Das Projekt Spielfeldschnitte

Pünktlich zur Fußball Europameisterschaft der Männer 2008 konnte man in Filialen einer großen deutschen Bäckereikette ein Kuchenstück erwerben, das sich als Alternative zu Bier in Plastikbechern verstand: ein Sahnetörtchen namens Spielfeldschnitte. Das Projekt Spielfeldschnitte nahm diese Beleidigung, diese Herausforderung und diesen Namen an. Seitdem verstehen wir uns als kreative und humorvolle Begleitung der deutschen Fußballnationalmannschaft und als längst fälligen Beitrag zu einer Frauenfußball-Kultur. Wir bieten nicht nur messerscharfe Analysen zu allen Länderspielen, wir sind die kulturwissenschaftliche Stimme in der Stille des Blätterwaldes, wir sind das Theater, das um den Frauenfußball aufzuführen ist, wir wollen die Welt verändern und schreiben darüber. „My (B)Log has something to tell you.“
(The Log Lady, Twin Peaks)

Samstag, 19. November 2011

Coaching Zone: Deutschland - Kasachstan

      
„Gehört Birgit Prinz noch in die Nationalmannschaft, was kann sie noch für das Team tun?“ So könnte man vielleicht auf den Punkt bringen, was Medien und Fans während der WM 2011 umtrieb. „Uns fehlt die Spielmacherin!“ jammert es nun statt dessen von vielen Seiten.

Die Exptert_innen des Frauenfußballs in Deutschland scheinen momentan geschieden wie die Trainer von Turbine Postdam und dem 1. FFC Frankfurt: Ist der Frauenfußball nun im Aufschwung oder im Abwärtstrend? Nur eins scheint klar: Er befindet sich im Umbruch.
Neben den dem ökonomischen und medialen Fragen, die mit Blick auf die gefüllten oder zu befüllenden Zuschauerränge verhandelt werden, entscheidet sich diese Frage nach Aufbruch oder Beinbruch wie immer auf dem Platz. Eine Garde an altgedienten Spielerinnen hat sich verabschiedet und es fiel in den bisherigen Spielen vor allem eins auf: niemand übernimmt die Verantwortung.

Sicherlich, eine steile These, die Widerspruch geradezu herausfordert. Aber genau diesen Widerspruch hat sich auf dem Platz bisher kaum jemals eingestellt. In unserem langen Artikel über Birgit Prinz, die eine gänzlich andere Kapitänsrolle gespielt hat als ein Führungsspieler à la Ballack, haben wir herausgearbeitet, wie flach die Hierarchien im deutschen Frauenteam sind. Nichts desto trotz hat sich besonders an Birgit Prinz´ Phase als hängender Spitze gezeigt, wie wichtig Spielerinnen für den Spielaufbau und die Angriffe sind, die den Ball sowohl fordern, als auch verteilen können und dem Spiel damit eine Stabilität verleihen, die ihm momentan fehlt.

Linda Bresonik, der Silvia Neid eine solche Rolle zugedacht hatte, ist heute nicht mal zum Spiel eingeladen, zu blass ihre Versuche, die rechte Außenbahn zu interpretieren.

Die Doppelsechs Laudehr-Kulig, die sich einst anschickten, in Renate Lingors Fußstapfen zu treten - nach Kuligs Verletzung mit Laudehr und Goeßling besetzt stets mit großen Problemen. Viele Szenen, in denen die beiden weder für die Verteidigerinnen anspielbar waren, noch sich gegenseitig im Aufbauspiel unterstützten. Oftmals klafften riesige Lücken zwischen der Abwehrkette und den offensiveren Spielerinnen, die fast notwendigerweise zu jenen langen Bällen nach vorne führten, die das Angriffsspiel unpräzise und bei gut eingespielten Gegnerinnen uneffektiv machten. Vielleicht auch einer der Gründe, weshalb Neid Lena Goeßling in die Innenverteidigung zurück beordert hat und die Nationalmannschaftsveteranin Odebrecht an die Seite von Simone Laudehr gestellt hat.

Doch es gibt sie auch, die Hoffnungsträgerinnen: Allen voran Melanie Behringer, die zwar momentan oft misslaunig oder frustriert wirkt, diesen Ärger aber in ein kraftvolles Auftreten umzusetzen im Stande ist und der man oft eben jene paar Prozent Einsatz mehr anmerkt, die sie auch noch rennen lassen, wenn der Gegner nicht Kasachstan heißt.

(By the way: 20 Minute, 7:0... Ich lege mich fest, das Spiel gegen Argentinien von der WM 2007 wird heute noch getoppt und wegweisende Erkenntnisse sind aus dieser Klatsche nicht zu ziehen.)

Alex Popp: Sicherlich richtig, sie zunächst mal hinter Routiniers wie Inka Grings (heute krank) Sicherheit gewinnen zu lassen, aber keine Spielerin ist eine solche Granate auf dem Platz wie sie. Laufbereitschaft ohne Ende und ebenso häufig hinten bei Helfen wie vorne zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort. DIE Stürmerinnenhoffnung für Deutschland!

Und natürlich, man hat ihren Namen heute schon einige Mal gehört: Celia! Endlich zurück und ähnlich wie Popp mit einer Energie auf dem Platz, die ihresgleichen sucht. Es wird die Frage sein, ob es ihr gelingt, der Position einer hängen Spitze ihre eigene Note zu geben und nicht lediglich als zweite Stürmerin auf dem Platz zu stehen.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen