Das Projekt Spielfeldschnitte
Pünktlich zur Fußball Europameisterschaft der Männer 2008 konnte man in Filialen einer großen deutschen Bäckereikette ein Kuchenstück erwerben, das sich als Alternative zu Bier in Plastikbechern verstand: ein Sahnetörtchen namens Spielfeldschnitte. Das Projekt Spielfeldschnitte nahm diese Beleidigung, diese Herausforderung und diesen Namen an. Seitdem verstehen wir uns als kreative und humorvolle Begleitung der deutschen Fußballnationalmannschaft und als längst fälligen Beitrag zu einer Frauenfußball-Kultur. Wir bieten nicht nur messerscharfe Analysen zu allen Länderspielen, wir sind die kulturwissenschaftliche Stimme in der Stille des Blätterwaldes, wir sind das Theater, das um den Frauenfußball aufzuführen ist, wir wollen die Welt verändern und schreiben darüber. „My (B)Log has something to tell you.“
(The Log Lady, Twin Peaks)
Donnerstag, 24. November 2011
Coaching Zone: Spanien - Deutschland
Nach dem etwas desaströsen Auftritt von Claudia Neumann beim letzten Spiel und den altbekannten fünf Minuten Geplänkel vor dem Spiel mit Silke Rottenberg:auf Eurosport endlich mal richtige Vorberichte! Eine ganze halbe Stunde vor dem Spiel geht es um beide Teams, die Schlüsselspielerinnen, die Situation in der Tabelle, die Veränderungen in der Aufstellung. Ein perfektes Lehrbuch für die öffentlich-rechtlichen. Mal ehrlich: wir verzichten gerne auf Rottenberg, Künzer und Co. - verteilt das Honorar lieber auf ein paar interessante Beiträge und mehr Sendezeit vor dem Spiel. (Und wenn noch was übrig bleibt, könnte man auch noch einen Interview-Coach für Alexandra Popp sponsorn, Schwerpunkt: Grammatik). Einziger Wermutstropfen: Kommentator Marco Hagemann verfällt während des Spiels ähnlich wie Claudia Neumann in Anekdoten-Stimmung. Muss man sich unbedingt anhören müssen, wie Fatmire Bajramaj sich im Trainingslager beim Tennisspielen anstellte?
Der Platz in Motril sieht aus wie ein brachliegendes Bauland - eine Entschuldigung für die holprige Anfangsphase? Trotz gutem Pressing und Balleroberung, dem deutschen Team passieren viele Fehler im Spielaufbau und auch im Abschluss schaut es schlecht aus. Das kann nicht nur an den Platzbedingungen liegen. Es gibt vielmehr technische Schwierigkeiten, die Doppel-Sechserinnen nehmen fast gar nicht am Spielaufbau teil und am Ende bleibt irgendwie immer nur der hohe Ball, der fast nie da ankommt wo er anscheinend hin sollte. Die hohen Bälle fühlen sich an wie ein Virus im Spiel der Deutschen und man ist genötigt die alte Formel zu bemühen: Flach spielen, hoch gewinnen.
Die Anfangsphase dehnt sich aus, bis Lena Goeßling nach einer Ecke in der 26.Minute zur richtigen Zeit am richtigen Ort ist und einköpft. Holprige vier Minuten später das 2 zu 0: Fatmire Bajramaj spielt von rechts in den Strafraum, eine Spanierin schießt eine andere Spanierin an und der Ball prallt ins Netz. Ein Tor, das die bisherigen Offensivbemühungen irgendwie widerspiegelt. Aber mit der guten Führung im Rücken wird das Spiel jetzt auch etwas ansehnlicher, bessere Kombinationen trotz immer noch unscheinbarem Mittelfeld. (Noch eine Anmerkung zu Lena Goeßling: Sie scheint gerade Annike Krahn aus der Startelf zu verdrängen. Auch wenn Krahn eine solide Abwehrspielerin ist, hat Goeßling gute Qualitäten im Passspiel nach vorne.)
In der zweiten Halbzeit (Wechsel: Krahn für Bartusiak) wird der Spielaufbau der Deutschen etwas besser, in der 49. Minute wird sogar Laudehr auf der Doppel-Sechs angespielt (verliert aber sofort wieder den Ball) und kurz danach setzt Bajramaj einen guten Schuss an den Pfosten. Aber die brillianten Kombinationen bleiben immer noch aus. In der 56. Minute eine gefährliche Situation im Strafraum der Deutschen, Angerer mit zwei schönen Paraden, doch anschließend nach der kurz gespielten Ecke kann sie den Anschlusstreffer nicht verhindern. Die Partie nimmt sofort Tempo auf und der laut geäußerte Unmut von Silvia Neid über einen Abseitspfiff gegen Da Mbabi bringt der Trainerin einen gemütlichen Platz auf der Tribüne ein. War es Abseits oder nicht? Die Zeitlupe bringt keine Aufklärung. Insgesamt ist das Spiel seit dem Tor Spaniens schneller, aggressiver und ansehnlicher. Auch die Spanierinnen erarbeiten sich immer wieder gute Chancen. Die Beste hat dann Da Mbabi in der 69. Minute nach einer sehr guten Vorbereitung von Bajramaj, schafft aber das Kunststück, den Ball über das Tor zu semmeln. Zehn Minuten später ist für sie Schluss und es kommt Martina Müller. Das Spiel ist immer noch hitzig, es gibt viele Unterbrechungen, viele sich dramatisch wälzende Spanierinnen und viele sich lautstark echauffierende Deutsche. Marco Wagemann resümiert in der 89. Minute schon den Sieg der Deutschen, als Angerer einen guten Schuss zwar noch abwehren kann, der Abpraller aber der Spanierin Romero (von Bajramaj aus den Augen gelassen) vor die Füße fällt. Der Ausgleich! Vier Minuten wilde Nachspielzeit mit ruppigen Zweikämpfen und dem Willen beider Teams hier noch den Siegtreffer zu erzielen. Und das war´s dann auch. Nur ein Unentschieden mit einer schwachen ersten und einer schnellen und ruppigen zweiten Halbzeit. Und einigen Schwachstellen im Team: Der Spielaufbau funktioniert noch nicht, die Doppel-Sechser bleiben zu unscheinbar und vor dem Tor ist man zu ineffizient. Aber es bleiben ja auch noch zwei Jahre um diese Schwachstellen auszumerzen..
Ich finde die Kommentatoren beim (Frauen)Fußball auch immer schrecklich. Allerdings finde ich die Anekdoten nicht so arg, viel schlimmer ist es, wenn die Kommentatoren nicht wissen, wer da auf dem Platz steht und gerade den Ball hat. Das ist wirklich peinlich, wie die sich manchmal vertun, dabei sind die Namen doch ganz leicht zu merken: Schmidt, Popp, Prinz, Peter... :)
AntwortenLöschen