Zur Zeit drängt sich überall im Stadtbild die neue Werbekampagne der Sportschau auf: In einer Höhle sitzt die klischeeisierte Version eines Steinzeit-Manns auf dem Sessel vor einem Fernseher und auf halbem Weg steht eine Blondine im Fußball-BH. Dazu der Titel: "Männer waren schon immer so. Jedenfalls Samstags." Frappierend, dass ein solches Ausmaß an Sexismus (nicht nur in Richtung der Frauen, sondern genauso in Richtung der Männer) in den öffentlichen Raum getragen wird. Noch dazu von einer öffentlich-rechtlichen Sendeanstalt, die monatlich von den Bürger_innen Geld für einen "Bildungsauftrag" erhält. Eine erschreckende Interpretation dieses Bildungsauftrags - Frauen als halb-nackt, blondiert und ihre "Reize" anbiedernd, Männer als geifernde Couchpotatoes mit nichts als Titten und Fußball im Kopf. Ich dachte wir leben im 21. Jahrhundert?
Dazu möchten wir gerne die treffende Worte des Briefs von Vanessa Tuttlies an die Vorsitzende der ARD Monika Piel zitieren, veröffentlicht auf dem Blog Mädchenmannschaft:
Sehr geehrte Frau Intendantin Piel,
voller Entsetzen habe ich die aktuelle Werbung der Sportschau „Männer waren schon immer so“ für die kommende Bundesliga wahrgenommen. Danach stellt sich die Frage, weshalb mit „großem Trara“ der Frauenfußball vor allem während der Frauen-WM in Deutschland promotet und Mädchen als Spielerinnen beworben werden, wenn dann in einem Werbespot für die ARD-Sportschau Frauen (wieder einmal) in einer verobjektivierenden Art dargestellt werden, die man schlicht und einfach nur als sexistisch bezeichnen kann. Die öffentlich-rechtlichen Sender haben einen Bildungsauftrag, der oft genug an anderer Stelle ausfällt. Das ist eine Form der Ausladung an Mädchen und Frauen aus dem Fußball, die ihren „Zweck“ nicht verfehlen dürfte. Da hilft es auch nicht, dass das Männerbild ebenfalls von vorgestern ist – auch eine Form von Sexismus.
Noch einmal: Die öffentlich-rechtlichen Sender haben einen Grundversorgungs- und Bildungsauftrag, der Dank Quotendiktat bestenfalls noch in der Nacht realisiert wird. Was solche Frauen- und Männerbilder zur „demokratischen Ordnung ebenso wie für das kulturelle Leben“ beizutragen haben, wird das Geheimnis der MacherInnen der Werbung für die Bundesliga bleiben.
Es bleibt zu hoffen, dass es der ARD in Zukunft gelingen wird, Männer und Frauen im Fußball angemessen darzustellen. Es kann eigentlich nicht so schwer sein, mehr als nur sexistische Sehgewohnheiten zu bedienen. Und: Es handelt sich nicht um eine witzige Anekdote, dass viele Frauen gerne und begeistert Bundesligaspiele anschauen. Es ist die Realität, und die ARD sollte langsam aus der Steinzeit in die Gegenwart ankommen.
Mit freundlichen Grüßen,
Vanessa Tuttlies
Ich möchte dazu gerne noch etwas nachtragen, was uns der Regisseur Rene Pollesch zur Frage einer politschen Darstellung, ja überhaupt der Frage, warum Darstellung etwas mit Politik oder Ethik zu tun hat, zu bedenken gibt:
AntwortenLöschen"Was bedeutet es denn, wenn da geschrieben steht: »Eine Frau betritt die Bühne?« Heißt das, irgendeine Frau betritt die Bühne? Wer schreibt da? Und welche Sprache wird da benutzt? Oder bezieht sich der Verfasser auf eine Normalitätssprache, die für jeden automatisch einleuchtend macht, die Frau ist heterosexuell.
Was wäre, wenn sie lesbisch wäre oder schwarz?
Dann müsste man das dazuschreiben. Aber wenn sie weiß, heterosexuell, dann muss man nur schreiben "eine Frau".Das ist die Ideologie des Mittelstands, und dieser Mittelstand hat auch im Theater das Sagen. Das sind alles Leute, die am Theater Jobs haben. Das sind keine Arbeitslosen.
Und diese Mittelständler versuchen, die Probleme in der Gesellschaft auf die Bühne zu bringen, um Arbeitslosigkeit zum Beispiel als Problem zu markieren. Man hält sich für so neutral, das man allen alles bieten kann." (aus einem Interview mit Raddatz unter dem Titel "Penis und Vagina, Penis und Vagina, Penis und Vagina".)
Grüße!