Das Projekt Spielfeldschnitte

Pünktlich zur Fußball Europameisterschaft der Männer 2008 konnte man in Filialen einer großen deutschen Bäckereikette ein Kuchenstück erwerben, das sich als Alternative zu Bier in Plastikbechern verstand: ein Sahnetörtchen namens Spielfeldschnitte. Das Projekt Spielfeldschnitte nahm diese Beleidigung, diese Herausforderung und diesen Namen an. Seitdem verstehen wir uns als kreative und humorvolle Begleitung der deutschen Fußballnationalmannschaft und als längst fälligen Beitrag zu einer Frauenfußball-Kultur. Wir bieten nicht nur messerscharfe Analysen zu allen Länderspielen, wir sind die kulturwissenschaftliche Stimme in der Stille des Blätterwaldes, wir sind das Theater, das um den Frauenfußball aufzuführen ist, wir wollen die Welt verändern und schreiben darüber. „My (B)Log has something to tell you.“
(The Log Lady, Twin Peaks)

Freitag, 1. Juni 2012

Coaching Zone: Deutschland - Rumänien



Deutschland gegen Rumänien, was soll man von so einem Spiel halten. Es ist ungleich von vornherein, jedoch ist diesen aufstrebenden Fußballnationen nicht so ganz zu trauen – weder ihren angeblichen Stärken noch Schwächen. Rumänien hat es in die Qualifikationsrunde geschafft, das ist ein Kampfgeist, den muss sich Deutschland nicht mehr beweisen – das kann auch gefährlich werden.

Heimspiel für die deutsche Elf in Bielefeld. Der Regenschauer setzt pünktlich zum Anpfiff ein und hält sich tapfere 91 Minuten. Die Neidfraktion mit vielen Kranken und Verletzten tritt mit dem „B- Sturm“ (O-Ton von Kommentator Bernd Schmelzer) auf: die Jungen Alexandra Popp und Jennifer Marozsan dürfen von Anfang an ran. Noch macht man es sich gemütlich vor dem Livestream, holt sich schnell ein Wasser und schon ist das erste Tor verpasst: nach nur 46 Sekunden und einer wunderschönen Flanke von Popp köpft Bresonik das 1:0. Ein Auftakt, den sich Silvia angeblich wünschte. Ganz ehrlich, welcher Trainer wünscht sich das nicht. Die Deutschen nun motiviert – man hätte noch nicht merken können, ob sie es davor nicht waren. Doch nun erhofft man sich weitere Brillanz. Über die Flanken kommt ordentlich Druck. Bresonik hat nun wirklich „etwas verstanden“, denn sie spielt ein Spiel ihres Lebens, das hat man lange nicht mehr von ihr gesehen. Mal rechte Seite, mal linke. Behringer und Bresonik wechseln sich stetig ab, zusammen mit Laudehr. Zur Flexibilität der Einsätze hat sich wohl eine Flexibilität der Positionen gesellt, die mit jedem Wechsel die komplette Aufstellung umstellt. Man sollte bei diesem Spiel eher von Umstellung als Aufstellung sprechen. Ein Trend, dem vom Trainergespann schon seit längerem gefolgt wird. Soll die „wer kommt mit“ Frage dadurch warm und spannend gehalten werden? Hat Silvia zu viele Gute und weiß nicht recht, wie zu verteilen und wohin zu stellen? Neben möglichen Vorteilen, nimmt sie sich durch das viele Rotieren auf jeden Fall auch Spielerinnen von ihren starken Positionen. Ein Beispiel wäre hier Simone Laudehr. Die eigentlich in ihrem Spiel zuverlässige routinierte Spielerin hat seltene gute Situationen und kommt durch die Positionsrotation nicht in ihr Spiel. Eine in die Offensive ziemlich schwache Partie zeigte auch die Doppelsechs Viola Odebrecht.

Nach dem starken Auftakt eine 30minütige Durststrecke, die viel länger vorkommt. Viele Fehlpässe auf beiden Seiten, wenig Motivation. Seltene gute Szenen zeigen sich, wenn die deutsche Elf über die Flanken reinspielt oder die Stürmerin Rus der Rumäninnen den Ball bekommt. Doch dann das verdiente zweite Tor für Deutschland von Alexandra Popp nach einer super Vorlage von Marozsan. Beide jungen Stürmerinnen danken heimlich den Ausfällen und unheimlich Neid ihre Aufstellung, denn schon wenige Minuten später fällt das 3:0 durch Marozsan. Zwar war das Tor weniger souveränes Können der Stürmerin als gröbste Fahrlässigkeit der nur 17 Jahre alten Torfrau, die gerade mal ihr drittes Länderspiel absolviert, aber es freut als Belohnung für eine gute Partie. Es ist für Rumänien ein sehr ärgerliches Tor, jedoch muss man hier anführen, dass in diesem Fall Andreea Paraluta auch keinerlei Unterstützung ihrer Viererkette hatte. Es folgten noch zwei weitere Treffer von Popp, die gerade in der zweiten Hälfte stetig aufs Tor zuging und gute Chancen zeigte. Auch Babette Peter kam allmählich ins Spiel und lieferte ein paar gute Flanken vors Tor.

Insgesamt kein großartig überraschender Spielausgang, die Fahrlässigkeit in der ersten Hälfte konnte Rumäniens Paraluta mit ein paar guten Paraden wieder „wett“ machen. Ein bisschen flau waren mal wieder die Schiedsrichterinnen, was schlechte Erinnerungen an die vergangene WM aufruft – beim Tor in der 49min. war Bresonik deutlich im Abseits und auch die sich gegen Ende häufenden Fouls wurden teilweise in ihrer Grobheit sehr unterschätzt. Rumänien zeigte sich unerfahren, aber willensstark und konditionell einwandfrei (ich würde so etwas nicht für bemerkenswert halten, aber angeblich wurde von einigen auf diese ihre ehemalige Schwäche gesetzt). Eine solide Partie der deutschen Elf, aber Silvia Neid sollte ihre Umstellungsstrategien noch mal überdenken. Gegen erfahrenere Mannschaften kann man sich Experimente mit starken Spielerinnen auf für sie ungünstigen Positionen nicht leisten.


Zu Gast in der Coaching Zone heute: Jones

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