Das Projekt Spielfeldschnitte

Pünktlich zur Fußball Europameisterschaft der Männer 2008 konnte man in Filialen einer großen deutschen Bäckereikette ein Kuchenstück erwerben, das sich als Alternative zu Bier in Plastikbechern verstand: ein Sahnetörtchen namens Spielfeldschnitte. Das Projekt Spielfeldschnitte nahm diese Beleidigung, diese Herausforderung und diesen Namen an. Seitdem verstehen wir uns als kreative und humorvolle Begleitung der deutschen Fußballnationalmannschaft und als längst fälligen Beitrag zu einer Frauenfußball-Kultur. Wir bieten nicht nur messerscharfe Analysen zu allen Länderspielen, wir sind die kulturwissenschaftliche Stimme in der Stille des Blätterwaldes, wir sind das Theater, das um den Frauenfußball aufzuführen ist, wir wollen die Welt verändern und schreiben darüber. „My (B)Log has something to tell you.“
(The Log Lady, Twin Peaks)

Donnerstag, 11. Juli 2013

Coaching Zone: EM Niederlande - Deutschland



Ab heute eine Neuigkeit auf der Spielfeldschnitte: reagierend auf alle Kritiker*innen, die sowohl unseren Fokus auf das Nationalteam im deutschen Frauenfußball, als auch vor allem den Fokus auf Deutschland anprangern, kehren wir ab sofort die Reihenfolge unserer Coaching Zonen-Überschrift um. Wir möchten euch wirklich zustimmen, ihr nationalideologischen Infragesteller*innen, zugleich aber beschäftigen wir uns nun mal mit Inszenierung medialer Repräsentanz des Frauenfußballs und sind so befangen in genau jener Ordnung, die wir kritisieren.

Immerhin haben wir uns die Freiheit erhalten, nur zu schreiben, wenn wir wirklich mögen :-)

Vor Spielbeginn jedenfalls haben wir uns zwei Am-liebsten-Hinschau-Spielerinnen ausgesucht (Maier/DaMbabi und Keßler/Lotzen) ausgesucht, sind nun schon fast in der 30 Minute und fühlen uns seit etwa fünf Minuten im Brechstangenmodus (Mmmargggurkks%&“!ß??!§ -> wie bei Asterix und den Galliern). Keßler und Goeßling gefallen uns darin gut, doch was – ihr, die ihr uns kennt, wisst, dass das nun kommt -, waaaaas ist denn da los in der deutschen Verteidigung? Natürlich, es war ja zu erwarten und entsprechend haben wir auch das Schnittini vorbereitet, Annike Krahn würde den Vorzug vor Wensing bekommen, denn Silvia Neid schätzt Turniererfahrung und da kennen wir von der letzten erfolgreichen WM (2007) alle Krahn doch noch aus der Begleitdoku (Die besten Frauen der Welt) als diejenige, die vor zehn Uhr morgens kein Gefühl hat. Das mag zwar gegen Lampenfieber helfen, doch leider passt ihr Spieleröffnungsstil wirklich nicht mehr zu dem quirligen Kurzpassspiel, dass die deutschen Damen im vorderen Bereich heutzutage so spielen. Ich habe gezählt: dreimal weiter Eröffnungsball von Krahn ins Nirvana schon in der ersten Minute.
Die Taktik der Niederländerinnen, enges Stehen hinten in der Kette und rabiates Spiel nach vorne, geht bisher gut auf. Die letzte Lücke vorne wurde bisher nicht gefunden und bei Standardsituationen sind die Deutschen wirklich schlecht – trotz einstudierter Varianten. Das Spiel der deutschen Damen scheint deswegen nicht zu funktionieren, weil das Angriffsspiel auf Vorstöße von Maier und Cramer angewiesen ist; da aber in der Verteidigung Unsicherheiten zu herrschen scheinen, bleiben die beiden zu weit hinten. In der Anfangsphase lief es eigentlich noch recht gut, aber nach circa 10 Minuten hat sich die scheinbar geplante Superoffensive und das schnelle Umschaltspiel zu Gunsten der eigenen Ordnung nach hinten verflüchtigt. Maroszan und da Mbabi sehen sich so immer wieder allein auf weiter Strafraumgrenze mit der oranjen Viererkette konfrontiert.

Warum nun ist Nadine Keßler in der Halbzeit durch Simone Laudehr ersetzt worden? Nichts gegen Simon, aber wenn das deutsche Spiel in den letzten Begegnungen beeindruckend war, dann nicht mehr als Offensivverband einer stehenden Abwehr, sondern als Gesamtverband, der in „högschter Disziplin“ hin und her verschiebt. Und da liegt das Problem gerade nicht bei der Doppelsechs.

Ist das 0 : 0 in der 50. Minute nun peinlich oder interessant?

„Je länger dieses Spiel dauert, desto schwieriger wird es für den Favoriten.“ Zu dieser Erkenntnis kommt sieben Minuten später auch Norbert Galeske.

Langsam entsteht der Eindruck, dass zum Druck der Niederländerinnen auch der selbstgemachte Druck des Favoritinnentums dazukommt – während die Niederländerinnen sich zunehmend mit Selbstbewusstsein aufladen, werden die deutschen Frauen zunehmend fahriger. Laudehr brachte zwar in der ersten Minute nach der Einwechslung zwei Torschüsse, danach verschwand sie in den Reihen eines Teams, das nicht mehr gestaltet, sondern hinterher rennt. Nadine Angerer ist super heute. Aber das reicht nicht. Das Team steht sehr tief.

In der 70. Minute kommt Leupolz für Lena Lotzen.

Am Ende nach 90 Minuten scheint es, als wäre vor allem die Taktik der Niederländerinnen aufgegangen: wenig Räume lassen, körperlich gegenhalten und so das deutsche Spiel aus den Angeln heben. Es stellt sich die Frage, ob das deutsche Team sein eigenes Rezept noch finden wird.

Ganz im O-Ton Angerer: Wir können jetzt nicht den Sand....
Bzw. O-Ton Spielfeldschnitte: Willkommen im Turnier.

1 Kommentar:

  1. Top Coaching, meine Damen. Ansonsten ist es natürlich tatsächlich so, wie Natze sagt: "Jetzt wissen auch die Kleinen...hm...die jungen Spielerinnen, dass das Turnier angefangen hat." (Lena Lotzen, übrigens, wusste das heimlich schon gestern. Sie hatte nur einfach ihre Brechstange nicht dabei, und Bartusiak und Krahn haben uns doch wirklich alle ein bisschen wuschig gemacht.)

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