Das Projekt Spielfeldschnitte

Pünktlich zur Fußball Europameisterschaft der Männer 2008 konnte man in Filialen einer großen deutschen Bäckereikette ein Kuchenstück erwerben, das sich als Alternative zu Bier in Plastikbechern verstand: ein Sahnetörtchen namens Spielfeldschnitte. Das Projekt Spielfeldschnitte nahm diese Beleidigung, diese Herausforderung und diesen Namen an. Seitdem verstehen wir uns als kreative und humorvolle Begleitung der deutschen Fußballnationalmannschaft und als längst fälligen Beitrag zu einer Frauenfußball-Kultur. Wir bieten nicht nur messerscharfe Analysen zu allen Länderspielen, wir sind die kulturwissenschaftliche Stimme in der Stille des Blätterwaldes, wir sind das Theater, das um den Frauenfußball aufzuführen ist, wir wollen die Welt verändern und schreiben darüber. „My (B)Log has something to tell you.“
(The Log Lady, Twin Peaks)

Freitag, 1. Juli 2011

Coaching Zone: Deutschland - Nigeria

 
Es ist ja schließlich doch auch so, dass man bei manchen Partien die rosarote Brille aufhat. Da kann dann ein schöner Spielzug mit anschließendem Kopfballtor das gesamte Spiel in ein gutes Licht tauchen. Und dann macht es auch nicht mehr viel, wenn das Gegentor unbestreitbar Klasse war - Hauptsache gewonnen, wenn auch knapp.
Beim gestrigen Glückssieg konnte auch der rosarote Zwicker nichts mehr retten, er wurde stumpf, zerkratzt, zertreten. Die neunzig Minuten fühlten sich an wie fünf Saunagänge zu viel mit anschließender Bestrafung durch stundenlanges Kneipen.

Nachdem einige Favoritinnen dieser WM in den ersten Spielen ihre Favoritinnenrolle anscheinend noch verheimlichen wollten, dachte sich das deutsche Team wohl, das sei DIE Strategie des Turniers. Nicht zu gut spielen, damit die anderen keine von den geheimen Finten, Tricks und Qualitäten ausspionieren können. Oder wie erklärt sich die magere Darstellung auf dem Platz?

Hier eine andere Theorie: Das deutsche Team ist mit der Aura der einzigen Favoritinnen dieser WM in das Turnier gegangen und war auf ungebrochenen Respekt eingestellt. Pressing der Gegnerinnen also frühestens ab der Mittellinie. Die Verzweiflung war Nadine Angerer anzusehen, als sie immer wieder nach den nicht vorhandenen Anspielstationen suchte. Keine Freiräume für die Innenverteidigung zum Spielaufbau. Keine Freiräume für das Mittelfeld zum schnellen Angriff und breitem Spiel. Keine Freiräume für die Stürmerinnen zum Torschuß. Anscheinend eine Überraschung, die das gesamte Spiel des Teams aus dem Konzept brachte - den Atem der Gegnerinnen stets im Nacken, sind sie das nicht mehr gewöhnt?

Eucharia "Ricardo Tubbs" Uche und Thomas "Sonny Crockett" Obliers (der zwischenzeitlich von Bartels quasi zum Chefcoach geadelt wurde) richteten sich nach der Miami-Vice-Taktik der schnellen Bildfolgen und harten Schnitte. Und das Team um Birgit Prinz kam arg ins Schleudern. Nigeria stand eng, machte die Räume dicht und gab Deutschland so gut wie keine Möglichkeit zum Spielaufbau. Fehlen in einer solchen Situation dann die herausragenden Einzelspielerinnen, die sich einfach mal den Ball schnappen und die Gegnerinnen im Alleingang aushebeln? Symptomatisch dann das entscheidende Tor: Stocherei im Strafraum in der 53. Minute, der Ball fällt Simone Laudehr vor den Fuß und irgendwie bugsiert sie ihn ins Netz. Alles aus einem Gefühl, mit dem Rücken zur Wand zu stehen und der Not, irgendwoher noch etwas Luft zu bekommen. Simone Laudehr zählte sicherlich noch zu den wenigen Spielerinnen, denen es ab und zu gelang etwas zu Atem zu kommen. Noch größerer Wermutstropfen (wenn das überhaupt geht): Melanie Behringer musste nach einem Zusammenstoß schon in der 31. Minute verletzt vom Platz und direkt ins Krankenhaus. Mittlerweile gibt es Entwarnung, die Verletzung im Sprunggelenk ist nicht so schlimm wie befürchtet.

Wer hätte gedacht, dass ausgerechnet Nigeria dem deutschen Team solche Schwierigkeiten bereiten würde? Selbst wenn der Einzug ins Viertelfinale mit dem Sieg gesichert wurde, nach der tollen Leistung von Frankreich im Spiel gegen Kanada ist eine eventuelle Niederlage im letzten Gruppenspiel zu befürchten.

Vielleicht noch etwas Positives zum Spielverlauf: Die übermotivierten Stadionbesucher der WM fingen wieder pünktlich zum Anpfiff mit dem üblichen Programm der Laola-Welle an. Zur Halbzeitpause gab es dann allerdings Pfiffe, wie auch in der zweiten Hälfte (dort allerdings für die Schiedsrichterin). Beruhigend, dass die Fans vor Ort ihr Repertoire erweitern.

Der Schiedsrichterin die Gretchen Frage: Wie hälst Du es mit der gelben Karte? Oder mit der Pfeife? Oder mit den Fußballregeln? Und noch viel wichtiger: Wie hälst Du es mit den Fußballregeln?!?

1 Kommentar:

  1. nö. *augenzukneif*

    ich les das jetzt nimmer. ist ja schon überholt. das Spiel war ja schon gestern.

    .-P

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