Das Projekt Spielfeldschnitte

Pünktlich zur Fußball Europameisterschaft der Männer 2008 konnte man in Filialen einer großen deutschen Bäckereikette ein Kuchenstück erwerben, das sich als Alternative zu Bier in Plastikbechern verstand: ein Sahnetörtchen namens Spielfeldschnitte. Das Projekt Spielfeldschnitte nahm diese Beleidigung, diese Herausforderung und diesen Namen an. Seitdem verstehen wir uns als kreative und humorvolle Begleitung der deutschen Fußballnationalmannschaft und als längst fälligen Beitrag zu einer Frauenfußball-Kultur. Wir bieten nicht nur messerscharfe Analysen zu allen Länderspielen, wir sind die kulturwissenschaftliche Stimme in der Stille des Blätterwaldes, wir sind das Theater, das um den Frauenfußball aufzuführen ist, wir wollen die Welt verändern und schreiben darüber. „My (B)Log has something to tell you.“
(The Log Lady, Twin Peaks)

Dienstag, 7. Juni 2011

Coaching Zone: Deutschland - Niederlande

  
Vielleicht sollte man statt WM 2011 zukünftig lieber gleich von dem "Sommer der Lira Bajramaj" sprechen, jedenfalls werden die Moderatoren nicht müde sich über Bajramaj und ihre wahnsinnig überirdische Berühmtheit auszulassen. Zumindest stand sie heute im Testspiel gegen die Niederlande anders als im letzten Spiel in der Startelf - Behringer auf der Bank. Die angeschlagene Linda Bresonik wurde durch Bianca Schmidt ersetzt (für uns auch eine Top-Kandidatin für die Viererkette). Statt Inka Grings spielte Celia Okoyino da Mbabi von Beginn in der Sturmspitze und schoß auch prompt in der 15. Minute das 1:0 nach einer schönen Vorbereitung von Birgit Prinz (die sich mittlerweile zur brillanten Ballverteilerin entwickelt). Mbabi machte flott weiter, sorgte immer wieder für Tempo und Bewegung, auch nach ihrem Wechsel auf die rechte Seite in der zweiten Halbzeit. Umgeben von den leeren Rängen in Aachen (Schmelzer: "Ganz tolle Atmosphäre, Vorfreude pur auf die WM") stellte sich für den Sturm lediglich die Frage, wen soll man da bloß als erste spielen lassen?

Bajramaj, Bajramaj, Bajramaj. Weil alle dauernd und zuerst über Bajramaj reden, machen wir das doch einfach auch mal. Ihre Stärke, ja Virtuosität im Zweikampf konnte sie heute leider nicht so wirklich ins Bild setzen. Dafür fehlten dann immer wieder ein paar kräftige Flanken und Torschüsse a la Behringer von der linken Seite. Die kam zur zweiten Hälfte, konnte Bajramajs Leistungsvorlage aus der ersten Hälfte aber auch nicht überholen, sondern lediglich aufholen. Es kommt wohl zu weitere Episoden von "Bajramaj vs. Behringer". Das Duell wird weiter spannend bleiben.

Insgesamt gab es über die Gegnerinnen aus den Niederlanden nicht sehr viel zu sagen. "Das schönste Gesicht des holländischen Frauenfußballs" jauchzte dann Bernd Schmelzer über Mandy van den Berg, erzählte eine Anekdote über den Tigerenten-Klub und freute sich wie Günter Kastenfrosch, dass ihm doch noch was eingefallen war.

Das Ziel mit den beiden nah auf einander folgenden Testspielen den Turniermodus auszutesten ließ sich zumindest in der ersten Hälfte nicht so ganz vereinbaren mit einer gewissen Laxheit im Spiel. Beispielhaft die Szene aus der 24. Minute: Krahn spielt einen langen Ball in den Rücken von Peter, die sich den Ball gerade noch vor der Linie errennen kann. Pass zu Bartusiak, die auf die rechte Seite zu Schmidt spielt, wieder in den Rücken, wieder muss der Ball errannt werden. Und all das ohne ernstzunehmenden Druck der Niederländischen Offensive. Silvia Neid tobte am Spielfeldrand. Es wurde viel getrabt - auch aus Angst vor Verletzungen? Jede will natürlich jetzt bis zum 26. Juni fit bleiben. Im Sturm konnte man wie gesagt weniger Probleme vermelden, höchstens Abschlussprobleme. Mbabi ackerte und ließ gute Torschüsse sehen, auf der Bank wartete Popp erneut darauf sich zu beweisen, direkt dahinter lauerte Müller genauso wie Grings. Aber es wäre ja auch eine gewaltige Umstellung, wenn sich plötzlich die Abwehrreihe und nicht der Sturm als das makelloseste Schmuckstück des Teams präsentieren würde.
Aber die Abschlussprobleme.. Zum Glück funktionierte es manchmal nach den verkorksten Versuchen dann doch. So auch in der 42. Minute - der Ball landet nach einigen kläglichen Torschussversuchen bei Simone Laudehr die ein technisch wunderschönes Tor zum 2:0 reinhaut. Laudehr und Kulig scheinen für die Startelf gesetzt, in konstant solider Leistung räumen sie nicht nur vor der Abwehr auf, sondern auch vor dem Strafraum ab.

Zur zweiten Hälfte wechselte Silvia Neid gleich vier Mal und es wurde in der Offensive prompt sukzessive gefährlicher. Die eingewechselte Alexandra Popp traf in der 70. Minute zum 3:0. (Unsere Reaktion: Wir rufen sofort bei der Sportschau an und nominieren den Treffer zum Tor des Monats! Die Dame im Hauseigenen Callcenter versteht unser Anliegen nicht, lässt uns an einem Mercedes-Gewinnspiel teilnehmen und packt uns danach in die Warteschleife. Zu "My Heart Will Go On" feiern wir weiter Popps linken Hammer.) Diese Szene wollte Kim Kulig wohl nicht nicht unkommentiert lassen und donnerte vier Minuten später das 4:0 rein, mit ähnlicher Kraft hinter dem Ball, aber 15 Meter näher am Tor. Schließlich dann noch das 5:0 in der 86. Minute durch Inka Grings mit dem Auge aller Augen. Ihr Freistoß segelte um die Mauer, weiß nichts von irgeneiner Torhüterin und setzte sich geschmeidig vom Innenpfosten weiter ins Netz. Perfekter kann man einen Freistoß nicht schießen.

Wieder also ein torreicher Sieg, der hoffentlich der Bundestrainerin viele Fragen zur Weltmeisterschaft beantworten konnte. Aber letzten Endes ist das Team aus den Niederlanden nicht mit den Kanadierinnen oder den Franzosen zu vergleichen. Wen auch immer Neid zur WM aufstellen wird, der "echte" Turniermodus entscheidet, ob die Spielfreude einer Mbabi oder Popp zur Entwicklung kommen kann und ob sich der ein oder andere Abwehrschnitzer, den man heute sehen konnte, nicht doch Spielentscheidend auswirkt. Empfehlungen für den nächsten Lehrgang könnten sein: Einstimmung Viererkette (Überraschung!). Und: Genaue Koordinaten des gegenerischen Tors einprägen.

2 Kommentare:

  1. Also das schönste Gesicht des holländischen FF war nicht Mandy, sondern Anouk!!!

    Und LIRA spielte schwach, und das darf man dann auch so schreiben!!!
    Mel.B war heute klare Gewinnerin des Zweikampfes!!!

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  2. Wer hat denn das schönste Gesicht bei den Herren gehabt?

    Und warum schaut meine Frau Männerfußball nur, wenn die Italiener spielen? :-)

    Wieso hat vor einigen Jahren niemand nen Skandal draus gemacht, als die Kommentatoren Wolf-Dieter Poschmann und sein ebenso anscheinend hormongetriebender Co-Kommentator beim Siebenkampf der Frauen immer nur gemeckert haben, dass die Athletin Sabine Braun immer so griesgrämig guckt und nie mit der Kamera flirtet, während sich ihre Stimmen regelmäßig überschlugen, wenn (die später des Dopings -vielleicht macht Doping ja hübsch?!- überführte) Susen Tiedke in den Sand hüpfte?
    Den gesamten Nachmittag war die "Hässlichkeit" der im Klassement führenden (!) Frau Braun das Thema anstatt ihre sportliche Leistung.

    ah.. Fußball... ja, ich vergaß auch fast, worum es geht:

    Mögen den hoffnungsvollen Titelverteidigerinnen während des Turniers nicht nur Siege gelingen über die konditionelle und athletische Überlegenheit in der Schlussviertelstunde...

    Michi

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