Das Projekt Spielfeldschnitte

Pünktlich zur Fußball Europameisterschaft der Männer 2008 konnte man in Filialen einer großen deutschen Bäckereikette ein Kuchenstück erwerben, das sich als Alternative zu Bier in Plastikbechern verstand: ein Sahnetörtchen namens Spielfeldschnitte. Das Projekt Spielfeldschnitte nahm diese Beleidigung, diese Herausforderung und diesen Namen an. Seitdem verstehen wir uns als kreative und humorvolle Begleitung der deutschen Fußballnationalmannschaft und als längst fälligen Beitrag zu einer Frauenfußball-Kultur. Wir bieten nicht nur messerscharfe Analysen zu allen Länderspielen, wir sind die kulturwissenschaftliche Stimme in der Stille des Blätterwaldes, wir sind das Theater, das um den Frauenfußball aufzuführen ist, wir wollen die Welt verändern und schreiben darüber. „My (B)Log has something to tell you.“
(The Log Lady, Twin Peaks)

Mittwoch, 7. März 2012

Coaching Zone: 75 Minuten Deutschland - Japan

  

Es ist schon ziemlich gut, dass die Japanerinnen Weltmeisterinnen geworden sind: sonst wären heute nicht 8 japanische Kamerateams an der Algarve und wir können keine japanischen Streams im Netz finden, durch die wir wenigstens mit fünfzehnminütiger Verspätung live am großen Spiel des Jahres teilhaben können. Man muss sich klarmachen, sehr viel mehr geht dieses Jahr nicht mehr. Noch ein paar Qualifikationsspiele und dann wars das dank der letzten Begegnung mit den Japanerinnen...  (Immerhin stehts auch noch 0 : 0, sonst wäre es nicht so leicht, herauszufinden, welches Team sich hinter welcher Zeichenkombination verbirgt...)

OOOOOh, wir kommen gerade rechtzeitig zur Feuertaufe von Almuth Schult, die mit einer großartigen Parade das Unentschieden rettet. Annike Krahn sah in dieser Szene im direkten Zweikampf nicht gut aus. Deutschland scheint insgesamt überlegen und wird auch in der 20. Minute für das Pressing belohnt: Melanie Behringer setzt sich erstklassig auf der rechten Seite durch und flankt auf den ersten Pfosten wo Maroszan nur noch den Fuß hinhalten muss. Und dann geht es gleich Temporeich weiter, nach einer Ecke köpft Da Mbabi in der 22. Minute ein. Eine schöne und beruhigende Führung und wir sind froh, dass wir rechtzeitig zu den Toren das Livebild bekommen haben. Trotz dem gefährlichen Offensivspiel der Deutschen wirken die Japanerinnen wieder insgesamt sicherer im Passpiel und Spielaufbau. Den Deutschen Fußballerinnen unterlaufen immer wieder Passfehler in den Abwehrreihen und auch der lange Pass in die Spitze wird von den Japanerinnen immer wieder abgefangen. Die Angriffe wirken auch irgendwie absehbar: da Mbabi positioniert sich weit vorne und wartet auf den langen Pass vor den Strafraum. Bezeichnend, dass die beiden Tore nach hohen Bällen von den Seiten gefallen sind.
Das sichere und präzise Passpiel der Japanerinnen zahlt sich aus: in der 35. Minute spielen sie den Ball von Station zu Station nach vorne und Kawasumi kann mit einem schönen und unhaltbaren Schuss verwandeln. Der Japanische Kommentator überschlägt sich förmlich. Das Spiel ist schnell und spannend, Torszenen auf beiden Seiten!

In Japan scheint es einen echten Frauenfußball-Hype zu geben, engagierte Moderation auch in der Halbzeit. Die zweite Halbzeit geht mit genauso hohem Tempo weiter. Bis zur 35.Minute schien die Führung für Deutschland komfortabel, nach dem Anschlusstreffer ist alles wieder offen und die Japanerinnen verstecken sich nicht. In der 55. Minute dann auch prompt der Ausgleich! Die Deutschen Spielerinnen stehen im Strafraum wie Statistinnen und schauen zu wie der Ball über drei Stationen schließlich von der eingewechselten Tanaka ins Tor geschoben wird. Also, alles wieder auf Anfang. Ein wirklich unterhaltsames Spiel mit Stärken und Schwächen auf beiden Seiten. Bei den Deutschen fallen vor allem Odebrecht, Behringer und Henning positiv auf. Auch Almuth Schult macht ein gutes Spiel, zeigte eine klasse Parade in der ersten Halbzeit und konnte bei beiden Gegentoren nichts machen. Anerkennung muss man auch der Moral der Japanerinnen zollen, die sich nicht haben einschüchtern lassen und den zwei zu null Rückstand wieder aufholen konnten. Mittlerweile gab es auch schon einige Wechsel bei Deutschland: Popp für Maroszan, Huth für Mittag und erstaunlicherweise Bartusiak für Goeßling, die nun wohl auf der Doppel-Sechs getestet werden soll. Eine gefährliche Szene gibt es in der 68. Minute im Strafraum der Japanerinnen als die Torhüterin den Ball nicht richtig festhalten kann, doch eine Abwehrspielerin rettet noch vor da Mbabi. Es ist ein spannendes und ausgeglichenes Spiel! Beide Teams haben gute Chancen und machen auch immer wieder Fehler in der Defensive. Abgesehen von den fehlenden Zuschauern versprüht das Duell echtes Final-Gefühl! Nach siebzig Minuten hat man das Gefühl, dass das Siegtor eher den Japanerinnen auf dem Fuß liegt. Dann doch eine Großchance für Deutschland in der 78. Minute: wieder muss Sakaguchi kurz vor der Linie den Kopfball von Popp wegdreschen! Beide Teams drängen auf den Siegtreffer und gehen dementsprechendes Risiko ein. In der 87. Minute geht eine der Japanerinnen dann etwas zuviel Risiko im eigenen Strafraum, bringt Bianca Schmidt zum stolpern und es gibt den Elfmeter. Da Mbabi verwandelt sicher zum Führungstreffer. Und dann überschlagen sich die Ereignisse! Nur eine Minute später wieder ein super Zusammenspiel der Japanerinnen im Strafraum und die unglückliche Almuth Schult kann den (nicht sehr gefährlichen) Torschuss nicht festhalten. Nagasato dreht sich in den Ball und macht den Ausgleich! Aber Ausruhen ist nicht! Direkt danach gibt es einen langen Ball auf Da Mbabi, die sich den Ball selber kerzenartig über die Torhüterin spielt und dann akrobatisch die Führung schießt! Unglaubliche letzte Minuten! Deutschland gewinnt 4-3 und zum zweiten Mal den Algarve Cup in einer aufreibenden Endphase, nach der sich sogar Silvia Neid die Haare wieder richten muss. Ein tolles Finale, Testspiel hin oder her, mehr wollen und können wir jetzt nicht dazu sagen! Außer noch: Danke an das Japanische Fernsehen, dass wir dabei sein durften!

1 Kommentar:

  1. Hier ein paar Highlights und Interviews: http://www.youtube.com/watch?v=hJUkv42SRks
    Wenn das in D eh niemand überträgt, kann man das auch online stellen ;)

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