Das Projekt Spielfeldschnitte
Pünktlich zur Fußball Europameisterschaft der Männer 2008 konnte man in Filialen einer großen deutschen Bäckereikette ein Kuchenstück erwerben, das sich als Alternative zu Bier in Plastikbechern verstand: ein Sahnetörtchen namens Spielfeldschnitte. Das Projekt Spielfeldschnitte nahm diese Beleidigung, diese Herausforderung und diesen Namen an. Seitdem verstehen wir uns als kreative und humorvolle Begleitung der deutschen Fußballnationalmannschaft und als längst fälligen Beitrag zu einer Frauenfußball-Kultur. Wir bieten nicht nur messerscharfe Analysen zu allen Länderspielen, wir sind die kulturwissenschaftliche Stimme in der Stille des Blätterwaldes, wir sind das Theater, das um den Frauenfußball aufzuführen ist, wir wollen die Welt verändern und schreiben darüber. „My (B)Log has something to tell you.“
(The Log Lady, Twin Peaks)
Montag, 21. März 2011
My B/log has something to tell you about: Inklusive Haarband
Um das neue Trikot des Frauennationalteam wurde schon frühzeitig ein großes Thema gemacht, als es hieß, dass "Trikot von Frauen für Frauen" werde mit einem eigenen und ganz speziellen Konzept entwickelt. Die große Konzepterei um das Jersey erwies sich nun als weniger effektvoll als vorher angekündigt. Designerin Annette Kres machte große Worte um Heim- und Auswärtshemd, die Nadine Angerer mit ihrer lässigen Erklärung zum Torwarttrikot ganz einfach in die Tasche steckte: "Ich mag im Tor schwarz tragen, es ist meine Lieblingsfarbe, deshalb ist das Torwarttrikot schwarz geworden. Und Gold an den Seiten, weil mich das an die Goldmedaille erinnert." So einfach kann Trikotdesign sein. Dagegen redet Kres permanent von "feminin" und "dynamik" und geht wohl davon aus, dass alle sich darunter etwas ganz genaues vorstellen können. Zum Beispiel dass es nun auch ein passendes Haarband im Trikotsatz gibt? Als nächstes werden den Spielerinnen wohl auch passende Frisur und Schminktipps mit in die Kabine gegeben. Das Ganze bewegt sich jedenfalls auf einem schmalen Grat zwischen sportlicher Praktikabilität und klischeeisierter Oberflächengestaltung. Mag ja stimmen, dass Kim Kulig mit tailliertem Trikot besser Fußball spielen kann, aber sehen das die anderen Spielerinnen des Kaders genauso? Finden es alle gut, dass man das Trikot fast nicht mehr in die Hose stecken kann und bauchfreie Szenen somit vorprogrammiert, wenn nicht sogar explizit herbeigeschneidert wurden?
Wir finden die Trikots (mit Ausnahme vom Torwarttrikot) übrigens entgegen der hochtrabenden Ankündigungen recht langweilig geraten. Früher im Ferienlager gab es im Workshop "T-Shirts bedrucken" meist zwei Fraktionen. Die erste nahm ihr weißes Shirt und malte grob mit schwarzem Stift das Trikot der Nationalmannschaft nach. Die zweite nahm ihr weißes Shirt und tauchte es in die Batik Farbeimer. So ähnlich sieht das Ergebnis der beiden Feldtrikots auch aus, die neue (Kinder)Schrift für Nummer und Spielerinnenname setzen dem noch einen drauf. Irritiert hat uns übrigens auch das Design der Hose. Was ist das bloß da am Bund? Ein um die Hüfte gebundener Kompressionsverband? Ein Judogürtel? Nein, es ist der Bund selbst. Aus den USA kommt der Trend, dass man sich (aus welchen Gründen auch immer) den Bund der Sporthose umkrempelt und so die Innenseite sichtbar werden lässt. Die Mühe des Umkrempelns soll den Spielerinnen wohl jetzt erspart bleiben. Dafür lässt sich die Hose jetzt auch mit einer aus dem Boxsport vergleichen.
Aufzeichnung von der Präsentation der Trikots in Frankfurt.
Montag, 14. März 2011
My B/log has something to tell you about: Nach der Liga ist vor der Frühlingsdepression
Als man gerade erst aus dem Winterschlaf erwachte und sich auf dem Weg zum Sportplatz machte ist die Frauenfußball-Bundesliga am 13. März zuende gegangen. Turbine Potsdam darf sich über einen tollen Saisonabschluss freuen. Aber die Stimmung trügt. Seit Gestern erst sprießen die ersten Krokusse und Schneeglöckchen in die erstmals wärmende Sonne. Pünktlich zum Saisonende kommt der Frühling und damit die schönste Zeit sich Sonntags auf den Sportplätzen des Frauenfußballs rumzutreiben. Dieser verdammte Frühling scheint uns die frustrierenden Umstände der DFBschen Terminierung für das WM Jahr mit seiner warmen Luft nochmal ins Gesicht zu pfeffern. Nachdem der harte Winter die Pilgerfahrt zu den Stadien zu einer wahren Liebesbekundung an die Vereine machte, wurde uns nun die Frühlingslümmelei am Fußballplatz abgeschnitten. Wir haben es ja kommen sehen, aber dass es so wehtun würde, hätten wir nicht gedacht. Was sollen uns jetzt all die kommenden wunderschönen Sonntage, an denen man mit getönten Gläsern und fast im T-Shirt die Flanken in die Sonne hätte schweben sehen? Sorry DFB, die WM berauscht uns noch nicht genug, als das wir jetzt nicht einen Frühling auf Entzug erleben müssten. Da helfen auch keine neuen Fashion und Schmink-Tipps von deiner Medienpartnerin Brigitte. Schade um all diese schönen Sonntage, jetzt müssen wir wohl ins Museum oder Fahrradfahren, oder auf die Bolzplätze zu den anderen Mädels die dasselbe durchleiden wie wir, denn, lieber DFB, auf den Bolzplätzen gelten noch die wahren Fußballregeln: gespielt wird wenn die Sonne scheint und zwar bis es so dunkel wird, dass man den Ball wirklich (also wirklich) nicht mehr sehen kann.
Sonntag, 6. März 2011
Die Ecke des Monats: Mit Herz
Danke an Katharina für das Bild.
Donnerstag, 3. März 2011
denk.anstoß: Gender Kicks 2011
Abseits von Brigitte und Barbie, also abseits von Konsum und Kommerz, wird es zur Frauenfußball-WM nicht nur von unserer Seite künstlerisch-kulturwissenschaftliches Rahmenprogramm geben. Mit einem größeren Projekt ist auch die Heinrich-Böll-Stiftung dabei und läd im Sommer 2011 unter dem Titel "Gender Kicks 2011" unter anderem in die "Böll-Arena". Es wird etwa einen Talk mit dem "Fußball-Professor" Andrej Markovitz geben und die Ausstellung "Verlacht - Verboten - Gefeiert" gezeigt.
Zuvor wird schon zu fußballerischer und geschlechterpolitischer Begegnung zwischen Deutschland und einem anderen Land auf der Tour "Gegnerinnen-Aufklärung" eingeladen. Am 5. Mai soll es in Berlin losgehen mit "Nigeria vs. Deutschland", es werden Gäste mit unterschiedlichen Backgrounds erwartet, von sozialen Projekten bis zur Kunst und Kultur. Dazu gibt es Filme, Gesprächsrunden und Aufführungen. Ebenfalls vorher gibt es zwei interessante Textbeiträge, zum einen Ende April das Pocket-Heft "Kick it like Bajramaj!" als Beilage im Missy Magazin und in einigen regionalen Magazinen, und zum anderen ein Dossier mit Reportagen und Interviews zum Frauenfußball zum Download auf boell.de, in dem auch ein Beitrag vom Projekt Spielfeldschnitte zu lesen sein wird. Alle drei Projekte der Böll-Stiftung bestechen durch ihren offenen Blick, der über die Sparten hinweg geschweift wird. Ein vielschichtiges Kaleidoskop aus SportlerInnen, VerbandsfunktionärInnen, KulturwissenschaftlerInnen, PolitikerInnen und vielen anderen.
Tour "Gegnerinnen-Aufklärung" Termine und Orte: