Das Projekt Spielfeldschnitte

Pünktlich zur Fußball Europameisterschaft der Männer 2008 konnte man in Filialen einer großen deutschen Bäckereikette ein Kuchenstück erwerben, das sich als Alternative zu Bier in Plastikbechern verstand: ein Sahnetörtchen namens Spielfeldschnitte. Das Projekt Spielfeldschnitte nahm diese Beleidigung, diese Herausforderung und diesen Namen an. Seitdem verstehen wir uns als kreative und humorvolle Begleitung der deutschen Fußballnationalmannschaft und als längst fälligen Beitrag zu einer Frauenfußball-Kultur. Wir bieten nicht nur messerscharfe Analysen zu allen Länderspielen, wir sind die kulturwissenschaftliche Stimme in der Stille des Blätterwaldes, wir sind das Theater, das um den Frauenfußball aufzuführen ist, wir wollen die Welt verändern und schreiben darüber. „My (B)Log has something to tell you.“
(The Log Lady, Twin Peaks)

Samstag, 31. März 2012

Coaching Zone: Deutschland - Spanien

Das wir aus unverschämt hedonistischen Urlaubsgründen das heutige EM-Qualifikationsspiel quasi nur mit einem Auge, also nur die zweite Halbzeit gesehen haben, an dieser Stelle nur eine kurze Einschätzung der Lage: Anscheinend haben wir die bessere Hälfte des Spiels gesehen, in dem es zur Halbzeit Eins zu Null für Deutschland stand. Das Endergebnis kann sich sehen lassen, ein Fünf zu Null steht am Ende auf dem Papier und ein solider erster Platz in der Gruppe. Laut Kommentar ging in der ersten Hälfte so gut wie nichts über die Außenbahnen, mit der Einwechslung von Alexandra Popp sahen wir schöne Spielzüge rechts wie links – auch wenn Norbert Galeske Celia Okoyino da Mbabi nach Abpfiff bis in die Wolken lobte (die immerhin vier Tore für sich verbuchen konnte), steht für uns eher Alexandra Popp als Spielerin des Spiels an erster Stelle. Nach der Einwechslung bereitete sie in einem super Spielzug das 2-0 vor, traf kurz danach selber und machte unglaublich viel Tempo nach vorne.

Dienstag, 27. März 2012

My B/log has something to tell you about: Es gibt nur eine Nummer Neun!


Zu Beginn die brennende Frage von Eurosport: "Wer ist der Mensch eigentlich?" Tja... Wollen wir Goethe bemühen, Faust, Habe nun ach...???
Siegfried Dietrich hilft beim eigentlich gemeinten weiter: "Sie ist ein sehr emotionaler Mensch! Sie ist ein sehr rationaler Mensch!" philosophiert Wegbegleiter Siggi und wir wissen, dass wir nichts wissen. Aber was wollen wir auch noch mehr wissen von Birgit Prinz, deren zwanzigjährige Karriere die meisten Begleiter_innen und Fans des Frauenfußballs übertrumpft. Nächste Frage von Eurosport: "Wie wichtig war Birgit Prinz für die Entwicklung des Frauenfußballs?" Ganz einfach. Birgit Prinz ist die Entwicklung des Frauenfußballs. Bei fast allem, was es dort zu erreichen gab, war sie die erste. Siege, Pokale, Rekorde, Tore, Bashings - und jetzt natürlich auch das Abschiedsspiel.

Sonntag, 25. März 2012

My B/log has something to tell you about: Es gibt nur eine Birgit Prinz!


Es gibt nicht viele großartige Sportlerinnen, die einem wirklich ins Gedächtnis eingebrannt bleiben. Vor allem im verhältnismäßig jungem Frauenfußball gibt es noch nicht viele "damals, als..."-Mythen zu erzählen.

Damals, als ich zusammen mit meinem vier Jahre jüngeren Bruder anfing Fußball zu spielen, da war ich oft das einzige Mädchen - auf dem Bolzplatz (soweit man mich mitspielen ließ), im Verein sowieso. Die Vorbilder waren Männer, Platini, Figo, Thomas Hässler. Die meisten Mädchenteams waren noch nicht gegründet, bis zur C-Jugend spielte ich mit den Jungs, meistens in der Abwehr, im letzten Jahr auch im Mittelfeld. Am 28. März 1999 sah ich zum ersten Mal die großen Spielerinnen der Nationalmannschaft. Es war das Länderspiel gegen China auf dem Wolfgang-Meyer-Sportplatz in der Hagenbeckstraße. Ich erinnere mich nicht mehr, wie das Spiel ausgegangen ist. Aber ich erinnere mich, dass das "Stadion" damals total voll war und wir am Rand die Spielerinnen fast berühren konnten. Wieviele Zuschauer_innen waren wohl da, 1000 oder 2000 vielleicht? Ein paar Monate später brachte mein Vater mir aus den USA ein T-Shirt von dem "WSC" mit.

Damals schon seit fünf Jahren dabei: Birgit Prinz. Die Ausnahmesportlerin. Sie wurde, als ich schließlich in einer reinen Mädchenmannschaft im offensiven Mittelfeld eingesetzt wurde, mein und unser erstes weibliches Vorbild, zusammen mit Mia Hamm. Birgit Prinz hält soviele Rekorde, dass man sie fast gar nicht aufzählen kann. Rekordnationalspielerin. Rekordtorschützin. Rekord, Rekord. Sie hat wunderschöne Tore geschossen, wunderschöne Tore vorbereitet. Sie hat uns den Traum vorgelebt, den wir damals mit 14, 15 Jahren alle hatten. Sie spielen zu sehen war ein Erlebnis, dass wir immer genossen, auch wenn die Möglichkeit dazu nicht immer da war (keine Fernsehübertragungen, wir mussten zu den Spielen pilgern).

Dienstag, 13. März 2012

Gastspiel: Die Spielfeldschnitte zu Besuch bei All to nah

 

Es gibt viele Zeitschriften von Fans, aber einige sind wirklich was besonderes. Die Rundschrift der Anhänger_innen des Altonaer Fußball-Clubs von 1893 zum Beispiel. "All to nah" aus dem schönen Hamburg. Tolle Reportagen, diesmal über das Altonaer Urgestein Werner Erb, Beiträge von lokalen Künstler_innen, aktuelle Artikel über Stadion und Soli-Party, Poesie, Büchertipps, Autogrammkarten, und und und! Alles und mehr, was das Fanherz begehren könnte! 

Umso schöner, dass das Projekt Spielfeldschnitte in der aktuellen Ausgabe ein Gastspiel bestreiten durfte! In der formidablen Sammelbilder-Serie haben wir in Schnittini-Manier das Bild von Andreas Kappler beigesteuert (oben). In den vorherigen Ausgaben gab es auch schon diese einzigartige Tippkick-Figur (links). Chapeau!

Mittwoch, 7. März 2012

Coaching Zone: 75 Minuten Deutschland - Japan

  

Es ist schon ziemlich gut, dass die Japanerinnen Weltmeisterinnen geworden sind: sonst wären heute nicht 8 japanische Kamerateams an der Algarve und wir können keine japanischen Streams im Netz finden, durch die wir wenigstens mit fünfzehnminütiger Verspätung live am großen Spiel des Jahres teilhaben können. Man muss sich klarmachen, sehr viel mehr geht dieses Jahr nicht mehr. Noch ein paar Qualifikationsspiele und dann wars das dank der letzten Begegnung mit den Japanerinnen...  (Immerhin stehts auch noch 0 : 0, sonst wäre es nicht so leicht, herauszufinden, welches Team sich hinter welcher Zeichenkombination verbirgt...)

OOOOOh, wir kommen gerade rechtzeitig zur Feuertaufe von Almuth Schult, die mit einer großartigen Parade das Unentschieden rettet. Annike Krahn sah in dieser Szene im direkten Zweikampf nicht gut aus. Deutschland scheint insgesamt überlegen und wird auch in der 20. Minute für das Pressing belohnt: Melanie Behringer setzt sich erstklassig auf der rechten Seite durch und flankt auf den ersten Pfosten wo Maroszan nur noch den Fuß hinhalten muss. Und dann geht es gleich Temporeich weiter, nach einer Ecke köpft Da Mbabi in der 22. Minute ein. Eine schöne und beruhigende Führung und wir sind froh, dass wir rechtzeitig zu den Toren das Livebild bekommen haben. Trotz dem gefährlichen Offensivspiel der Deutschen wirken die Japanerinnen wieder insgesamt sicherer im Passpiel und Spielaufbau. Den Deutschen Fußballerinnen unterlaufen immer wieder Passfehler in den Abwehrreihen und auch der lange Pass in die Spitze wird von den Japanerinnen immer wieder abgefangen. Die Angriffe wirken auch irgendwie absehbar: da Mbabi positioniert sich weit vorne und wartet auf den langen Pass vor den Strafraum. Bezeichnend, dass die beiden Tore nach hohen Bällen von den Seiten gefallen sind.

My B/log has something to tell you about: Geschenkt ist geschenkt, wiederholen ist gestohlen.

Swoosh Lieu - www.swooshlieu.com
Eines steht fest: Eurosport hat ein internes Kommunikationsproblem. Warum sonst hätte der Kommentator des Spiels Deutschland - Schweden gefühlte 20 Mal euphorisch gesagt: "Und am Mittwoch dann die Neuauflage des WM Viertelfinales um 14 Uhr live hier auf Eurosport!" Vielleicht ist man als Reporter an der Algarve auch für eine gewisse Zeit von der restlichen Außenwelt abgeschnitten, Eurosport selber wollte gestern jedenfalls nichts mehr wissen von einer Übertragung des Finalspiels. Es gab anscheinend Probleme mit dem Abgleich von Anstoß- und Sendezeit. Und obwohl es letzte Woche noch hieß man übertruge das Finale um 18 Uhr oder das jeweilige Platzierungsspiel des deutschen Teams zu einer anderen Uhrzeit - manche Meinungen wechseln schneller als Unterwäsche. Heute kommt kein Fußball, stattdessen den ersten halben Tag Biathlon und den zweiten halben Tag die Wiederholung vom Biathlon. Vielleicht ist die Lobby der schießenden Skifahrer bei Eurosport doch größer als bisher vermutet.

Psychologisch ist die Situation vergleichbar mit dem geschenkten 20-Euro Schein: Wenn dir jemand einen solchen schenkt und ihn dir fünf Minuten wieder wegnimmt, dann bist du davon emotional betroffen (traurig, wütend, hilflos etc.) - obwohl sich an deiner Situation im Vergleich zu vor dem Geschenk eigentlich gar nichts geändert hat.

Aber wer ist jetzt eigentlich schuld an der Misere? Wirklich nur Eurosport? Was ist denn mit den anderen Fernsehsendern, die sich im letzten Sommer noch so unglaublich verpflichtet fühlten? Ist am Ende der DFB schuld, dessen Verantwortliche sich vielleicht für die Sache nicht stark genug gemacht haben? Oder der portugisische Fußballverband mit seinen blöden TV-Rechten und diesem piefigen Spielort an der Hinter-Timbuktu-Algarve? Und überhaupt, was ist das für eine Spielzeit für ein Finale? Mitten am Tag, normale Menschen müssen da arbeiten, denken die Disponenten etwa dieses Spiel interessiert nur die Student_innen und Rentner_innen? Und warum sind die Rechte-Pakete so unglücklich gestrickt, dass die Öffentlich-Rechtlichen geradezu gezwungen werden bestimmte Spiele der Frauenfußball-Nationalmannschaft zu zeigen, während sich andere Sender vielleicht auch gerne engagieren würden? Schuld könnten auch sein: Biathlon, Christian Wulff, Rentenabzocke oder die Krankenkassen.

Let´s face it: Deutschland, Land des Frauenfußballs, das war einmal. Heute müssen wir alle virtuell nach Japan umziehen um das Spiel sehen zu können, denn in Japan wurde über eine Nichtübertragung noch nicht einmal geredet. Ach wäre hier doch Japan! Dann könnten wir bequem das Spiel sehen und wären auch noch Weltmeisterinnen!

Montag, 5. März 2012

Coaching Zone: Algarve Cup, Deutschland – Schweden

Ein kurzes Gastspiel der Coaching Zone in Portugal: Noch kleiner als jener Bereich, wo Silvia Neid ja nun wieder sitzen darf, ist der Platz im deutschen Fernsehen für Übertragungen aus der Experimentierkiste des Frauenfußballs an der Algarve.

Doch heute lacht die Sonne, lacht die Bundestrainerin und wir haben unser Notizblöckchen ebenso gezückt wie Silvia Neid. Es verspricht ein spannendes Spiel zu werden, die Schwedinnen sind noch in guter Erinnerung von der WM – und als Anheizer zeichnet der Kommentator sogar eine mögliche Revenge gegen Japan an den Himmel: gewinnt Deutschland, gewinnt Japan oder verlieren beide kommt es zur posttraumatischen Begegnung.

Nun, werfen wir einen Blick auf die Experimente, die hier getätigt werden: Noch sieht die Nationalmannschaft nicht aus wie der leibhaftige FFC Frankfurt (wie ja gerade in allen möglichen Medien kritisch diskutiert wird), doch das liegt vor allem an den vielen Protagonistinnen, die aus diesem oder jenem Grund hier fehlen. So mag auch nicht jede Aufstellung zukunftsweisend, sondern schlicht durch diese Tatsache erklärbar sein. So wäre vermutbar, dass weder Anja Mittag (Sturm) noch Annike Krahn (Innenverteidigung) tatsächlich wieder ernste Kandidatinnen für eine Startelf sind und auch Lena Gößling (heute Doppel6) hat auf dieser Position im Gegensatz zur Innenverteidigung nie wirklich überzeugt.

Richtungsweisende Versuche scheinen vor allem (1) da Mbabi auf der Spielmacherinnenposition, als auch (2) Melanie Behringer als Kapitänin zu sein. Denn welche Offensivspielerin hat im Nationalteam nach dem Weggang von Birgit Prinz (1) jene Spielübersicht und Ruhe, um das Angriffsspiel aus der zweiten Reihe in Szene zu setzen und kann (2) auch als Taktgeberin das Spiel des Teams maßgeblich beeinflussen? Dass Celia Okoyino da Mbabi eine spritzige und spitzfindige Torjägerin ist, stellt sie auch heute wieder unter Beweis (Hattrick). Doch stellt sich die Frage, inwiefern die Bindung der einzelnen Mannschaftsteile auch darauf zählen muss, dass nicht vier Stürmerinnen aufs Tor zurennen, sondern das offensive Mittelfeld den Kontakt zum Rest des Teams hält. Ein wichtiges Experiment, herauszufinden, ob diese Position dem Naturell von da Mbabi entspricht oder doch eher von einer Spielerin wie Dzsenifer Marozsan interpretiert werden sollte. Melanie Behringer macht ihre Sache als Kapitänin gut, spielt mannschaftsdienlich und ist zugleich durchsetzungsstark, ohne eine Egospielerin zu sein.

Daneben der ein oder andere Versuch, Spielerinnen der zweiten Reihe zu stärken und mit Erfahrungen auszustatten: Almuth Schult (Tor) etwa oder Josephine Henning (Innenverteidigung). Auch Bresonik (rechts außen) muss sich steigern, um einer wiederkehrenden Lira Bajramaj Konkurrenz machen zu können.

Das Spiel ist nicht mit der letzten Kraft geführt, aber alle drei Tage ein Match hinterlässt beim Algarve Cup jedes Jahr seine Spuren. Die Schwedinnen haben sich nie wirklich im Mittelfeld festspielen können, sondern viel zu oft auf lange Bälle zurückgegriffen. Doch im Gegensatz zum letzten Spiel ein unterhaltsamer Nachmittag, der Lust auf nächsten Mittwoch macht, wenn es dann tatsächlich wieder heißt: Deutschland gegen Japan. Amtierender Europameister gegen amtierenden Weltmeister.

Sonntag, 4. März 2012

denk.anstoß: Mit Kopftuch!

     
Die Fifa hat sich entschieden: Künftig soll das Tragen von Kopftüchern auf dem Fußballplatz erlaubt sein. Vorläufig allerdings, im Juli wollen Verantwortliche die Lage nach Sicherheits- und Gesundheitsbedenken abschließend klären. Ob in diesem Entscheidungsgremium wohl auch muslimische Frauen eine Stimme haben?

Donnerstag, 1. März 2012

denk.anstoß: Mit oder ohne Kopftuch?

    
Schon lange schwelt die Auseinandersetzung zwischen dem Iranischen Fußballverband und der Fifa über den Hijab. Dürfen die Spielerinnen ihn tragen oder nicht? Die Fifa hat bislang dagegen votiert, Begründung: Sicherheit. Wenn Hals und Ohren der Spielerinnen bedeckt seien, könnte das zu was führen - Strangulationen? Der asiatische Fußballverband erlaubt dagegen den Hijab und hat jetzt noch einmal an die Fifa appeliert das iranische Team nicht auszuschließen. Am Samstag wollten die Verantwortlichen neu über die Regeln entscheiden. Grund dafür ist auch ein neues Design des Sport-Hijab, der sich unter dem Kinn sofort löst, sobald an ihm gezogen wird. Damit dürften die Sicherheitsbedenken wohl hinfällig sein.

Es kann auch nicht länger angehen, dass den iranischen Fußballerinnen das Spielen untersagt wird. Wenig diskutiert wird aber der Hintergrund des Hijab und seine Symbolik. Auch darüber, ob das Tragen des Hijab für die Spielerinnen freiwillig ist oder nicht steht nichts geschrieben. Trotzdem ist es schwer bei dem Thema zu einer klaren Meinung zu kommen. Das einzige was wohl klar scheint, ist dass die iranischen Frauen Fußball spielen dürfen sollen. Ob mit oder ohne Kopftuch sollte ihre Sache bleiben. Doch scheint es ein schmaler Grad zu sein zwischen Selbstbestimmung und Sittenwacht.

Trikots können einem manchmal wirklich unheimlich werden. Ganz selbstverständlich wird sich uniformiert und niemand hinterfragt das ganze. Ein Kopftuch könnte einfach als Erweiterung begriffen werden, doch dann gibt es plötzlich Aufschreie. Ein Trikot hat anscheinend zu sein, wie ein Trikot zu sein hat.