Das Projekt Spielfeldschnitte
Pünktlich zur Fußball Europameisterschaft der Männer 2008 konnte man in Filialen einer großen deutschen Bäckereikette ein Kuchenstück erwerben, das sich als Alternative zu Bier in Plastikbechern verstand: ein Sahnetörtchen namens Spielfeldschnitte. Das Projekt Spielfeldschnitte nahm diese Beleidigung, diese Herausforderung und diesen Namen an. Seitdem verstehen wir uns als kreative und humorvolle Begleitung der deutschen Fußballnationalmannschaft und als längst fälligen Beitrag zu einer Frauenfußball-Kultur. Wir bieten nicht nur messerscharfe Analysen zu allen Länderspielen, wir sind die kulturwissenschaftliche Stimme in der Stille des Blätterwaldes, wir sind das Theater, das um den Frauenfußball aufzuführen ist, wir wollen die Welt verändern und schreiben darüber. „My (B)Log has something to tell you.“
(The Log Lady, Twin Peaks)
Sonntag, 26. Juli 2009
Coaching Zone: Deutschland - Niederlande
Das 6 - 0 Endergebnis steht dabei zwar nicht für die Gesamtqualität des Spiels, wohl aber für höchstqualitative Phasen im deutschen Spiel, auf deren Grundlage man sich keine Sorgen machen müsste, würde morgen das Finale um die Europameisterschaft anstehen. Dass insgesamt die ersten 30 Minuten die besten und effektivsten waren, liegt vor allem an einer neuen und einer alten Stärke der Nationalmannschaft.
Die alte Stärke kommt über die Außen: das Deutsche Angriffsspiel ist immer dann besonders effektiv, wenn Behringer und Garefrekes die Flügelwege dominieren und durch das Vorstoßen von der Grundlinie in die Mitte jede Abwehrkette aushebeln. Die ersten 30 Minuten des gestrigen Spiels kannte unzählige solcher Duelle, bei denen die Niederländischen Außenverteidigerinnen meist das Nachsehen hatten. Gerade Behringer zeigte eine allumfassende Leistung von fragilem Duell an der Strafraumgrenze bis linienartigen Distanzschuß aus der zweiten Reihe.
Die neue Stärke ergab sich aus einer überraschenden Entscheidung der Bundestrainerin. Es war abzusehen, dass Neid jede Hälfte mit einer anderen Aufstellung absolvieren würde und dass es bei dieser Gegenüberstellung eher nicht um die Torwartfrage ging (bei der Ursula Holl wirklich nicht schlecht abgeschnitten hätte). Anstatt, wie erwartet, sich zwischen Birgit Prinz und Inka Grings entscheiden zu müssen, probierte Neid es einfach mit beiden zugleich - eine Variante, die besser klappte, als man es erwartet hätte. Grings, teilweise leider zu ballverliebt, übernahm den offensiveren Part und brachte mit ihrer Beweglichkeit und geschickten Laufwegen die Innenverteidigung durcheinander. Prinz, als hängende Spitze, zeigte sich als geschickte Ballverteilerin mit selbstloser Übersicht, ganz entgegen der früheren Rolle als Torjägerin. Eine Front mit diesen beiden Offensivkünstlern, gestützt durch die entzerrende Flügelarbeit könnte in so leichtfüßigen ersten 30 Minuten auch mehr Tore erzielen, als es gestern der Fall war.
Warum das Spiel dann später an Tempo und Sicherheit verlor? Es mag an der ungefragten Vormachtstellung der deutschen Mannschaft liegen, die auch nach der Halbzeitpause eindrücklich demonstriert wurde. Die Beweglichkeit der Spielerinnen auf dem Feld nahm deutlich ab und auch wenn die Niederländerinnen auch dies nicht zu ihrem Vorteil nutzen konnten, offenbarte diese zweite Phase des Spiels doch einige Fragezeichen der deutschen Truppe. Bresonik wieder in der Viererkette, oder doch auf ihrer Spezialposition vor der Abwehr? Was ist die Alternative für die rechte Außenverteidigerposition? Kerstin Stegemann? Und werden Hingst (einige Stellungsfehler) und Krahn rechtzeitig zu ihrer Form zurückfinden? Einzig Babett Peter scheint wohl hinten links als sicher. Der Rest der Defensive wird sich in den nächsten zwei Tests noch finden müssen. Birgit Prinz hat es nach dem Spiel richtig formuliert: Noch ist es zu früh, Spekulationen über die EM anzustellen. Es scheint jedoch, als bräuchten die Spielerinnen keinen Angriffs-Lehrgang mehr, sondern sollten lieber noch ein paar Lektionen in “Abwehr und Stellungsspiel” absolvieren.
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