Das Projekt Spielfeldschnitte

Pünktlich zur Fußball Europameisterschaft der Männer 2008 konnte man in Filialen einer großen deutschen Bäckereikette ein Kuchenstück erwerben, das sich als Alternative zu Bier in Plastikbechern verstand: ein Sahnetörtchen namens Spielfeldschnitte. Das Projekt Spielfeldschnitte nahm diese Beleidigung, diese Herausforderung und diesen Namen an. Seitdem verstehen wir uns als kreative und humorvolle Begleitung der deutschen Fußballnationalmannschaft und als längst fälligen Beitrag zu einer Frauenfußball-Kultur. Wir bieten nicht nur messerscharfe Analysen zu allen Länderspielen, wir sind die kulturwissenschaftliche Stimme in der Stille des Blätterwaldes, wir sind das Theater, das um den Frauenfußball aufzuführen ist, wir wollen die Welt verändern und schreiben darüber. „My (B)Log has something to tell you.“
(The Log Lady, Twin Peaks)

Sonntag, 30. August 2009

Coaching Zone: Deutschland - Island

Drei Biere und eine intensive Diskussion später setzt diese Coaching Zone an. Was war das? Deutschland gewann gegen Island mit 1:0. Unterm Strich war es eher ein Unentschieden: weder strauchelte die deutsche Elf, noch gab es eine furiose Leistung.

Eigentlich ist das Ergebnis sogar als Erfolg der Isländerinnen zu werten, die tapfer bis zur letzten Minute den Ansturm der amtierenden Welt- und Europameisterinnen aushielt und sich sogar ein paar Chancen erarbeitete. Der riesige Klassenunterschied (Deutschland ist 3. der Weltrangliste, Island 19.) war jedenfalls nicht zu spüren.

Doch trotz der unerwarteten Stärke der Isländerinnen (oder war es die Schwäche der Deutschen?) blieb die Elf von Silvia Neid durchgängig überlegen. Trotzdem lässt sich hierbei eher nicht von einer Teamleistung sprechen. Die B-Elf, von der Neid vehement die A-Klasse behauptet, glänzte wenn überhaupt, durch gute Einzelleistungen.

Kim Kulig fiel dabei nur als Getränkelieferantin auf. Sie blieb mit ihrer Doppel6 Partnerin Linda Bresonik draußen. Dafür spielten Simone Laudehr und Saskia Bartusiak, erstere ist die schnelle Genesung zu gönnen, letztere wurde sicher nicht ob ihrer guten Leistungen aus dem letzten Spiel aufgestellt. Dass Neid Spielerinnen körperlich und vor der gelben Farbe schonen wollte war klar und schürte nicht unbedingt die Hoffnungen auf ein Fußballfest. Und tatsächlich war die Einzige, bei der das Zusehen wirklich Spaß machte Martina Müller, die unglaublich viel arbeitete, zeitweise sogar die Aufgaben von der 4-fach gedeckten und vielfach unbeweglichen Birgit Prinz mit übernahm und die Bälle verteilte. Die meisten Schüsse aufs Tor kamen von ihr und Abschlusssuche ist ja gerade ein beliebter Auftrag im deutschen Team. Wirklich schade, dass sie den Ball nicht über die Linie bekam, sie hätte es verdient. Aber vielleicht spricht Martina Müllers Misserfolge auch für eine Gesamtform der Nationalmannschaft, in der eine gute bis sehr gute Leistung keine Früchte bringt.

An Effektivität ließ es Inka Grings dagegen nicht mangeln. Sie kam, traf und ging. Im Erziehlen des Siegtreffers verletzte sie sich leider am Oberschenkel. Für sie kam Mbabi, die nicht weiter auffiel. Ebenfalls eingewechselt wurde Kerstin Stegemann für die rechte Außenverteidigerin. Mehr lässt sich dazu auch nicht sagen. Außer vielleicht, dass die Rotation auf der rechten Außenseite in der Endrunde noch fatal werde könnte. Bianca Schmidt hätte heute Sicherheit gewinnen können, eine solide Viererkette braucht das.

Teil der B-Aufstellung war auch Lira Bajramaj, die entgegen der Meinung des ZDF-Kommentators weniger als Spielerin des Spiels glänzte, sondern eher durch ihre hektische Ballführung, Pässe ins Leere und weiterhin dadurch auffiel, dass sie ihre Position konsequent nicht hielt und magnetisch immer wieder in die Mitte abschweifte. Mal wieder ein Zeichen für die Unentbehrlichkeit einer cleveren Flankenläuferin wie Melanie Behringer.

Fazit: Es gibt hier eine simple Kausalkette. Uneingespieltheit führt zu höherer Konzentration einer Spielerin auf sich allein, führt zu dem Bemühen Nr. 1 den Ball zu kontrollieren, führt zu Gestochere. Silvia Neid erwischt ihre Experimentierfreudigkeit in letzter Zeit immer eher im schlechten Moment. Im lockeren Punktesammeln sind da Fehlgriffe noch drin. In der K.O. Runde kann einen so etwas eiskalt treffen.

P.S. Vorschlag für die Berichterstattung in der Bild: “Neids schönste B-Elf: Am Vorabend glätteten sich Bajramaj und Co. noch die Haare. Heute gab es Glatteisen für Island.”

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