Das Projekt Spielfeldschnitte
Pünktlich zur Fußball Europameisterschaft der Männer 2008 konnte man in Filialen einer großen deutschen Bäckereikette ein Kuchenstück erwerben, das sich als Alternative zu Bier in Plastikbechern verstand: ein Sahnetörtchen namens Spielfeldschnitte. Das Projekt Spielfeldschnitte nahm diese Beleidigung, diese Herausforderung und diesen Namen an. Seitdem verstehen wir uns als kreative und humorvolle Begleitung der deutschen Fußballnationalmannschaft und als längst fälligen Beitrag zu einer Frauenfußball-Kultur. Wir bieten nicht nur messerscharfe Analysen zu allen Länderspielen, wir sind die kulturwissenschaftliche Stimme in der Stille des Blätterwaldes, wir sind das Theater, das um den Frauenfußball aufzuführen ist, wir wollen die Welt verändern und schreiben darüber. „My (B)Log has something to tell you.“
(The Log Lady, Twin Peaks)
Montag, 11. März 2013
Coaching Zone: Deutschland - Norwegen (Algarve Cup)
Mit dem dritten Spiel des deutschen Teams steigt das Projekt Spielfeldschnitte in den Argarve Cup ein: Es ist so still im Stadion, dass der Kommentator sich seine Stichworte von Nadine Angerer geben lassen kann und für uns eine schöne Gelegenheit, den Frühjahrswettbewerb als das zu nehmen, was er sein soll: Kein Turnier für Glamour und Erregung, sondern eine Diskussionsplattform für Technik und Taktik.
All in all wirkte das Spielgeschehen in der ersten Halbzeit ein wenig wie klebriger Hefeteig und zumindest im Gegensatz zu den kurzen Einblendungen aus der Partie Japan gegen Dänemark geradezu langsam. Die Norwegerinnen konnten zwar wenige eigene kreative Momente entwickeln, waren aber konsequent im Zustellen der Räume und energisch im Pressing gegen die Ballführenden. Die deutschen Spielerinnen ließen sich viel zu häufig von dieser Spielweise einwickeln: Viele Ballverluste waren die Folge, weil diese nach Annahme nicht schnell genug weitergeleitet wurden oder werden konnte, weil viel zu häufig die Anspielstationen fehlen. Ein grundsätzliches Problem dieses Teams, auf das immer noch die Antwort des hohen, in Richtung Mittag oder Mbabi geschlagenen Balls folgte (der eigentlich nie etwas bringt). Vielleicht lässt sich hier ein Problem der zu statisch interpretierter Positionen ausmachen – zumindest wunderte man sich viel zu häufig über zu große Lücken zwischen den einzelnen Mannschaftsteilen bzw. dann wieder über Spielerinnenanhäufungen auf zu engem Raum, aus dem man sich nicht mehr befreien konnte. Viel zu selten interpretierten die Außenverteidigerinnen ihre Rolle offensiv – und kaum taten sie dies, kam es zu den Highlights des Spiels: so z.B. in der 35 Minute ein durch Leonie Maier laufstark eingeleiteter Angriff, der durch Mittag technisch brilliant weiter geführt und erst durch Marozsan vergeben wurde. Peter zeigte hier zu Beginn der ersten Halbzeit mehr, zog sich dann jedoch ebenfalls zurück. Zu selten aber war das Team allerdings bei ihren Vorstößen überhaupt nachgerückt. Ein Beispiel dafür die 63 Minute: Nach wunderschönem Pass von Mbabi in den freien Raum vor dem Tor bei hoch stehender Abwehrlinie setzte Peter nach, fand sich jedoch – einmal den Ball am Fuß – alleine vier norwegischen Abwehrspielerinnen gegenüber. Wir fragen uns, ob die unzähligen Brechstangenversuche durchs Mittelfeld vor allem in Durchgangs eins eine taktische Anweisung war, deren Sinn und Zweck uns unklar blieb, oder Ausdruck einer Hilflosigkeit aus mangelnder Eingespieltheit und Vertrauen innerhalb der Mannschaft. Irgendwie scheint das deutsche Team befangen in einer Unentschlossenheit, ob sie als Teamverband operieren oder auf Einzelspielerinnen wie Mbabi setzen wollen, die sehr umtriebig war, leider jedoch viel zu oft alleingelassen. Diesem Engagement war zu gönnen, dass sie das 1 : 0 verwandelte; ein Tor, dass dem Spielgeschehen insgesamt gut tat, wenngleich die deutsche Mannschaft gegen die nun aktiveren Norwegerinnen immer wieder unsicher wirkte (Angerer inklusive). Ein schöner Akzent war die Auswechslung von Verena Faißt, die sich selten durchsetzen konnte und kaum etwas zum Spielfluss beitragen konnte, gegen Melanie Behringer. Nach einer längeren Phase des Zitterns und Zauderns dann mehrere schöne Kombinationen nach vorne, aus denen auch das 2 : 0 durch Kessler kurz vor Schluss hervorging und die eine Idee davon gaben, auf welche Weise das deutsche Team Fußball in Zukunft interpretieren könnte und auch müsste.
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