Das Projekt Spielfeldschnitte
Pünktlich zur Fußball Europameisterschaft der Männer 2008 konnte man in Filialen einer großen deutschen Bäckereikette ein Kuchenstück erwerben, das sich als Alternative zu Bier in Plastikbechern verstand: ein Sahnetörtchen namens Spielfeldschnitte. Das Projekt Spielfeldschnitte nahm diese Beleidigung, diese Herausforderung und diesen Namen an. Seitdem verstehen wir uns als kreative und humorvolle Begleitung der deutschen Fußballnationalmannschaft und als längst fälligen Beitrag zu einer Frauenfußball-Kultur. Wir bieten nicht nur messerscharfe Analysen zu allen Länderspielen, wir sind die kulturwissenschaftliche Stimme in der Stille des Blätterwaldes, wir sind das Theater, das um den Frauenfußball aufzuführen ist, wir wollen die Welt verändern und schreiben darüber. „My (B)Log has something to tell you.“
(The Log Lady, Twin Peaks)
Donnerstag, 22. April 2010
Im Abseits: Hans Ulrich Gumbrecht über Kreativität im Frauenfußball
Neben zentralen Publikationen wie "Diesseits der Hermeneutik. Zur Produktion von Präsenz" oder "Die Macht der Philologie. Über einen verborgenen Impuls im wissenschaftlichen Umgang mit Texten" wird Gumbrecht vor allem durch "Lob des Sports" zu einem hochkarätigen Gesprächspartner für einen kulturwissenschaftlichen Blick auf Frauen- und Männerfußball.
Spielfeldschnitte: Lieber Herr Gumbrecht, vielen Dank, dass Sie sich die Zeit zu diesem Gespräch nehmen!
Hans Ulrich Gumbrecht: Aber gerne. Ich möchte dem auch sofort voranstellend sagen, dass ich ein großer Fan des Frauenfußballs bin. Ich weiß nicht, ob Sie mal in den Texten gelesen haben, in denen ich begeistert über den Frauenfußball spreche.
Spielfeldschnitte: Ich kenne Ihre lobenden Worte aus „Lob des Sports“.
Gumbrecht: Da weiß ich gar nicht mehr genau, was ich da geschrieben habe. Also ich denke, dass zumindest von ästhetischen Gesichtspunkten her der Frauenfußball interessanter ist als der Männerfußball.
Spielfeldschnitte: Ach, wirklich?
Gumbrecht: Ja, wirklich! Das wollte ich warnend vorausschicken, so dass Sie nicht denken, ich sag das jetzt um Ihnen eine Freude am Samstagmorgen zu machen. Ich meine, ich will Ihnen natürlich auch gerne Freude am Samstagmorgen machen. Aber es ist tatsächlich so. Es kann sein, dass es in „Lob des Sports“ auch schon steht. Das glaub ich erstens tatsächlich und zweitens steht das auch irgendwo. Aber das ist ja auch egal. Also, ich kann´s ja jetzt noch mal sagen.
Spielfeldschnitte: Was ist am Frauenfußball für Sie ästhetischer?
Gumbrecht: Naja, ich meine der Männerfußball hat natürlich in der ganzen Athletic Performance - also Schnelligkeit und Härte in der durchschnittlichen Qualität der Spieler - so ein Level erreicht, wo die eingefleischten Fußballfans sagen, das wird immer besser, wird immer besser, wird immer besser. Ich muss sagen, ich langweile mich. Ich langweile mich mittlerweile oft im Stadion beim Männerfußball. Das ist zwar alles gut und die einzelnen Spieler sind gut, und jede Bundesligamannschaft würde heute jeden Weltmeister von vor zwanzig Jahren schlagen, das steht außerhalb jedes Zweifels. Aber dadurch, dass diese Störungsfähigkeit schon bei der Ballannahme und die taktische Vorbestimmung des Spiels und überhaupt auch der Level von taktischer Reflexion schon so hoch ist, denke ich gibt es nur noch wenig Freiräume für Überraschungen. Das Interview zum Thema Kreativität kam zu einer schlechten Zeit, nämlich in der Messi Woche, und Messi ist tatsächlich in der Hinsicht ein Phänomen. Dann schießen auch mal Robbery also Ribery und Robben ein schönes Tor. Aber insgesamt finde ich verzehren sich die Männerspiele in einer beständigen wechselseitigen Neutralisierung. Der negative Faktor ist dann, auf der einen Seite die Ballsicherung. So wie dann die Bayern vor einigen Jahren vor der Abwehr von Manchester herumspielen wie im Handball. Und auf der anderen Seite frühes Stören, Lucio bei Inter zum Beispiel. Das hat ein Level an Perfektion erreicht, der der ästhetischen Erfahrung, der Schönheit des Spiels meine ich, nicht nutzt. Mein Argument wäre, dass so diese Teleologie unterstellt wird: je schneller desto besser und desto schöner. Das ist nicht wahr. Mein Vater sagte immer, der Klinsmann ist wie ein Leichtathlet, der zufällig einen Ball hat. Und trifft ihn auch manchmal, manchmal auch nicht. Mir hat neulich jemand auch als Reaktion auf dieses Zeit-Interview geschrieben, wie altmodisch ich doch sei und ich würde wohl noch von den Zeiten schwärmen, wo Beckenbauer und Maradona wie Pfaue durchs Mittelfeld gelaufen sind. Naja, ein bisschen schon. Und jetzt will ich nicht damit sagen, dass sie alle Fußballerinnen Pfauinnen sind. Aber ich denke, dass die Fähigkeit ab und an mit einem schönen Pass, mit einem schönen Dribbling individuell was zu gestalten, die Fähigkeit sozusagen überraschenderweise nach vorne zu spielen - die ist möglicherweise dadurch, dass der Frauenfußball, das soll nicht beleidigen, oft athletisch und auch vom Vorhandensein vieler vieler sehr sehr guter Spieler nicht so top ist, eher gegeben. Weswegen der Frauenfußball interessanter ist. Das ist also ein Paradox.
Das ist kein Wermuthstropfen, aber es ist ja auch klar. Es spielen unendlich mehr Männer Fußball, dadurch ist das athletische Niveau höher. Aber das ist auch der Punkt: dass bedeutet nicht, dass das Spiel schöner anzuschauen ist. Meine Universität Stanford zum Beispiel ist sehr gut im Frauenfußball. Die sind auch im Männerfußball nicht schlecht. Aber Männerfußball spielt in den USA überhaupt keine Rolle. Frauenfußball ist populärer. Wenn ich mich also frage, wo ich hingehe, wenn ich überhaupt am Sonntag nach dem American Football am Freitag noch zum Fußball gehe, dann gehe ich zum Frauenfußball. Und das ist eine gute Situation, weil die sind beide nicht schrecklich populär – I care about both – es ist beides an meiner Universität, es sind bei beidem viele Studenten, die ich kenne. Sagen wir mal die Frauen sind insgesamt national etwas besser, aber ich geh einfach lieber hin, um es mal so banal zu sagen, weil ich da besser unterhalten bin. Und das ist mein Argument, von dem ich dachte, das könnte eine Freude für Sie sein am Samstagmorgen.
Mittwoch, 21. April 2010
Gemeinsam in die Röhre schauen...
Es kommt uns fast ein bißchen wie Hohn vor, dass unser erstes gemeinschaftliches Frauenfußballschauen nicht etwa mangelnden Geldes, mangelnder Vorbereitung und fehlender location zum Opfer fällt, sondern schlicht und ergreifend ausfällt. Die Zeiten, in denen zur Not auch auf Grant gespielt wurde, sind wohl auch im Frauenfußball vorbei. Auch einen Ersatzgegner konnte man trotz intensiver Anfragen bei den Verbänden der Niederlanden, Frankreich, der Tschechischen Republik, Belgien, der Schweiz, Ungarn, Dänemark und Österreich nicht organisieren. Vielleicht fehlten aber auch die Anfragen an Luxemburg, Lettland und Liechtenstein. Trotz unserer unterstützenden Nachfrage bei Dynamo Dresden muss das Spiel jetzt ausfallen. Und leider wird es kein Spiel in nächster Zeit geben, welches uns erneut den Anlass bieten würde, eine Einladung zum gemeinsamen Schauen auszusprechen (das Spiel Deutschland - USA findet in Amerika und bei uns zu nachtschlafender Zeit statt). Es bleibt uns momentan also nur, im Herbst auf Russland zu hoffen. Wer morgen dennoch den Anstoßzeitpunkt (16.00 Uhr) mit uns verbringen möchte, der sei zu einem Besuch auf der Spielfeldschnitte eingeladen. Exklusiv veröffentlichen wir dann ein Interview mit dem Literaturwissenschaftler Hans Ulrich Gumbrecht über der Ästhetik des Frauenfußballs.
Arbeiten und nicht verzweifeln,
Rosa und Mayte
Dienstag, 20. April 2010
Wie geht`s jetzt weiter?
Mittwoch, 14. April 2010
my blog has something to tell you about... Zusammen schauen ist doch am schönsten!
Und warum? Um des Zusammen-seins-Willen. Scheinbar erst zusammen kann man wissen, welche Spieler man gut oder faul findet, welche Schiedsrichterentscheidung völlig an den Haaren herbei gezogen war, und vor allem: nur zusammen jubelt man lauthals, wenn Favoriten Tore schießen. Zusammen ist es halt am schönsten!
Zusammen Fußball schauen ist an fast jeder Ecke möglich. Aber Frauenfußball gemeinsam schauen ist viel schwerer. Natürlich auch vor allem, weil nur wenig Sender noch weniger Spiele zeigen. Wenn dann schon mal die Nationalmannschaft spielt, da fehlt es direkt wieder an der richtigen Kneipe, die das Einschalten wagt. Zugegebendermaßen haben die meisten zu den Kindergartenfreundlichen Spielzeiten noch gar nicht auf. Trotzdem muss sich auf dem Gebiet ein Jahr vor der WM im eigenen Lande jetzt etwas ändern!
Deshalb startet das Projekt Spielfeldschnitte eine Art Pilotprojekt Abseits vom Wohnzimmer und Vereinsheim. Wir laden am 22. April ab 15:30 in die Astra Stube in Hamburg um gemeinsam das Spiel Deutschland gegen Schweden zu gucken. Inmitten von Hamburg wollen wir uns treffen und zusammen zu Betrachtern werden.
Schon Vitruv wusste um den hohen Stellenwert der Wahl des Platzes für die Versammlung: "Denn die Männer, die mit ihren Frauen und Kindern ununterbrochen dasitzen, werden durch die Freude (am Spiel) gefesselt, und ihre Körper, die infolge der Spannung bewegungslos sind, haben offene Poren, in die der Luftzug eindringt, der wenn er aus sumpfigen oder anderen ungesunden Gegenden kommt, in ihre Körper schädliche Dünste eindringen lässt."
Die Gegend um die Astra Stube ist selbstverständlich sumpffrei und es weht ein angenehm frischer Stadtwind. Optimale Bedingungen also für Spannung und Freude. Auch vor den von Vitruv gefürchteten südlichen Einflüsse ist man hier bei optimaler westlicher Öffnung geschützt. Der Betrachter ist in seiner Situation vor allem Gefäß für die Substanzen des Universums. Und was bedeutet das in der Astra Stube? Klar, ein schönes kühles Astra. Prost!
"Man kann heutzutage (Männerfußball) und (Frauenfußball) visuell nicht mehr eindeutig unterscheiden. Über eine solche Unterscheidung entscheidet vielmehr der Ort, an dem der bestimmte (Fußball) ausgestellt wird." (Boris Groys)
Die Unterscheidung probieren, austesten, befragen. Frauenfußball in der Astrastube. Das ist wie Astra zum Kuchen. Oder Picknick unter der S-Bahn. Oder einfach nur zusammen schauen.
Samstag, 3. April 2010
Im Abseits: 39 Minuten Bundesliga
Spielfeldschnitte: Hanna Wernecke, unsere LeserInnen werden dich kaum kennen. Einige Sätze zu dir?
Hanna: Ich bin 24 Jahre alt und erst, muss man ja fast sagen, seit 14 Jahren Fußballerin. Ich habe ziemlich spät angefangen und zwar zusammen mit meinem Bruder, der 4 ½ Jahr jünger ist als ich. Jetzt arbeite ich als freie Künstlerin und Lichtdesignerin. Momentan lebe ich in Hamburg.
Spielfeldschnitte: Wir kennen dich als die Spielerin mit den wenigsten Minuten Einsatzzeit in der Bundesliga. 39, um genau zu sein. Wie kam es dazu?
Hanna: Mmm. Eine Geschichte aus dem Leben der Frauenbundesliga. Im Frühjahr 2006 kam es zu meinem ersten Einsatz für den FSV in der 1. Bundesliga, es folgten nur noch zwei weitere. Der FSV Frankfurt befand sich damals in Personalschwierigkeiten. Es gab viele Verletzungen. Viele Spielerinnen hatten das Team unter anderem wegen der Vereinspolitik verlassen. Über meine Trainerinnentätigkeit bei einer Mädchenmannschaft in Gießen lernte ich den damaligen Co-Trainer kennen. Weil der Cheftrainer oft nur 1-2 Auswechselspielerinnen zur Verfügung hatte, fragten sie mich schließlich, ob ich aushelfen könnte.
Spielfeldschnitte: Wie war Dein erstes Bundesligaspiel?
Hanna: Unspektakulär. Zuerst sah es so aus, als wenn ich mein Debüt gegen den FFC Frankfurt im Stadion am Brentanobad geben könnte. Gegen die ganz Großen und das auch noch im Derby! Leider gab es Probleme mit meiner Spielberechtigung und ich durfte nur zuschauen. Letztendlich fand ich das auch nicht so schlimm, ich glaube wir verloren 13:0 (A. d. R.: Endstand war 17:0).
Spielfeldschnitte: Was war damals los beim FSV?
Hanna: Ganz genau kann ich das gar nicht rekonstruieren. Aber die große Zeit des FSV war unbestreitbar vorbei. Mitten in der Saison teilte der Vorstand der Mannschaft mit, dass die Damen aufgelöst werden sollte. Das hieß also die Lizenz abgeben und das Team ganz aus dem Spielbetrieb zu nehmen. Das hat natürlich viele geschockt, trotz des deutlichen Klassenunterschieds wollten einige der treuen Spielerinnen auch in der 2. Liga weitermachen.
Spielfeldschnitte: Warum wollte der Verein die Lizenz nicht behalten?
Hanna: Der Fokus lag auf der damals noch drittklassigen Herrenmannschaft. Der Unterhalt der Damen wurde zu teuer und zu aufwändig. Außerdem konnte man von den Damen keine Gewinne im Sinne von Einnahmen erwarten.
Spielfeldschnitte: Auch ein Hauch von Diskriminierung?
Hanna: Als Außenstehende schwer zu sagen. Aber ich würde schon sagen, dass alle Beteiligten ungerecht behandelt wurden. Das geht von den Spielerinnen bis zu den Trainern. Vor allem an Ehrlichkeit hat es gemangelt. Ich war ja schon einiges an Vereinsmeierei gewöhnt, aber das was da passierte übertraf alles.
Spielfeldschnitte: Wenn man von Deiner Erfahrung ausgehend die zentrale Forderung nach Professionalisierung ins Auge fasst: Wie weit ist die Bundesliga heute?
Hanna: Ich glaube die Bundesliga formt sich langsam zu etwas. Man könnte fast sagen, dass sie langsam ein Gesicht bekommt. Das zum Glück auch immer mehr Leute anschauen wollen.
Spielfeldschnitte: Was für ein Gesicht?
Hanna: So genau kann man das noch nicht sagen. Aber das Niveau ist, auch wenn es nicht so wirkt, wirklich zusammengerückt. Neben dem FFC Frankfurt spielen jetzt auch Potsdam, Duisburg, Wolfsburg und München oben mit. Die Entwicklung ist dabei unheimlich schnell, auch wenn es auf den ersten Blick nicht so scheint. Die Spielerinnen, die vor 10 Jahren ihr Debüt gaben, würden heutzutage gar nicht zu einem Debüt kommen. Und die, die heute ihr erstes Spiel machen, würden in 10 Jahren nicht die Chance bekommen. Ich hätte mit meinem Niveau von 2006 vielleicht 1996 noch mitspielen können, aber eigentlich nicht 2006 und schon gar nicht 2010.
Spielfeldschnitte: Der FSV war doch über Jahre ein professionelles Team.
Hanna: Kommt drauf an, wie man professionell definiert. Den VIP und Pressebereich schmissen die Mutter einer Spielerin und die Mutter des Co-Trainers. Die Ausrüstung war abgenutzt und ihr Trikot musste jede Spielerin selbst waschen. Der Etat für Auswärtsspiele war klein, ich weiß nicht ob er sogar verkleinert wurde. Der früher immer angemietete Mannschaftsbus würde jedenfalls gestrichen und für einen halb so großen ersetzt, geschlafen wurde in der Jugendherberge und Essen musste jede selbst bezahlen. Wobei ich nicht sagen will, dass Smisek und Co. vielleicht früher beim FSV ihre Sachen nicht auch selbst waschen mussten. Nur heute wäre das nicht mehr denkbar. Der FSV hat den Anschluss verpasst.
Spielfeldschnitte: Wie ist deine Fußballkarriere nach 2006 weitergegangen?
Hanna: Im Sinne des aktiven Spielens: gar nicht. Trotzdem bin ich dem Fußball auf andere Weise treu geblieben. Seit 2009 betreibe ich einen Blog über den Frauenfußball. Da das Feld der medialen Repräsentation im Frauenfußball chronisch unausgereizt ist, gibt es viele Bereiche, in denen man sich sehr verdient machen kann. Wie seht ihr die Entwicklung?
Spielfeldschnitte: Die Entwicklung des Frauenfußballs scheint erstmal positiv. Nicht nur, dass man tatsächlich die meisten Nationalmannschaftsspiele im Fernsehen verfolgen kann, sich der Blick der Kamera auf die Spielerinnen professionalisiert hat und mehr Menschen ins Stadion kommen - in tatsächliche Stadien! Aber dazu gehören die Rückschritte genauso dazu: Bundesliga interessiert niemanden, der Slogan der WM 2011 ist „20Elf von seiner schönsten Seite“ und beim letzten Länderspiel in Duisburg ist ein Zweitligastadion nicht mal zur Hälfte voll gewesen. Man muss sich also neben aller Euphorie darüber, dass fußballspielende Frauen wenigstens auf der Ebene der Nationalmannschaft ernst genommen werden, immer wieder danach fragen: Warum wird z. B. Frauenfußball im Vergleich zum Frauenhandball wesentlich weniger rezipiert? Warum ist Fußball im Gegensatz zu anderen Sportarten wie Rudern oder Fechten in Deutschland geschlechtlich so unglaublich konnotiert?
Hanna: Wenn ihr das sagt: Meint ihr, dass Frauenfußball auch mal cool werden könnte, also auch eine Art Life-Style werden wie z. B. Fan von St. Pauli sein? Underdog und politisch obendrein?
Spielfeldschnitte: Das wäre vorstellbar. Derzeit gibt es keine wirklich offizielle Fankultur, die schönste Seite von 20Elf z. B. eine totale Kopfgeburt. Inoffiziell gibt es eine große Szene, aber da fragt man sich manchmal, ob die lieber in ihren Vorgärten bleiben würden. Während der 1. FFC ja fast schon ein Stadion bespielt, bolzen die HSV Frauen zwischen den Gartenzwergen ihrer Schrebergartennachbarn. Wer den Platz nicht kennt, findet ihn zwischen den ganzen Gartenhäuschen nicht... Und das Internet ist dann doch noch mal was anderes als eine Fangemeinde vor Ort. Beim Spiel HSV gegen Jena bestand der Jena-Block z. B. aus fünf Frauen. Das versteht man dann überhaupt nicht mehr, wenn man auf der Ebene von 40.000 Leute-Stadien Länderspiel-Pläne macht. Aber es hängt alles mit allem zusammen. Aber wir interessieren uns nicht so sehr für den Schritt, Frauenfußball überhaupt sichtbar und attraktiv zu machen für ein Massenpublikum, sondern eher für eine politische Sichtbarkeit. Und das geht nicht mit Hymnen wie „Ein Schuss und die Pille ist drin“. Die WM 2011 stellt allerdings, da machen wir uns nichts vor, die generelle Frage.
Hanna: Braucht es dafür die biersaufende grölende Frau?
Spielfeldschnitte: Du meinst im Gegensatz zu der Idee des WM OK: Frauenfußball, das Event für die ganze Familie? Im Gegenteil: Es wäre doch eigentlich super, wenn ein Rudel aus grölenden, besoffenen Langhaarmüttern die Stadien bevölkern würde, während genervte Väter zu Hause erstmals ihre Kinder beaufsichtigen würden. Nein, Scherz beiseite, was ist die Frage?
Hanna: Naja, wer ist denn der Zuschauer vom Frauenfußball?
Spielfeldschnitte: Tja, das wird sich noch herausstellen. Um diese Frage quasi empirisch zu erforschen, werden wir ab sofort auch Live-Übertragungen organisieren: Am 22.4. z. B. schauen wir das Spiel Deutschland gegen Schweden gemeinsam mit allen, die vorbei kommen in der Astra Stube in Hamburg. Ab 15.30 Uhr. Mit Bier! Kommst du?
Hanna: Klar. Voll cool!