverteidigung scheint mir auch mit Perspektive auf die EM für die jungen Nachwuchsspielerinnen hier kein Durchkommen zu sein. Und ich muss gestehen: Traurig wäre ich da auch nicht!
Auf der rechten Seite jedoch war ich beim Algarve Cup allerdings ziemlich enttäuscht, dass Silvia Neid auf Sonja Fuss beharrte, die schon seit längerem im zweiten Rang der Nationalspielerinnen steht, und sich nicht für die junge, dafür sofort überzeugende Bianca Schmidt entschieden hat. Während Fuss (bemüht zwar, aber dennoch ohne Unterlass) einen Ball nach dem anderen in die Hände der gegnetischen Torfrau drosch, haben mich die mutigen, schnellen Vorstöße von Schmidt (ausgebildete Stürmerin) überzeugt und ich setze sie in meiner imaginären Aufstellung ein. Auf der linken Seite hat mich beim Algarve Cup Babett Peter überzeugt und obgleich es viele Katharina Baunach Fans zu geben scheint, bin ich überzeugt, dass Peter die Frau für die linke Seite ist.

Mittendrin, statt nur dabei: Seit Renate Lingor im Ruhestand (alias OK für die WM) ist hat sich einiges getan. Linda Bresonik, die den oben schon erwähnten Elfer gegen Brasilien seinerzeit (wir haben hier zwar einen Blog für Frauenfußball, ich fange aber nicht an, jetzt ihrerzeit zu sagen!) verschuldete, ist nach Frau Neid geradezu geboren für die Position der Spielmacherin. Ich gestehe, ich klinge hier kritisch, finde sie aber eigentlich ganz toll, die Brese, obgleich sie sich beim Algrave Cup noch nicht mit Ruhm bekleckert hat. Macht aber nichts: es gibt Spielerinnen, die eine sehr souveräne und beeindruckende Art haben, mit ihren Schwächen umzugehen und ich bin sicher, dass Linda Bresonik ein Gesicht auf dem Weg zur WM wird, weil sie (leider als eine der wenigen) die Fähigkeit hat, durch ihre Pässe Räume auf dem Spielfeld zu öffnen. Als ihre Partnerin in der Doppel6 (zu diesem Begriff muss ich bald mal was schreiben) durfte sich beim Algarve Cup Kim Kulig beweisen und nichts weiter hat sie getan. Auch wenn Simone Laudehr nach Verletzung zurück kehren wird, glaube ich auf Dauer an das Duett Bresonik/Kulig.

Außenbahn: Hier muss man eigentlich nicht spekulieren. Behringer und Garefrekes haben sich hier inzwischen fest installiert. Vor allem die 2007 noch scheu wirkende Melanie Behringer ist inzwischen eine Strategin, die die wunderbare Fähigkeit hat, durch ihre Präsenz wieder Schwung in ein Spiel zu bringen. Garefrekes könnte möglicherweise für die WM schon zu alt sein (Baujahr 79), aber bisher hat sich noch keine Alternative aufgedrängt.

Sturm: Hier ist am meisten und reichhaltigsten zu spekulieren, weil natürlich die Frontfrau des deutschen Fußballs Birgit Prinz nicht jünger wird. Zwar will sie sich die WM sicherlich nicht entgehen lassen, aber (so hart das klingt) die internationalen Frauenmannschaften werden immer besser und es braucht schon den Wahnsinn einer Inka Grings, die trotz Fieber 90 Minuten an der Algarve nicht aufhörte zu rennen, um da noch mitzuhalten. Letztere ist dann auch rechtzeitig zur ersten größeren Verletzung von Prinz aus einem ominösen moralischen Abseits zurückgekehrt, hat nach 90 Sekunden auf dem Platz ihr erstes Tor gemacht und war zurück. Martina Voss sagt über sie doppeldeutig: Sie ist ein TYP. Ich sage: Sie ist eine phantastische Stürmerin, sie ist eine Antreiberin und das ist, was das manchmal etwas dröge Spiel der Frauen durchaus nötig hat. Daher setze ich auf Grings und Prinz, mit den Jokern Müller und Bajramaj, die in dieser Position immer wieder überzeugt haben, aber bei Spielen von Beginn nicht überzeugen konnten.

Das war's.