Das Projekt Spielfeldschnitte

Pünktlich zur Fußball Europameisterschaft der Männer 2008 konnte man in Filialen einer großen deutschen Bäckereikette ein Kuchenstück erwerben, das sich als Alternative zu Bier in Plastikbechern verstand: ein Sahnetörtchen namens Spielfeldschnitte. Das Projekt Spielfeldschnitte nahm diese Beleidigung, diese Herausforderung und diesen Namen an. Seitdem verstehen wir uns als kreative und humorvolle Begleitung der deutschen Fußballnationalmannschaft und als längst fälligen Beitrag zu einer Frauenfußball-Kultur. Wir bieten nicht nur messerscharfe Analysen zu allen Länderspielen, wir sind die kulturwissenschaftliche Stimme in der Stille des Blätterwaldes, wir sind das Theater, das um den Frauenfußball aufzuführen ist, wir wollen die Welt verändern und schreiben darüber. „My (B)Log has something to tell you.“
(The Log Lady, Twin Peaks)

Donnerstag, 31. Dezember 2009

Logo-Vorschlag #4

Der Wettbewerb für ein alternatives Logo zur WM 2011 ist morgen beendet.
Am 28. April haben wir unser erstes alternatives Logo veröffentlicht, in der Hoffnung einer offensiven Auseinandersetzung mit dem offiziellen Motto "20Elf von seiner schönsten Seite", das uns ein Dorn im Auge ist. Im Anfang stand die Idee, unsere Vorschläge durch die Kommentare unserer LeserInnen stetig weiter zu entwickeln. Wir haben drei Logos entwickelt und uns mit unserer fleißigsten Kommentatorin djane darüber verständigt. Keines der Logos konnte unseren Ansprüchen genügen: irgendwas war immer zu sehr, zu beliebig, zu dekorativ, zu verkopft, zu klischeesiert und insgesamt leider auch zu wenig. Der Dialog, den wir uns gewünscht hatten, ist eingetreten. Aber die Krise, die wir ersehnt hatten, durch eine Vielzahl entrüsteter, einsatzbereiter Stimmen, ist ausgeblieben. Im Anfang dachten wir, unsere Kreativität würde sich durch einen solchen Konflikt entzünden. Nun haben wir kurz vor zwölf noch ein kleines Flämmchen entfacht – am Scheitern einer Idee.
Der Contest um das inoffizielle Logo der WM empfielt, selbiges möge ohne Schrift auskommen. Wir kamen von diesem Aspekt eines Logos aber nicht ab: wir möchten verzichten auf geschlechtlich konnotierte Figuren, Fußbälle oder Pokale. Viel mehr reizt uns, Schrift selbst als mediale Form, bildlich-visuell zu begreifen, als Schrift-Bild. Walter Benjamin beschreibt Handschrift als ausdrucksvolle Spur der Körpergeste. Aber nicht als ein konkretes, ontologisch ausdeutbares Körperzeichen, sondern vielmehr als etwas schlussendlich Unübersetzbares. Die Spur der Körpergeste in der Handschrift ist kein decodierbarer Text, „sondern das Bild, das wir schreibend in unsere Handschrift wickeln“. Die Handschrift unterläuft den Repräsentationscharakter von Schrift – obgleich sie ihren symbolischen Gehalt nicht verlieren, liefert sie immer schon ein mehr wie ein weniger mit. Gestische Texte sind solche, die den inszenatorischen Charakter ihrer Sinnangebote offenlegen. So kleiden wir unseren kritischen Alternativvorschlag in ein schriftbildliches Kostüm mehrer Schichten. Dies also unsere letzte Geste 2009. Morgen ist 2010 und damit fast schon 2011!

Montag, 28. Dezember 2009

My b/log has something to tell you about... music!

Liebe Freundinnen und Freunde des gepflegten Musikgeschmacks, wie oft schmerzten euch schon die empfindsamen Hörorgane im Fußballstadion? Fühlt man sich doch nicht selten wie auf einer jener Gays&Friends Partys, auf denen Gloria Gaynors „I will survive“ nur kurzweilig von Rosenstolz, Melissa Etheridge und Village People unterbrochen wird... Nicht besser verhält es sich mit der Musikproduktion zum Thema Fußball – und der Frauenfußball siecht in den seichtesten Gewässern dieser Landschaft vor sich hin (siehe hier, sowie hier).

Pünktlich zu spät zu Weihnachten möchte das Projekt Spielfeldschnitte auf die tonalen Missstände reagieren und präsentiert das erste Frauenfußballbegleitalbum. Im Stile eines Soundtracks versammelt es eine Auswahl würdiger zu gröle
nder, zu singender und zu flötender Songs. So gerne wir dieses Schmuckstück auch „Ein Kick und die Pille ist drin“ genannt hätten (im Stile der Frauenfußballbegleitmusikhistorie) so möchten wir die Gelegenheit doch lieber nutzen, um pünktlich zu spät auf die Ehrung der deutschen Fußballfrauen als „Team des Jahres 2009“ zu reagieren. Der eigentliche Preis firmiert natürlich eigentlich unter anderem Titel. Auf den Spuren von Gratulant Horst Köhler wandelnd („Da geht es nicht ums große Geld!“) möchten wir dem besten Team der Welt nicht mit einem Kaffee Service, sondern mit unserem „Musik Service“ gratulieren, zum Kaffee mit Freundinnen und Schnitte sozusagen. Doch wie es sich eben dort verhält, wo es nicht ums große Geld geht, ist diese CD leider mehr Schein als Sein. Für alle, die zukünftig Daheim oder im Stadion mitsingen können möchten heißt es, diese Playlist eigenständig zu befüllen. Zum ausdrucken gibt es immerhin das exklusive Spielfeldschnitten CD-Cover. Einfach die Bilder runterladen, ausdrucken, ausschneiden, fertig. Und dann auf ins Stadion!



















Hip Hip Hurra
// Die Ärzte //
Von der offiziellen Pokalhymne 2010 kann man sich nichts kaufen, schon gar keine gute Stimmung. Dabei ist alles an dem Finale 2010 gut: Endlich nicht mehr leere Ränge im Regen, 99 % der zahlenden Fans kommen nicht erst zum Abpfiff, der Jubel der Spielerinnen beim Tor ist diesmal leiser als der der mitgereisten UnterstützerInnen. Jetzt also endlich ein eigenständiges Finale. Hier unsere hedonistische Pokalhymne!

Hot Summer
// Monrose //
Vorschlag für einen WM Hit aus der Popkonserve. Wir sagen: wennschon, dennschon! Monrose ist so ziemlich das schlimmste, was dem deutschen Pop seit den No Angels passiert ist. Schlimmer kann es fast nicht mehr werden. Doch bringt es die Sache auf den Punkt. Lustvolle Subversion durch Affirmation!

Big Girl (you are beautiful)
// Mika //
Unsere Antwort auf die schönste Seite von 20Elf.

They don’t really care about us
// Michael Jackson //
Schon Michael Jackson hat das Problem erkannt: „Am I invisible because you ignore me?“ Großartiger Song, um den Missständen im Frauenfußball königlich entgegenzutreten.

Du schreibst Geschichte
// Madsen //
Für Birgit Prinz im speziellen. Für viele fußballspielende Frauen im weiteren. „Doch du lebst länger als ein Leben lang // du bist das womit alles begann. // Denn du schreibst Geschichte, // mit jedem Schritt, // mit jedem Wort setzt du Sie fort. // Du schreibst Geschichte, // an jedem Tag, // denn jetzt und hier bist du ein Teil von ihr.“

Wir werden siegen
// Peter Licht //
Wunderschön unaufgeregte Zukunftsvision. Unsere Alternative für die stets unangenehm anmutenden „Sieg“-Rufe, die so oft durch die deutschen Stadien hallen. „Dann werden wir eben siegen... Sie... sie... sie... siegen“

Limit
// Deichkind //
Dass unsere Nationalspielerinnen turbomäßig ungeschlagen sind, wissen wir spätestens seit der WM 2007. Dazu ein Lied mit Sprunggarantie und der Boden vibriert. Training fürs Stadion. „P-O-W zum E zum R nach vorne bis zum Gehtnichtmehr.“

Money, Money, Money
// Abba //
Was gut war, kann nur noch besser werden. Und was lange währt, wird endlich gut. Für Gehälter, die eine Professionalisierung des Frauenfußballs auch über die Nationalmannschaft hinaus erlauben. Für Nachwuchsförderung und Eigenständigkeit. Für bessere Medienarbeit und Ernsthaftigkeit. Und mehr Humor.

Boys wanna be her
// Peaches //
DAS Vorbild-Lied. Zu singen für jede Spielerin, die man gut findet.

Gatekeeper // Feist // Torhüter und Torhüterinnen haben für die großen Turniere der deutschen FußballerInnen irgendeine besondere Bedeutung. Für Nadze. Für Nadzefans. Und für die besondere Gattung der TorhüterInnen.

Fuck you
// Lily Allen //
Für alle lesbischen Fußballerinnen, die sich noch nicht geoutet haben. Für die erste Fußballerin, die sich outen wird. Gegen Homophobie in allen Stadien.

Special Track: Girls, Girls, Girls // Sailor //
Mit Augenzwinkern...



Freitag, 18. Dezember 2009

Platzverweis: nach dem Spiegel ist vor dem Platzverweis

2010 wird das DFB-Pokal Finale der Frauen zum erstenmal losgelöst vom Männerfinale zwar nicht an unterschiedlichen Tagen, wenigstens jedoch an unterschiedlichen Orten stattfinden. Im neuen Spielort Köln werden dann das Stadion füllende Fans erwartet, die ausschließlich für die beiden Frauenfußball-Teams und Frauenfußball im Allgemeinen anreisen. Zuvor mussten die Finalistinnen in Berlin vor einsamen Rängen als Vorspeise des Männerfinales am Abend auflaufen. Auch wenn man sich sicherlich erstmal an die "Köln, Köln, wir fahren nach Köln" Rhythmik gewöhnen muss, ist die Ortsverlegung höchstwahrscheinlich eine große Verbesserung.

Wenn nicht eine Verschlechterung, so dann doch eine schlechte Wahl ist dagegen die offizielle Pokalhymne für das Frauenfinale. Anstatt profilbildend ein neues Lied komponieren zu lassen, wohl aus Angst vor zu geringem Wiedererkennungswert und damit Marketingschwierigkeiten, nimmt man einfach, was einem so über den Weg läuft. In diesem Fall kamen wohl grad die Höhner bei der Stadionbesichtung vorbei und erklärten sich gerne bereit ihr "Viva Colonia" als Hymne zur Verfügung zu stellen. Absolut unverständlich, zumal das Lied thematisch höchstens mit dem Austragungsort zu tun hat, ansonsten leider fast ausschließlich mit Karneval, exzessivem Alkoholkonsum und gröhlendem Pöbel konnotiert ist. "Wir lieben das Leben, die Liebe und die Lust, wir glauben an den lieben Gott und ham noch immer Durst" wie der Refrain des Liedes vermittelt, klingt im Zuge der familienfreundlichen Marketingstrategie des DFB wie ein Schuss ins Bein. Bloßer Hohn?

Dass die Entscheidung für diesen Partykracher als Pokalhymne die schlechteste musikalische Erfindung seit "Frauenfußball, schalalalala!" ist, vermindert nicht das Entsetzen über den Playback-Auftritt der Höhner zusammen mit der Moderatorin Shary Reeves, sowie den neuen Text, den die ehemals beim SC 07 Bad Neuenahr kickende Reeves eigens dafür verfasste. Hier die ersten Strophe:
Sieh auf Gottes grüner Wiese, da spielt ausgerechnet "diese",
eine Frau Augen auf taktisch kluger Spielaufbau.
Filigranes schnelles Dribbling technisch weiblich ligareif,
kurvenreiche Siegertypen zweikampfstark im Trikotkleid.
Heute tanzt sie mit dem Ball, morgen tanzt sie auf ´nem Ball,
nach dem Spiel ist vor dem Spiegel, Multitasking verleiht Flügel.
Mit dem zweiten schießt man besser, mittendrin statt nur dabei
der Gegner heute ist der "schwerste", Fußballkunst in Köln am Rhein.

Abgesehen von den schlechten Reimen und der Schleichwerbung für ZDF und DSF ist der Text inhaltlich eine Zumutung für... jeden, jede und jedes! Hier auf die Attribute der Geschlechterklischees zurückzugreifen, trotzdem auf "Gendering" zu verzichten und das alles auch noch unter den schützenden Händen des Schöpfers von Adam und Eva zu tun... Es wäre keine Überraschung gewesen hätte Steffi Jones bei der Gelegenheit das Nationalmannschafts-Tütü vorgestellt, Doris Fitschen den Nationalmannschafts-Spiegel und Theo Zwanziger den DFB-Familien-Schnaps... Am heutigen Abend entschließen wir uns ob dieser Plattheiten für das wortlose Kopfschütteln anstelle eines tiefschürfenderen Kommentars. Man muss sich aber wirklich fragen, ob diese Geschichte einer neuen Gleichberechtigungsstrategie des DFB zu danken ist: Dass nämlich nicht mehr nur der Männerfußball in Zukunft als Sportart für Menschen mit höchstens 2 Gehirnzellen angesehen wird. Wir jedenfalls beschließen soeben mit einem tiefen Schluck von Theos bestem Tröpfchen, dass wir erst pünktlich zum Anpfiff den Fernseher einschalten werden.

Mittwoch, 16. Dezember 2009

My b/log has something to tell you about... Zwei sind besser als Eins!

Endlich ist es soweit: morgen sind die vier Monate rum und die neue Ausgabe der 11 Freundinnen erscheint! Wieder ist das Magazin gespickt von Lesefreuden. Den Titel ziert Simone Laudehr, im Heft gibt es ein tolles Interview mit ihr. Zentral steht aber auch der Versuch die Kraft hinter der rasante Entwicklung des Frauenfußballs nach der WM 2011 nicht verpuffen zu lassen: so werden 11 Thesen von unterschiedlichen Protagonist/innen des Frauenfußballs formuliert, wie man die Entwicklung mit und Abseits der WM-Euphorie produktiv vorantreiben muss. Dazu gibt es spannendes aus dem In- und Ausland, z.B. Berichte über die Entwicklung des Frauenfußballs in Chile und Schweden, mal wieder tolles Layout und Fotos, z.B. das tolle Bild der doppelten Annike, und das Gefühl von einer reichhaltigen Frauenfußball-Kultur-Welt. Fantastisch, wenn auch nicht vorrangig, ist übrigens auch die kluge Anzeigenauswahl, durch die sich der Frauenfußball-Fan absolut als solcher wahr und ernst genommen fühlt. Die zweite Ausgabe beweist: das Konzept und das Format stimmen, am liebsten möchte man jetzt auch schon für die Eigenständigkeit am Kiosk plädieren. Und mehr möchte man generell auch, trotz der zusätzlichen 16 Seiten ist die Ausgabe doch immer viel zu schnell gelesen.
11 Freundinnen #2: ab dem 17.12.09 am Kiosk.

Sonntag, 6. Dezember 2009

My b/log has something to tell you about... Asiatischer Fußballverband von Hannelore Ratzeburg gekauft?

Wenn die Nationalmannschaft ruht, muss sich das Projekt Spielfeldschnitte nach anderen Themen umschauen. Ach wäre doch jedes Wochenende Länderspiel! Dann würde das ständige Disponieren dem DFB auch nicht soviel Sorge bereiten. Die Bundesliga könnte zum Beispiel einfach in der Sommerpause stattfinden. Doch da ja niemand mal uns nach unserer Meinung fragt, gibt es an dieser Stelle leider keinen ausführlichen Bericht über Silvia Neids neusten Tricks um Conny Pohlers nicht zu nominieren, sondern ein kürzerer Ausflug in die Welt der Fußball-Skandale.

Es gibt nämlich einen neuen, und dieser neue Skandal erschüttert die Frauenfußball-Welt stärker als jeder von außen kommende Chauvinismus im beckenbauerschen Schottenrock- denn er kommt von Innen! Auslöser ist ausgerechnet Deutschlands WM-Hoffnung und re-inkarnation von einer Mischung aus Rosa Luxemburg und Elly Beinhorn des Frauenfußball: Kim Kulig! Anstatt sich brav auf ihre Rolle als Weltretterin und Star der WM 2011 vorzubereiten lässt Kim Kulig die ewige Diskussion um ihren potentiellen Wechsel nach Frankfurt erneut aufflammen. Besser gesagt: irgendwer, der irgendwo, irgendwie Kim Kuligs Internetpräsenz betreut, hat sich wohl in der Programmierung vertan. Anstatt die geplante Bilderstrecke von Kuligs gemeinnützigem Aufbautraining zur Förderung unterrepräsentierter Sportgroßveranstaltungen anzuzeigen, hat der Webmaster versehentlich direkt auf den Webauftritt des 1. FFC Frankfurt verwiesen. Transfer über die Glasfaserleitung? War es ein Versehen oder Absicht? Vielleicht war der Webmaster seiner Zeit auch einfach schon voraus. Oder er so unterbezahlt, dass er gleich die Januar-News eingepflegen musste um dem Aktualitätszwang gerecht zu bleiben.

Warum es auch immer geschah, Frauenfußballdeutschland ist in Aufwallung. Gleichzeitig überschlagen sich die Ereignisse. Nach strenggeheimen Informationen wird zur Zeit überprüft, ob Hannelore Ratzeburg den Asiatischen Fußball Verband zur Nichtdurchführung der Wahl zu Sportlerin des Jahres in Asien bestach, um evtl. Lira Bajramaj noch Chancen auf den Titel zu sichern. Gespräche mit Hu Jintao über eine mögliche Einasiatierung des Kosovos laufen bereits, wie ein anonymer Fußball-Funktionär aus Süd-Schwaben durchsickern ließ. Dass die Spielerinnen des HSV nach ihrem Sieg über Bayern München am letzten Spieltag Werder Bremen und St. Pauli beschimpften, sich dabei sternenförmig im Mittelkreis wälzten und Voodoo-Gesänge anstimmten, deutet mit großer Wahrscheinlichkeit auf Bestechung und Manipulation hin. Die nächsten Wettskandale stehen in Aussicht.

Wir bieten bei der Gelegenheit jedem, der uns zu dem unter der Kuligschen Oberfläche brodelnden Wettskandal im Frauenfußball Informationen zukommen lässt, eine exklusive "Kim Kulig rettet die Welt"-Autogrammkarte, signiert vom kompletten SIDI Sportmanagement Vorstand. Das, meine Damen und Herren, ist endgültiger investigativer Journalismus!