Das Projekt Spielfeldschnitte

Pünktlich zur Fußball Europameisterschaft der Männer 2008 konnte man in Filialen einer großen deutschen Bäckereikette ein Kuchenstück erwerben, das sich als Alternative zu Bier in Plastikbechern verstand: ein Sahnetörtchen namens Spielfeldschnitte. Das Projekt Spielfeldschnitte nahm diese Beleidigung, diese Herausforderung und diesen Namen an. Seitdem verstehen wir uns als kreative und humorvolle Begleitung der deutschen Fußballnationalmannschaft und als längst fälligen Beitrag zu einer Frauenfußball-Kultur. Wir bieten nicht nur messerscharfe Analysen zu allen Länderspielen, wir sind die kulturwissenschaftliche Stimme in der Stille des Blätterwaldes, wir sind das Theater, das um den Frauenfußball aufzuführen ist, wir wollen die Welt verändern und schreiben darüber. „My (B)Log has something to tell you.“
(The Log Lady, Twin Peaks)

Sonntag, 19. Oktober 2014

denk.anstoß: Ein Mitarbeiter zweiter Klasse auf dem Weg zur Weltspitze - Nachruf auf Gero Bisanz

Bisanz legt ein flottes Tänzchen mit Kapitänin Neid hin, Pia Sundhage an der Gitarre. Das waren noch Zeiten..! Foto: Rainer Hennies

Gero Bisanz war zufällig zugegen, als der DFB dringend einen Trainer für das neugegründete und enthusiamsierte DFB Frauenteam suchte. 1982 fing der Diplomsportlehrer bei den A-Damen an und fühlte sich oftmals im Verband wie ein Mitarbeiter zweiter Klasse, der von den anderen Kollegen lediglich belächelt wird. Trotz allem blieb Bisanz hartnäckig am Ball, stellte ein hochklassiges Team zusammen und bald schon lief alles wie am Schnürchen. Kapitänin Silvia Neid: "Nach Anfangschwierigkeiten hat sich herausgestellt, dass er über genügend Witz und Charme verfügt, um mit uns erfolgreich arbeiten zu können." Das erste Spiel am 10. November 1982 gegen die Schweiz gewann Bisanz´ Team mit 5-1.
1983 holte sich Bisanz Verstärkung: Tina Theune kannte er noch von der Sporthochschule Köln. Das Dreamteam Bisanz/Theune nahmen jetzt gemeinsam Fahrt auf, vor allem in der Nachwuchsförderung und Talentsichtung tat sich einiges. Zwar verpasste man die Qualifikation für die ersten beiden offiziellen Europameisterschaften und lief noch einige Jahre den Skandinavierinnen hinter her, bei der EM 1989 sollten dann aber endlich die Früchte der Arbeit geerntet werden. Das hochklassige Team um Silvia Neid, Doris Fitschen, Heidi Mohr und Marion Isbert spielte sich bis zum Titel, das Halbfinale gegen Italien wurde live übertragen und hatte eine höhere Einschaltquote als das parallel laufende Match von Steffi Graf und die Frau mit den Nerven aus Stahl Marion Isbert hielt im Elfmeterschießen drei Elfer und machte den entscheidenen am Ende auch noch selbst rein. Im Finale gewann man gegen Norwegen in Osnabrück, die Stadt war völlig aus dem Häuschen und Bisanz und Neid tanzten auf der After-Game-Party eine flotte Runde Rock´n Roll, zu unserem allergrößten Glück hat Rainer Hennies diesen Moment damals mit seiner Kamera festgehalten.

Dreimal gewann Bisanz mit dem DFB-Team die EM, die Weltmeisterschaft blieb ihm in seiner Amtszeit verwehrt. Essentielle Aufbauarbeit leistete er allemal, gegen jederlei Widerstände im Verband. Seine Arbeit lässt sich bis heute nachspüren, hat er doch sowohl Tina Theune als auch Silvia Neid lange begleitet und tief geprägt.

Am 17. Oktober 2014 verstarb Gero Bisanz unerwartet im Alter von 78 Jahren an einem Herzinfarkt.


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