Das Projekt Spielfeldschnitte
Pünktlich zur Fußball Europameisterschaft der Männer 2008 konnte man in Filialen einer großen deutschen Bäckereikette ein Kuchenstück erwerben, das sich als Alternative zu Bier in Plastikbechern verstand: ein Sahnetörtchen namens Spielfeldschnitte. Das Projekt Spielfeldschnitte nahm diese Beleidigung, diese Herausforderung und diesen Namen an. Seitdem verstehen wir uns als kreative und humorvolle Begleitung der deutschen Fußballnationalmannschaft und als längst fälligen Beitrag zu einer Frauenfußball-Kultur. Wir bieten nicht nur messerscharfe Analysen zu allen Länderspielen, wir sind die kulturwissenschaftliche Stimme in der Stille des Blätterwaldes, wir sind das Theater, das um den Frauenfußball aufzuführen ist, wir wollen die Welt verändern und schreiben darüber. „My (B)Log has something to tell you.“
(The Log Lady, Twin Peaks)
Montag, 8. Juni 2015
Coaching Zone: Deutschland - Elfenbeinküste
Tja, was mag man nach so einem ersten Spiel wohl schreiben. Deutschland gewinnt Zehn zu Null gegen die Elfenbeinküste und wir fühlen uns an das erste Gruppenspiel 2007 gegen Argentinien erinnert, auch Zweistellig, auch wenig aussagekräftig über die Form des deutschen Teams. Immerhin wurden sie damals Weltmeisterin, was wir mal als gutes Omen werten.
Nadine Angerer hatte in der ersten Hälfte vielleicht gerade mal 5 Ballkontakte und auch sonst war die Überlegenheit über die 90 Minuten hinweg immer wieder deutlich spürbar. Überlegenheit heißt ja aber nicht unbedingt, dass das Spiel auch schön war. Eigentlich war es eher wie ein mittelinteressantes Trainingsspiel, in dem ein Team dem anderen klar überlegen ist und dementsprechend viele Tore schießt. Und in dem es trotzdem immer wieder zu desorientiertem Gekruschtel vor dem Tor der Stärkeren kommt, weil kein richtiger Spielfluss entsteht, kein Spielaufbau und sich die Abwehr dann doch ab und zu mal überraschen lässt um dann wiederum über ihre technische Überlegenheit die Situation zu klären. Auf der anderen Seite fallen die Tore vor allem durch Überlegenheit im Stellungsspiel und Passspiel und es hätten natürlich auch heute insgesamt mehr sein können.
Célia Šašić, in der Aufstellung als Da Mbabi angekündigt (haben wir was verpasst?), steuert derer drei bei und darf sich dann zur Belohnung ausruhen. Anja Mittag macht es ihr nach und muss noch weiterspielen. Alex Popp vergibt eine Chance nach der nächsten und hat spätestens ab der 32. Minute einen riesigen Hals darüber, dass der Ball einfach nicht rein will. Sechs Minuten vor Schluss korrigiert sie dieses Missverhältnis durch einen präzise geschossenen Freistoß zum 10-0, den die Torfrau Thiamale aufgrund ihres miserablen Stellungsspiels aber auch niemals hätte halten können.
In Hälfte Zwei gibt´s aber vor allem auf die Knochen und Silvia Neid rauft sich an der Seitenlinie die frisch geschnittenen Haare bei der Vorstellung, dass ihr Team sukzessive die Kältekompressen angelegt bekommt. Auch hierin zeigt sich ein Niveauunterschied: Wenn ein Team einfach konstant zu spät kommt und statt Ball Beine trifft. Leupolz muss deshalb früh raus, später auch Laudehr und so bekommen Petermann und Däbritz die Chance zum Zusammenspiel zum 8-0 in der 75. Minute und freuen sich niedlicherweise so doll, als wär es entscheidend. Hatte aber auch irgendwie ein nostalgisches Moment, schließlich standen beide vor einem Jahr gemeinsam mit der U-20 in Kanada im Finale der WM.
Irgendwie besonders toll fanden wir Tabea Kemme. Die war herrlich unaufgeregt präsent und fokussiert. Irgendwie besonders enttäuscht waren wir von Claudia Neumann. Erst fragte sie sich ob Kemme, Azubi zur Polizeikomissarin, heute wohl noch jemanden verhaften werde (haha..). Dann stellte sie fest, dass warm machen bei 25 Grad ja gar nicht nötig sei. Aber vielleicht war es für sie auch eher ein Trainingsspiel, wir hoffen auf Leistungssteigerung. Irgendwie unterfordert war Nadine Angerer. So sehr, dass sie in der 80. Minute vielleicht dachte, dass Spiel sei schon vorbei, und eine hohe Flanke durch die Handschuhe rutschen ließ. Hätte eigentlich mal der Ehrentreffer für die Ivorerinnen werden sollen, ging aber über die Latte. Glück für Angerers Statistik.
So sind wir nach Spieltag Zwei noch nicht so richtig in der WM angekommen. Aber vielleicht liegt das am Jet Lag, der doch noch etwas länger braucht und in dem wir jetzt auch mittendrin stecken, wenn wir die nächsten Wochen die Nacht zum Tag machen. Das fällt jedenfalls leichter, wenn es dann auch was Spannendes zu sehen gibt.
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