Das Projekt Spielfeldschnitte
Pünktlich zur Fußball Europameisterschaft der Männer 2008 konnte man in Filialen einer großen deutschen Bäckereikette ein Kuchenstück erwerben, das sich als Alternative zu Bier in Plastikbechern verstand: ein Sahnetörtchen namens Spielfeldschnitte. Das Projekt Spielfeldschnitte nahm diese Beleidigung, diese Herausforderung und diesen Namen an. Seitdem verstehen wir uns als kreative und humorvolle Begleitung der deutschen Fußballnationalmannschaft und als längst fälligen Beitrag zu einer Frauenfußball-Kultur. Wir bieten nicht nur messerscharfe Analysen zu allen Länderspielen, wir sind die kulturwissenschaftliche Stimme in der Stille des Blätterwaldes, wir sind das Theater, das um den Frauenfußball aufzuführen ist, wir wollen die Welt verändern und schreiben darüber. „My (B)Log has something to tell you.“
(The Log Lady, Twin Peaks)
Montag, 24. Mai 2010
my blog has something to tell you about... Deutschland - USA
Im Ernst: wir sind deprimiert. Monatelang auf Entzug. Die Spiele unserer Heldinnen sind rar im Jahr 2010. Ausnahmsweise bieten die Spiele der deutschen Vereine mehr als die der Nationalmannschaft. Das bringt uns aus dem Konzept. Der Schmachter wird fast nicht aushaltbar und dann macht uns auch noch ein Vulkan die Freude zunichte. Aber nach Schweden ist vor den USA und wir waren zuversichtlich. Haben uns mit Pokalendspielen sogar mehr als über Wasser gehalten. An Pfingsten sollte der Pegel endlich wieder steigen, wir hatten eingekauft. Alles war vorbereitet für den grandiosen Trip.
Es gibt so wenig Spiele 2010 und wir finden, dass es unser berechtigtes Recht ist, diese Spielen zu bekommen, intravenös und mit purem Stoff! Gegen Naturkatastrophen kann man nichts ausrichten, aber ansonsten gibt es keine Ausreden. Wir wurden betrogen, ausgetrickst! Eins von dreien ist in den Graben gefahren. Wir haben aus unbegrenztem Durst alles, auch was wir im Ernst doof fanden, affirmiert, fanden die Verkürzung der Bundesliga Saison 2010/11 und die Verschiebung des Pokalfinales auf März einen gerechten Pfand für den großen Traum 2011. Alles für 2011 stand auf unserer Bettwäsche.
Aus Liebesentzug haben wir uns Pfingsten um die Birne gegossen. Dabei sogar die Sahneschnittchen vernachlässigt. Lieber zehnmal Vereinsspiele, als einmal so ein Vorrundenkick bei der WM war sogar unsere bittere Reaktion als wir am Zenit unseres Wochenendes angekommen waren.
Deshalb: Sommer 2011 mit drei mal DFB-Pokal Finale in Köln und sieben mal Champions League Finale in Frankfurt, Nadine Angerer bei dem einen, Sarholz bei dem anderen Team im Tor, und die Best-Of-Bundesliga. Und der Sommer kann kommen.
Freitag, 21. Mai 2010
My b/log has something to tell you about... Finale ist, wenn die Sonne scheint!
Zu den Dingen, die ein Fußballherz noch mehr erfreuen, zählt, wenn es nur ein entscheidendes Spiel gibt. Schließlich kommt man zu dem Spiel, um danach einen Sieg zu feiern oder einen Verlust zu betrauern. Und nicht um zu rechnen. Die ermüdende Hin- und Rückspiel Regel der Uefa inklusive Auswärtstorregelung, die teilweise auch national angewendet wird, wurde sicher nicht ohne Sinn und Verstand eingeführt. Und trotzdem hat so ein Modus im Finale nichts zu suchen. Noch im letzten Jahr spielte der FCR Duisburg im Finale das Rückspiel im eigenen Stadion mit einem 6:0 Sieg aus dem Hinspiel im Nacken. Heraus kam ein 1:1.
Dieses Jahr wurde das Finale unter dem neuen Namen der Champions League erstmals in einem Spiel entschieden. Was das an Spannungszuwachs für alle Beteiligten bedeutet, konnte man gestern am Abend zu bester Zeit live im Fernsehen verfolgen. Turbine Potsdam gewann den Pokal nach einem packenden Elfmeterthriller gegen Olympique Lyon mit 6:7.
Wie wichtig die Dramaturgie eines Finalspiels für das Ereignis ist, zeigte auch das DFB-Pokal Finale am letzten Samstag. Vor einer komplett veränderten Kulisse fühlte es sich auch hier so an, als ginge es wirklich um alles oder nichts, und vor allem um das Geschehen auf dem Platz. Genau hier und genau in diesem Moment.
Die Endspiele in den Vereinswettbewerben des Frauenfußball gewinnen rasant an Bedeutung. Immer mehr wollen sie sehen und immer mehr wollen möglich machen, dass sie zu sehen sind. Umso seltsamer also die Diskrepanz in den Mitteln, mit welchen die Dispo der nächsten anderthalb Jahren versucht, dem Frauenfußball in Deutschland eine grandiose Zeit zu verschaffen. Der Fokus liegt dennoch unbestreitbar auf der Weltmeisterschaft 2011, was dazu führt, dass nicht nur die Bundesliga früher aufhören muss. Auch der DFB-Pokal soll schon im März ausgetragen werden. Aber echte Freude mit den Siegerinnen kann doch selbst der hartgesottenste Fan nur empfinden, wenn man nicht mitbibbert bei den unterkühlten Bierduschen. Finalstimmung hängt doch einfach zu stark mit einem Gefühl nach Sommer zusammen. In diesem Sinne kann man nur hoffen: „Sommer! In diesem Sommer schon im März!“
Samstag, 15. Mai 2010
My b/log has something to tell you about... FCR Duisburg gegen Jana Burmeister
Andererseits sollte man sich auch mal kurz zusammenreißen, denn vieles war auch ganz schön super! Die 26.282 ZuschauerInnen stehen nicht nur für einen neuen Rekord auf nationaler Vereinsebene, sie bilden auch einen nicht zu vergleichenden Rahmen als die vereinzelten tausend, die sich sonst zu früh ins Olympiastadion verirrt hatten. Das Spiel blieb ähnlich langweilig auch in der zweiten Hälfte, gewann aber ob des knappen Vorsprungs an Spannung und erhielt eine zusätzliche Nuance durch die erstaunlichen Leistungen der Jenaer Torfrau Jana Burmeister und den vielen Lattentreffern, die den 1:0 Endstand sicherten. Reeves und Co. blieben wenigstens für die FernsehzuschauerInnen im Hintergrund. Und es gab am Ende sogar glückliche Verliererinnen: die Jenaerinnen feierten ihren Erfolg im Mini-Pogo-Kreis am Rande des Spielfeldes.
Trotzdem bleiben kleine Fragen: woran liegt es wohl, dass ein solches Spiel es nicht schafft, das Stadion voll zu bekommen? Vielleicht an den beteiligten Teams? Vielleicht an der Anstosszeit? Wurde zu wenig Werbung gemacht? Der übertragende Fernsehsender (hier ZDF), auf dessen Wunsch die (zu) frühe Anstoßzeit beibehalten wurde, zeigt gegenüber den Vorjahren keine Besserung in der Programmierung: wieder keine richtigen Vorberichte, stattdessen werden im Kochstudio kurz vor Anpfiff teure Morcheln und Himbeer-Curry Desserts zubereitet. Immerhin gibt es einen erfrischenden Ausblick: am 20. Mai wird das Uefa-Cup Finale Potsdam-Lyon zur besten Fernsehzeit am Abend übertragen.
Freitag, 14. Mai 2010
My b/log has something to tell you about... Endlich frei!
Es spricht also eigentlich alles für einen erfolgreichen Pokal-Nachmittag. Den großen Wermuthstropfen bildet allerdings nach wie vor die Pokalhymne. Die alkoholgeschwängerten "Viva Colonia" Schlachtrufe von den Höhnern, gemischt mit der klischeeisierten Textversion von Shary Reeves werden einem wohl die Zeiten vor dem Anstoß, während der Pause und nach dem Abpfiff versauern. Als unbeholfene Notwehr gibt es ab sofort das "Anti-Dabei-Sei"-Poster zum ausdrucken und hochhalten, für alle, die am Samstag ins Stadion gehen.