Das Projekt Spielfeldschnitte

Pünktlich zur Fußball Europameisterschaft der Männer 2008 konnte man in Filialen einer großen deutschen Bäckereikette ein Kuchenstück erwerben, das sich als Alternative zu Bier in Plastikbechern verstand: ein Sahnetörtchen namens Spielfeldschnitte. Das Projekt Spielfeldschnitte nahm diese Beleidigung, diese Herausforderung und diesen Namen an. Seitdem verstehen wir uns als kreative und humorvolle Begleitung der deutschen Fußballnationalmannschaft und als längst fälligen Beitrag zu einer Frauenfußball-Kultur. Wir bieten nicht nur messerscharfe Analysen zu allen Länderspielen, wir sind die kulturwissenschaftliche Stimme in der Stille des Blätterwaldes, wir sind das Theater, das um den Frauenfußball aufzuführen ist, wir wollen die Welt verändern und schreiben darüber. „My (B)Log has something to tell you.“
(The Log Lady, Twin Peaks)

Mittwoch, 26. Oktober 2011

Coaching Zone: Deutschland - Schweden

    
Claus Lufen, Nia Künzer, Bernd Schmelzer. "Ein Richtungsspiel." Kostbare fünf Minuten des Vorberichts. Bei den Fernsehanstalten hat sich jedenfalls nichts geändert.

Was hat sich im deutschen Team geändert? Die WM Depression wirkt anscheinend schwer, auch gegen die Schwedinnen kamen die Deutschen nicht richtig ins Spiel. Erstaunlicherweise hat sich das Hauptproblem mittlerweile von hinten nach vorne verlagert: Der letzte Pass ist immer wieder zu unpräzise.

Fehlt dem Team nach der WM das Selbstbewusstsein? Fehlt ihnen der Mut für kreative Spielzüge? Fehlt ihnen vielleicht sogar eine Spielmacherin, eine Prinz oder Lingor? Natürlich muss sich eine Mannschaft nach einem solchen Turnier wie in diesem Sommer erst wieder fangen. Nur muss sie auch aufpassen, dass sie sich im Findungsprozess nicht selbst verliert. Silvia Neid probiert vielleicht einen Neuanfang, aber hat sie den Spielerinnen eher den Mut genommen? Will sie nach der WM kein Risiko eingehen? In der ersten Hälfte hatte es jedenfalls den Anschein, als würde Neid auf Systemfußball setzen, auf die Lehrbuchregeln des (modernen?) Fußballs. Aber eigentlich müsste sie versuchen dem Team jetzt ein neues Profil zu geben, die Stärken herauszuarbeiten über die sich das Spiel der Deutschen definieren kann. Bislang ist davon noch nichts zu sehen. Es fehlen die Schlüsselspielerinnen und Inka Grings konnte sich heute nicht dafür anbieten. Auch Linda Bresonik braucht anscheinend mehr Zeit um ihre offensive Aufstellung zu verarbeiten. Was für Führungsspielerinnen braucht das deutsche Team? Könnte jemand wie Melanie Behringer diese Aufgabe erfüllen? Nicht quatschen, sondern einfach machen?

Die Kehrtwende brachte der Wechsel von Popp für Grings in der Halbzeit. Ohne zu überschwänglich zu wirken (was bei dem deutschen Spiel derzeit auch nicht allzu angebracht wäre) strahlt  Popp tatsächlich all das aus, was derzeit fehlt: Spritzigkeit, Kreativität, Mut. Und prompt wurde sie dafür belohnt, indem sie zur richtigen Zeit am richtigen Ort war. In der 59. Minute köpft sie einen Abpraller ins Netz. Aussagekräftiger ist aber die Szene kurz danach: Behringer schlägt eine virtuose Flanke auf die perfekt stehende Popp, die den Ball perfekt mit dem Kopf aufs Tor bringt. Naja, fast perfekt, der Ball geht knapp über die Latte. Aber dennoch, solche Spielzüge erinnern einen ab und zu daran, was hier eigentlich möglich sein sollte. Auch Svenja Huth schlug nach ihrer Einwechslung genau in diese Kerbe- endlich macht es wieder Spaß zuzuschauen.

Als Bratwürste gehen die Spielerinnen der deutschen Nationalmannschaft nicht vom Feld, aber als absolute Kings auch nicht. Das sollte Silvia Neid zu denken geben, der irgendwas (der Mut? die Integrität? die Glaubwürdigkeit? Birgit Prinz?) mit dem Ausscheiden bei der WM flöten gegangen ist. Das Motto scheint zu sein: Kein Risiko eingehen um nicht auf dem Grill zu landen.

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