Das Projekt Spielfeldschnitte
Pünktlich zur Fußball Europameisterschaft der Männer 2008 konnte man in Filialen einer großen deutschen Bäckereikette ein Kuchenstück erwerben, das sich als Alternative zu Bier in Plastikbechern verstand: ein Sahnetörtchen namens Spielfeldschnitte. Das Projekt Spielfeldschnitte nahm diese Beleidigung, diese Herausforderung und diesen Namen an. Seitdem verstehen wir uns als kreative und humorvolle Begleitung der deutschen Fußballnationalmannschaft und als längst fälligen Beitrag zu einer Frauenfußball-Kultur. Wir bieten nicht nur messerscharfe Analysen zu allen Länderspielen, wir sind die kulturwissenschaftliche Stimme in der Stille des Blätterwaldes, wir sind das Theater, das um den Frauenfußball aufzuführen ist, wir wollen die Welt verändern und schreiben darüber. „My (B)Log has something to tell you.“
(The Log Lady, Twin Peaks)
Dienstag, 19. Oktober 2010
denk.anstoß: Die U-20 Frauen sind Juniorsportler des Jahres 2010
Das Team der U20-Frauen hat den Preis "Juniorsportler des Jahres 2010" gewonnen. Dazu erst einmal Herzlichen Glückwunsch!
Dennoch möchte wir hier kurz aufmerken, Einhalt gebieten und einen geistigen Knoten verursachen: eine Gruppe von jungen Frauen werden als "Juniorsportler" bezeichnet?
Das wirkt doch angesichts der überall hervorragenden Binnen-Is geradzu anachronistisch. Wäre nicht die "JuniorsportlerIn des Jahres" als Überschrift für die Nominiertenliste an dieser Stelle schon so selbstverständlich gewesen, dass sich alle queeren Denker(Innen?!? Denker_innen, Denkerinnen und Denker ---- ahahaha) darüber hätten aufregen und Juniorsportler_innen oder Juniorsportlerinnen und -sportler oder sonstwas vorschlagen können?
An sprachlichen Möglichkeiten jedenfalls mangelt es nicht...
Oder hätte man / Mann es sich nicht leichter machen können und einfach die "Juniorsportlerinnen des Jahres" ankündigen können?
Die intersexuelle wie queere Bewegung ist auf dem Vormarsch und hat Recht, wenn sie das Binnen-I einem dualistisches Sexualsystem zuordnet, das nur Mann und Frau kennt. Dennoch ist das Binnen-I in akademischen, juristischen wie staatlichen Bereichen eine wichtige Erungenschaft, deren Erfolg man fast damit besiegelt, dass man sie erneut zu kritisieren beginnt.
Im Fußball jedoch ist offensichtlich noch nicht einmal dieser Punkt erreicht.
Ein Schiedsrichter ist ein Schiedsrichter, ein Spieler ist ein Spieler, 11 Spieler sind eine Mannschaft und Nadine Angerer und Uschi Holl sind noch immer Tormänner. Na gut, Bernd Schmelzer, ein Orden sei dir, weil du inzwischen "die Torfrau" über die Lippen bringst...
Bevor wir aber das Binnen-I kritisieren, dass im Fußball noch nicht einmal eingeführt worden ist (wobei, let's be honest, beim Frauenfußball brauch es nicht einmal das große I...), erzählen wir doch eine kleine Anekdote:
Es war einmal vor dem Binnen-I. Da wurden Männen Krankenschwestern und wollten nicht Krankenschwestern heißen. Und statt dem großen I kam über sie einer neuer Name: Der Krankenpfleger ward geboren. Seit diesem Tage heißen übrigens auch die Krankenschwestern Krankenpflegerinnen. Zumindest offiziell...
Was wollen wir damit sagen? Mit einer Umbenennung der Kategorie zu "JuniorsportlerInnen des Jahres" hätte sich sicherlich niemand bei der Sporthilfe einen Fingernagel abgebrochen.
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