Das Projekt Spielfeldschnitte

Pünktlich zur Fußball Europameisterschaft der Männer 2008 konnte man in Filialen einer großen deutschen Bäckereikette ein Kuchenstück erwerben, das sich als Alternative zu Bier in Plastikbechern verstand: ein Sahnetörtchen namens Spielfeldschnitte. Das Projekt Spielfeldschnitte nahm diese Beleidigung, diese Herausforderung und diesen Namen an. Seitdem verstehen wir uns als kreative und humorvolle Begleitung der deutschen Fußballnationalmannschaft und als längst fälligen Beitrag zu einer Frauenfußball-Kultur. Wir bieten nicht nur messerscharfe Analysen zu allen Länderspielen, wir sind die kulturwissenschaftliche Stimme in der Stille des Blätterwaldes, wir sind das Theater, das um den Frauenfußball aufzuführen ist, wir wollen die Welt verändern und schreiben darüber. „My (B)Log has something to tell you.“
(The Log Lady, Twin Peaks)

Freitag, 24. April 2009

Platzverweis: Der Slogan zur WM 2011

Wie groß wurde die Bekanntgabe des Slogans für die WM 2011 angekündigt! Beim Topspiel Deutschland gegen Brasilien im fast ausverkauften Stadion sollte es so weit sein! Wie groß war wohl die Aufregung von Steffi Jones, Doris Fitschen oder erst Theo Zwanziger?

(Hier eine bewusste Leerstelle, als kläglicher Versuch den Schock beim Anblick des Slogans schriftlich zu fassen)

“20Elf von seiner schönsten Seite!”
Dieser Text auf dem Banner, den die Nationalmannschaft vor dem Spiel dem Publikum präsentierte, reihte sich nahtlos ein in die Chronologie der WM 2011 Fehlschläge. So gibt es statt der geplanten 6 Nationalen Förderer erst 2, die sich für die WM 2011 einsetzen wollen. Doch können Jones und Co. nichts dafür, wenn die Wirtschaft lieber woanders sponsored, beim WM Slogan aber kommt das OK-Team leider nicht um ihre inhaltliche Verantwortung herum.

Mal abgesehen von dem sperrigen Satzbau ist die Zusammensetzung “20Elf” eine gar unglückliche Konstruktion, wenn sich auch der kreative Kopf ob der Genialität der Verbindung von Zahl und Wort kräftig selbst auf die Schulter klopfen mag. Man denke zunächst unschuldig an 20 Mal elf Spielerinnen, also 20 Teams, so viele spielen aber gar nicht mit; dann denkt man evtl. (bei mir jedenfalls nicht auf den ersten Blick) an das Jahr 2011. Doch nun wird die direkte Assoziationskette langsam ungut befleckt: die Nähe zum Ton eines kommerziellen Slogan (wie etwa zu 7Eleven, auf Englisch: „The beautiful side of 20eleven“), oder auch (gewiss unfreiwillig) zum Frauenfußballpapi Theo 20er (Zwanzigers Elf? Zwanzigers 2011?). Eine holprige und ungünstige Eröffnung für einen Slogan.

Doch was danach kommt ist, auch ob der Untergründigkeit, ein viel Schmerzhafter Tritt gegens Schienbein. In unserer Satzanalyse wollen wir zunächst dem kleineren Übel Aufmerksamkeit zollen: “20Elf” ist zunächst im Hinblick auf den bestimmten Artikel weiblich oder sächlich konnotiert: DIE Elf, DAS Jahr 2011. Das folgende Personalpronomen SEINER geht natürlich korrekt mit dem sächlichen Fall zusammen, bleibt jedoch auch eng mit dem männlichen verbunden. “Melanie Behringer zeigt sich von seiner schönsten Seite”, das wollen wir nicht. (Oder doch? Vielleicht ist hier auch auf einmal ein Möglichkeitsraum in dem Queer Theory sich neu formieren kann, Subversion stattfindet, Gender Kategorien befragt werden! Wobei wir dieses Ziel dem OK nicht unterstellen würden.)

Dieser, unserer Meinung nach kleiner Fauxpas wird durch das folgende in den Schatten gestellt: “schönsten Seite”. Klar wird jetzt überall der Slogan zu “Die Deutsche Nationalmannschaft zeigt sich von Ihrer schönsten Seite” etc. verwurstelt. Und zack- wird alles wofür vorher vermeintlich gekämpft wurde (z.B. das Eindämmen der Klischees von der weiblichen Schönheit und der männlichen Kraft, die Männer spielen Fußball, die Frauen tanzen Ballett, die Frauen sind langsamer, sehen aber besser aus ...) durch einen einzigen Satz aus der Chefetage zunichte gemacht. Radikal gesagt: durch den Slogan wird die Eingrenzung und Herunterbrechung des weiblichen Sports auf Äußerlichkeiten naturalisiert. Dass Theo Zwanziger dazu auch noch die Emotionalität und den Charme des Frauenfußballs in den Vordergrund stellt lässt keine andere Lesart mehr offen. Die emotionale und charmante Frau, der wissende und starke Mann.
Es wäre eigentlich konsequent (wenn auch nicht wünschenswert, obwohl, schlimmer gehts eigentlich nicht) IHRER doch noch einzusetzen: “20Elf von Ihrer schönsten Seite”.

Und weil das alles so zum Weinen schön ist, hier auch noch ein paar Vorschläge von uns: “Theo`s Angels”, “Elf Super Weiber”, “Terminatorinnen 2011”.
Oder um einfach etwas schlichte Power in den Slogan zu bringen: “The Hulk”.
Dazu bieten wir Spätzle mit Sauerkraut und folgenden alternativen Logovorschlag:

4 Kommentare:

  1. Gratulation zum neuen Blog und den kritischen Artikeln mit ironischem Unterton- es macht riesigen Spaß, eure Sachen zu lesen. Mehr davon bitte- und nur weiter so !

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  2. Ja, da kann ich mich djane nur anschließen. Weiter so!

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  3. Sehr schicker Artikel. Einigen weit vorraus! Prima. Wissend weiter.

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  4. Sehr gelungener Artikel!
    Macht Spaß zu lesen,Danke!

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