Das Projekt Spielfeldschnitte

Pünktlich zur Fußball Europameisterschaft der Männer 2008 konnte man in Filialen einer großen deutschen Bäckereikette ein Kuchenstück erwerben, das sich als Alternative zu Bier in Plastikbechern verstand: ein Sahnetörtchen namens Spielfeldschnitte. Das Projekt Spielfeldschnitte nahm diese Beleidigung, diese Herausforderung und diesen Namen an. Seitdem verstehen wir uns als kreative und humorvolle Begleitung der deutschen Fußballnationalmannschaft und als längst fälligen Beitrag zu einer Frauenfußball-Kultur. Wir bieten nicht nur messerscharfe Analysen zu allen Länderspielen, wir sind die kulturwissenschaftliche Stimme in der Stille des Blätterwaldes, wir sind das Theater, das um den Frauenfußball aufzuführen ist, wir wollen die Welt verändern und schreiben darüber. „My (B)Log has something to tell you.“
(The Log Lady, Twin Peaks)

Mittwoch, 10. Juli 2013

Platzverweis: Weichspüler im ZDF

   
Liebes ZDF,
irgendwas läuft bei euch verkehrt. Ich weiß, ihr müsst die Frauenfußball-Spiele übertragen, denn das ist ein Rechte-Paket mit dem Männerteam oder so und vor dem Nationalteam könnt ihr euch nicht so drücken wie vor der Bundesliga. Aber müsst ihr dafür eure unbezahlten Praktikanten überbezahlten Chefredakteure wirklich so schamlos ausbeuten überfordern?

Dann kann ja nur sowas rauskommen, wie der Spot zur Europameisterschaft 2013: Fußballspielerin in blütenweißem Outfit, dreckiger Ball, Waschmaschine, das Runde muss ins Runde und dann Beine überschlagen und auf die Wäsche warten. Dass man einer Fußballspielerin überhaupt zumutet, dass sie die Waschmaschine trifft ist schon ein starkes Stück für die Herrengedecke vom ZDF. Aber ganz ehrlich, wie soll die arme Frau denn dieses unhandliche Stück Leder am Ende aufhängen oder bügeln, geschweige denn falten? Dann muss sie auch noch bei diesem Waschgang dabei sitzen und kann das Abendessen gar nicht vorbereiten. Was soll sie ihrem Mann denn sagen, wenn der von der Arbeit wieder nach Hause kommt? Und noch schlimmer wirds, wenn er erfährt, dass es dieses Jahr kein Kaffeeservice für den Titel gibt, sondern 25.000 Euro, dabei ist das alte Service doch schon so abgenutzt, Erna, was sollen die Nachbarn denken?
Und natürlich fragen wir uns 2013 immer noch dieselben Fragen wie 1970, ist doch klar: "Nun fragt man sich natürlich, also ich frag mich und ich nehme an, sie sich auch: was sind denn das für Mädchen, die das betreiben und aus welchen Gründen tun sie das? Häh?". Dabei Schweinsnackenschulterzucken zu Pomadenhaar und speckiger Haut, 40 Jahre dazwischen hin oder her. Denn damals wusste man doch schon, was heute auf den Bildschirmen flackert: "Die Frauen waschen doch ihre Trikots selber. Wenn die Männer in den Schlamm fallen würden, das wär schlimm, denn dann müssen die Frauen zuhause waschen."

Fußball ist halt höchsten eine kurze Auszeit von den eigentlichen Verpflichtungen. "Frei von allen kleinlichen Sorgen um den Haushalt, Mann und Kinder spielt der Libero dahinten und die Torfrau." Klingt nach 1970, gilt aber anscheinend auch noch für 2013.

Keine Ahnung also von waschen, bügeln und kochen - dieser Praktikant die ganze Abteilung gehört mindestens gefeuert oder nochmal an die Uni oder beides. Das ZDF-Team am besten gleich mit.

6 Kommentare:

  1. Die Fabrikation dieses schwachsinnigen Spots auf die allseits unbeliebten "Praktikanten" zu schieben, halte ich für unangebracht und an dieser Stelle für schlichtweg falsch und - ja - verharmlosend. Aus eigener Erfahrung kann ich nur sagen, dass derartiger Stuss meist von sehr etablierten Journalisten stammt, gegen die man als kritisch denkende(r) PratikantIn leider kaum was ausrichten kann.

    (Und dass die PraktikantInnen beim ZDF oft tatsächlich unbezahlt arbeiten, steht - nebenbei - auf einem ganz anderen Blatt.)

    Abgesehen davon bin ich natürlich vollkommen einverstanden mit der Kritik.

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  2. Danke für diese herrliche Kritik! Ohne Humor könnte ich den Würgreiz, den mir das ZDF verursacht, nicht ertragen.

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  3. Hey Mara,
    danke für die Ergänzung, die ich sofort eingearbeitet habe!

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  4. Zur letzten WM sollte die Mannschaft von Äquatorialguinea die Weiblichkeit ihrer Spielerinnen nachweisen. Die Damen waren einfach zu gut. Das ZDF beugt solchen Ärgernissen vor: Die deutschen Fußballfrauen waschen ihren Ball selber, das heißt, sie sind über jeden pomadenhaarigen Weiblichkeits-Zweifel erhaben, denn ihr Trieb führt sie nach wie vor zur Waschmaschine. ERGO: Wir müssen sie nicht zum kostspieligen papabezahlten Hormontest schicken, NOCH NICHT MAL wenn sie es wagen, gut Fußball zu spielen. Nett gemeint, aber wirklich nicht nötig.

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  5. Gut geschriebener Artikel!

    Ich bin ebenfalls sehr empört über diesen Spot. Habe mich bereits beim ZDF beschwert (Mädchenmannschaft verweist auf einen direkten Link dorthin)

    Mara, dein Einwand mit der Praktikant_in ist nachvollziehbar. Die Hierarchien in Unternehmen sind ein großes Problem, das bekommen unter anderen vor allem Praktikant_innen zu spüren.
    An Rosa aber dennoch Rückmeldung, dass ich das mit der Praktikant_in eher als "so etwas hat doch bitte keine kompetente, erfahrene Redakteur_in produziert" interpretiert habe. Vor allem wenn ich mir den provokanten Schreibstil des gesamten Artikels anschaue. Eben noch einmal als versteckte Abwertung der Kompetenz.

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