Das Projekt Spielfeldschnitte

Pünktlich zur Fußball Europameisterschaft der Männer 2008 konnte man in Filialen einer großen deutschen Bäckereikette ein Kuchenstück erwerben, das sich als Alternative zu Bier in Plastikbechern verstand: ein Sahnetörtchen namens Spielfeldschnitte. Das Projekt Spielfeldschnitte nahm diese Beleidigung, diese Herausforderung und diesen Namen an. Seitdem verstehen wir uns als kreative und humorvolle Begleitung der deutschen Fußballnationalmannschaft und als längst fälligen Beitrag zu einer Frauenfußball-Kultur. Wir bieten nicht nur messerscharfe Analysen zu allen Länderspielen, wir sind die kulturwissenschaftliche Stimme in der Stille des Blätterwaldes, wir sind das Theater, das um den Frauenfußball aufzuführen ist, wir wollen die Welt verändern und schreiben darüber. „My (B)Log has something to tell you.“
(The Log Lady, Twin Peaks)

Sonntag, 5. April 2009

My B/log has something to tell you about... 11 für 2011. Die WM. Oder die EM. Oder wenigstens das nächste Spiel

Was mich schon immer fasziniert hat: Da gibt es doch inzwischen die verrückteste Technik – im ZDF Studio zoomen die Moderatoren im 3D Modus durch die gegnerische Abwehr und postieren sogar Mario Gomez so, dass er den Ball trifft. Aber wenn es um das Wesentliche geht, dann setzen sich alle hin, es reicht ein Blatt Papier und ein Stift und man schreibt 11 Namen auf und das war’s. Wir haben uns entschieden, einen Blog nicht nur über den Frauenfußball im Allgemeinen, sondern vor allem über die deutsche Nationalmannschaft im Speziellen zu gestalten. Und gestern, auf einer längeren Zugfahrt, habe ich mich gefragt, wer denn eigentlich unsere Spielfeldschnitten sind und sein werden. Ich nahm ein Blatt, einen Stift, schrieb 11 Namen und das war’s...

Im Tor: Nadze, wer sonst! Kaum eine Frage scheint sich auf lange Sicht so leicht beantworten zu lassen. Tatsächlich weiß ich nicht mal, ob es eine nennenswerte Alternative zu Angerer überhaupt gibt, so fest hat sich das Bild in meinem Kopf festgebrannt, wie sie den Elfmeter von Marta 2007 im Finale um die Weltmeisterschaft gehalten hat. Dieses Bild ist so stark, das trägt sie noch ein paar Jahre!

Die deutsche Abwehr: Auch die ›eigentliche‹ Innenverteidigung ist legendär, handelt es sich doch um die persönlichen Maskottchen von Theo Zwanziger, Ariane Hingst und Annike Krahn. Leider sind beide gerade verletzt, was dazu geführt hat, dass die Bundestrainerin sich beim Algarve Cup das Motto ›Jugend forscht‹ aufs Trikot geschrieben hatte – oder schreiben lies. Zumindest in der Innenverteidigung scheint mir auch mit Perspektive auf die EM für die jungen Nachwuchsspielerinnen hier kein Durchkommen zu sein. Und ich muss gestehen: Traurig wäre ich da auch nicht!
Auf der rechten Seite jedoch war ich beim Algarve Cup allerdings ziemlich enttäuscht, dass Silvia Neid auf Sonja Fuss beharrte, die schon seit längerem im zweiten Rang der Nationalspielerinnen steht, und sich nicht für die junge, dafür sofort überzeugende Bianca Schmidt entschieden hat. Während Fuss (bemüht zwar, aber dennoch ohne Unterlass) einen Ball nach dem anderen in die Hände der gegnetischen Torfrau drosch, haben mich die mutigen, schnellen Vorstöße von Schmidt (ausgebildete Stürmerin) überzeugt und ich setze sie in meiner imaginären Aufstellung ein. Auf der linken Seite hat mich beim Algarve Cup Babett Peter überzeugt und obgleich es viele Katharina Baunach Fans zu geben scheint, bin ich überzeugt, dass Peter die Frau für die linke Seite ist.

Mittendrin, statt nur dabei: Seit Renate Lingor im Ruhestand (alias OK für die WM) ist hat sich einiges getan. Linda Bresonik, die den oben schon erwähnten Elfer gegen Brasilien seinerzeit (wir haben hier zwar einen Blog für Frauenfußball, ich fange aber nicht an, jetzt ihrerzeit zu sagen!) verschuldete, ist nach Frau Neid geradezu geboren für die Position der Spielmacherin. Ich gestehe, ich klinge hier kritisch, finde sie aber eigentlich ganz toll, die Brese, obgleich sie sich beim Algrave Cup noch nicht mit Ruhm bekleckert hat. Macht aber nichts: es gibt Spielerinnen, die eine sehr souveräne und beeindruckende Art haben, mit ihren Schwächen umzugehen und ich bin sicher, dass Linda Bresonik ein Gesicht auf dem Weg zur WM wird, weil sie (leider als eine der wenigen) die Fähigkeit hat, durch ihre Pässe Räume auf dem Spielfeld zu öffnen. Als ihre Partnerin in der Doppel6 (zu diesem Begriff muss ich bald mal was schreiben) durfte sich beim Algarve Cup Kim Kulig beweisen und nichts weiter hat sie getan. Auch wenn Simone Laudehr nach Verletzung zurück kehren wird, glaube ich auf Dauer an das Duett Bresonik/Kulig.

Außenbahn: Hier muss man eigentlich nicht spekulieren. Behringer und Garefrekes haben sich hier inzwischen fest installiert. Vor allem die 2007 noch scheu wirkende Melanie Behringer ist inzwischen eine Strategin, die die wunderbare Fähigkeit hat, durch ihre Präsenz wieder Schwung in ein Spiel zu bringen. Garefrekes könnte möglicherweise für die WM schon zu alt sein (Baujahr 79), aber bisher hat sich noch keine Alternative aufgedrängt.

Sturm: Hier ist am meisten und reichhaltigsten zu spekulieren, weil natürlich die Frontfrau des deutschen Fußballs Birgit Prinz nicht jünger wird. Zwar will sie sich die WM sicherlich nicht entgehen lassen, aber (so hart das klingt) die internationalen Frauenmannschaften werden immer besser und es braucht schon den Wahnsinn einer Inka Grings, die trotz Fieber 90 Minuten an der Algarve nicht aufhörte zu rennen, um da noch mitzuhalten. Letztere ist dann auch rechtzeitig zur ersten größeren Verletzung von Prinz aus einem ominösen moralischen Abseits zurückgekehrt, hat nach 90 Sekunden auf dem Platz ihr erstes Tor gemacht und war zurück. Martina Voss sagt über sie doppeldeutig: Sie ist ein TYP. Ich sage: Sie ist eine phantastische Stürmerin, sie ist eine Antreiberin und das ist, was das manchmal etwas dröge Spiel der Frauen durchaus nötig hat. Daher setze ich auf Grings und Prinz, mit den Jokern Müller und Bajramaj, die in dieser Position immer wieder überzeugt haben, aber bei Spielen von Beginn nicht überzeugen konnten.

Das war's.

2 Kommentare:

  1. Auch wenn Kim Kulig beim Algarve-Cup (mit Ausnahme des letzten Spiels) durchaus einen guten Eindruck hinterlassen hat, so ist, denke ich, sehr davon auszugehen, dass an der wieder genesenen Simone Laudehr absolut kein Weg vorbei führt. Auch wenn ihr Einsatz im UEFA-Cup Rückspiel gegen Lyon sicherlich etwas verfrüht kam, konnte sie dennoch einmal mehr ihren Stellenwert unterstreichen. Zudem verfügt sie über mehr Erfahrung als Kulig, der es - verständlicherweise - noch an Konstanz mangelt, und ist ihr auch im Hinblick auf das Alter nur ein paar Schritte voraus.
    Im Sturm bin ich persönlich ja mal sehr gespannt auf die Entwicklung von Frankfurts Svenja Huth, die in jedem Fall über ein gehöriges Potential verfügt und unter Umständen bei der WM eine gute Rolle spielen könnte.
    Davon mal abgesehen stimme ich aber mit obiger Aufstellung überein und bin gespannt, was sich bis 2011 noch tun wird.

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  2. Liebe/r LeWürf!
    Vielen Dank für deine (unsere ersten!) Kommentare! Ich gestehe, dass ich beim Schreiben meines Blogs von Erinnerungen an ein Spiel bei der WM geprägt war, wo ich Simone Laudehr ständig zu Boden gehen sah. Aber sicherlich hast du recht - hier kündigt sich zwar ein harter Konkurrenzkampf an, den Kulig momentan sicherlich noch nicht für sich entscheiden wird.
    Für den Hinweis auf Svenja Huth vielen Dank - ich werde sie mal genauer in den Blick nehmen. Da die arme Inka Grings ja nun schon wieder verletzt ist, scheint im Sturm keine wirkliche Konstanz aufzukommen und vielleicht eröffnet das ja Lücken für junge Talente. Wir werden sehen!

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