Das Projekt Spielfeldschnitte

Pünktlich zur Fußball Europameisterschaft der Männer 2008 konnte man in Filialen einer großen deutschen Bäckereikette ein Kuchenstück erwerben, das sich als Alternative zu Bier in Plastikbechern verstand: ein Sahnetörtchen namens Spielfeldschnitte. Das Projekt Spielfeldschnitte nahm diese Beleidigung, diese Herausforderung und diesen Namen an. Seitdem verstehen wir uns als kreative und humorvolle Begleitung der deutschen Fußballnationalmannschaft und als längst fälligen Beitrag zu einer Frauenfußball-Kultur. Wir bieten nicht nur messerscharfe Analysen zu allen Länderspielen, wir sind die kulturwissenschaftliche Stimme in der Stille des Blätterwaldes, wir sind das Theater, das um den Frauenfußball aufzuführen ist, wir wollen die Welt verändern und schreiben darüber. „My (B)Log has something to tell you.“
(The Log Lady, Twin Peaks)

Mittwoch, 6. Mai 2009

denk.anstoß: Vorbild Steffi Jones

Die Vorbereitungen zur WM 2011 führen zu einer (langsam) wachsenden Zahl von Medienbeiträgen zum Frauenfußball. Dazu gehört auch der Fernsehbeitrag über das Leben von Steffi Jones, der einen sehr intimen Einblick in das Leben der OK-Präsidentin gewährt. Anders als eher medienscheue "Stars" wie Birgit Prinz, oder distanzierter an die Öffentlichkeit tretende wie Nia Künzer, lässt sich Steffi Jones darauf ein, sehr persönliche Bereiche ihres Lebens sichtbar zu machen.

Gerade das ist im Frauenfußball noch Neuland: Neben geifernd in der Öffentlichkeit breitgetretenen Skandalgeschichten interessieren Fußballerinnen die Massenmedien nicht wirklich. Auch wenn beispielsweise Brigit Prinz immer wieder betont, dass eine solche Medienaufmerksamkeit nicht unbedingt jedermanns oder –fraus Sache ist (und auch wenn wir immer wieder über die Eindimensionalität der Medien schimpfen), ist diese Plattform nicht nur negativ zu bewerten: Vorbilder entstehen (vor allem in unserer medialen Welt) eben tatsächlich durch Bilder: Fernsehbilder, Photographien in Printmedien und Internet. Auf dem Weg zur WM 2011 stellen wir, stellt das OK fest: Es fehlen die massenwirksamen Vorbilder, mit denen die Zuschauer des Frauenfußballs sich identifizieren können. Von dieser Erkenntnis zeugen die (wie wir finden) noch ziemlich hilflosen Bildstreckenversuche (Samba in Frankfurt, Stern-Fotoshooting) Sie stützen den Frauenfußball durch Prominente und knüpfen an Photoshoots à la Germanys next Topmodel an. Steffi Jones nun entwickelt sich gerade zu einer Galionsfigur der Frauenfußball-Öffentlichkeit, die diese Fallen geschickt und ungezwungen umspielt.

Die Dokumentation über ihr Leben erweist sich als charmant, familiär und teilweise auch intim. Intim, was etwa Jones’ Verhältnis zu ihren Brüdern angeht; charmant, wenn sie sich z.B. über ihren OK-Laptop freut; familiär (und humorvoll), wenn ihre Mutter ihren Regenschirm-Einsatz bei Fouls an der Tochter beschreibt und nachspielt. Und dennoch: es gibt klare Grenzen. Niemals hat man das Gefühl eines voyeuristischen Zugriffs auf Steffi Jones Leben. So hält sie beispielsweise ihr Liebesleben bedeckt, ohne dass sie dies begründen müsste.

Unabhängig von Jones’ Lebenslauf ist der Film aber auch Zeugnis eines Wandlungsprozesses in den Repräsentanzstrukturen des Frauenfußballs. Vermutlich ungewollt stehen für diese These Franz Beckenbauer und Theo Zwanziger Pate: Beckenbauer reicht kaiserlich den Schlüssel für das OK von oben mit den Worten „sie wird das schaffen, sie ist ja auch sehr hübsch” herab und erlaubt sich folgendes machistisches Bild. Theo Zwanziger hingegen, so altväterlich er ist, erkennt das Potential von Steffi Jones als Vorbild für den Frauenfußball gerade in der kantigen Biographie, die sie mitbringt, schätzt sie jedoch neben dieser für ihre Kommunikationsfähigkeit, ihre Offenheit, ihren Humor und ihre Kraft. Alles Eigenschaften, die Steffi Jones nicht verdinglicht und die jedes eindimensionale Bild von ihr subvertieren. Und dafür schätzen wir sie.

(Mein Leben - Steffi Jones lief am 02. Mai 2009 um 17:25 auf arte, Wiederholung am 09. Mai 2009 um 06:44)

1 Kommentar:

  1. so feinfühling, sparsam im positiven Sinne und sensibel das Portait in der Arte-Doku über Jones war, so unnötig entpuppte sich dagegen der gestrige Auftritt von ihr in der JBK Show- zwischen lauter Kaffeeklatsch-Tanten saß sie ziemlich verloren in der Runde, zumal sich das Thema vor allem um Liebe/Beziehungen und Kinder drehte, man fragte sich also zurecht, was sie da verloren hatte. Zudem die Rede so gut wie garnicht auf die WM 2011 kam. Liebe Steffi, bitte mehr sympathische (Werbe)Auftritte mit Vorbild-Charakter und weniger Präsenz bei den Dummschwätzern im ÖR

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